Köthen Köthen: Frühere FDJ-Kreisleitung wird zur Bundeszentrale
KÖTHEN/MZ. - Gelegentlich macht Tom Aslan immer noch einen überraschten Eindruck, wenn er durch das Haus in der Köthener Friedrich-Ebert-Straße geht. Aslan ist Generalsekretär von Global Change Now. So steht es auf seiner Visitenkarte und dazu das Anliegen von Global Change Now: "Für eine menschlichere Wirtschaft".
Global Change Now ist eine Nichtregierungsorganisation mit Denkfabrik. So steht es auf der Internetseite von GCN. Dort steht auch, wo die Bundeszentrale sitzt - in Berlin nämlich. Dort freilich wird sie nicht mehr lange sein: Global Change Now hat das Haus Friedrich-Ebert-Str. 17 in Köthen erworben. Wenn es bewohnbar ist, wird die Bundeszentrale von Berlin nach Köthen umziehen. Das dürfte die Köthener mehr überraschen als Aslan davon überrascht ist, wie gut das Haus nach den Jahren des Leerstandes noch in Schuss ist und welch beeindruckend schöne Details es aufweist.
Manuel Schürmann ist einer der GCN-Leute, die bei der zweiten "Besichtigungsfeier" in Köthen dabei sind. Mit Feiern im herkömmlichen Sinne hatte der Vor-Ort-Termin für die in der Regel noch jugendlichen GCN-Mitglieder nicht viel zu tun. Vielmehr wurde schon Mobiliar geschleppt, wurden schon die ersten Räume wohnlicher gestaltet. Der Zugewinn an Platz ist tatsächlich bemerkenswert: Hatte die Truppe in Kreuzberg 128 Quadratmeter zur Verfügung, sind es hier um die 1000, Dachboden und Keller inklusive.
"Kaufen statt mieten"
"Wir mussten mehr Raum für weniger Geld haben", erläutert Manuel Schürmann die Hintergründe des Standortwechsels. Man habe die Funktion der Bundeszentrale hinterfragt und festgestellt, dass man im Grunde nur eine gute Internetverbindung "und einen Supermarkt um die Ecke" benötigt. Unter der Zielrichtung "Kaufen statt mieten", die der ehemalige Banker Schürmann ausgegeben hatte, wurde in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt gesucht. Und Köthen wurde gefunden. "Dabei hat der Preis des Hauses eine Rolle gespielt, aber auch die kulturelle Vielfalt Köthens", sagt Schürmann. "Das ist hier kein kleines Loch." Er persönlich sie bei einer ersten Runde durch die Stadt äußerst überrascht gewesen, "positiv".
Acht Leute vor Ort
Acht Leute von GCN sollen einmal in Köthen sitzen, und zwar möglichst bald - Ende April sollen die Räume fertig sein. Dann will man das Haus auch nach und nach für Seminare und Schulungen nutzen. Immerhin hat Global Change Now eine Mission: die Umsetzung von Lösungsansätzen gegen soziale Ungerechtigkeiten, wirtschaftliche Krisen, ökologischen Raubbau. Die Lösungsansätze, da ist GCN sicher, existieren, sie werden - in der schon erwähnten, mit Experten bemannten Denkfabrik - weiter ausgearbeitet und vermittelt. In Köthen sollen Multiplikatoren dafür fit gemacht werden, die Lösungsansätze in der Öffentlichkeit rüberzubringen, ob es sich um das bedingungslose Grundeinkommen für alle handelt oder die ressourcenorientierte Besteuerung. Man habe derzeit rund 400 Mitglieder, so Generalsekretär Aslan, Potential hat man sicherlich für mehr: Derzeit hat man eine Petition "Jetzt abschalten" auf den Weg gebracht, die "keine Laufzeitverlängerung für diese Regierung" postuliert - die sei bis Sonnabend voriger Woche im Internet von 600, 700 Leuten unterzeichnet worden. Woran es mangelt, sind Fördermitglieder und Spender - auch GCN benötigt Mittel, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und bei 3 Euro Mindestbeitrag pro Monat muss man andere Quellen sprudeln lassen.
Eine Bar im Keller
Dafür kann man bei den im Haus notwendigen Arbeiten auf eigene handwerkliche Kräfte aus der Mitgliedschaft zurückgreifen. "Das wird dann zwar langsamer gehen, aber so kommen wir auch weiter", sagt Tom Aslan. Auf alle Fälle wolle man das Haus so erhalten, wie es dem Denkmalschutz gebührt. Und ein paar inwendige Verbesserungen hinzufügen: Im Keller soll eine Lounge mit Bar entstehen, "wir wollen uns auch nach außen öffnen und in Köthen gute Nachbarn sein", verspricht Tom Aslan.