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Köthen Köthen: Die Elbe ist für Wölfe kein Hindernis

Von MATTHIAS BARTL 16.05.2011, 18:12
Zwei junge Wölfe
Zwei junge Wölfe dpa

KÖTHEN/MZ. - Realität im ABI-Norden

Manchmal freilich darf man auch froh sein, dass es die Elbe quasi als Grenzfluss gibt. Zum Beispiel dann, wenn die Rede auf den Wolf kommt und auf das Territorium, dass er besiedelt oder besiedeln könnte - eine Betrachtung, die längst nicht mehr theoretischen Charakter trägt: Immerhin ist der Wolf seit gut drei Jahren auch im Landkreis Anhalt-Bitterfeld Realität, zumindest ist der Norden des Kreises zu einem Gebiet geworden, in dem Isegrim auf Beutezug geht, wie man erst vor wenigen Wochen anhand der 24 gerissenen Schafe in Gollbogen bei Zerbst eindrucksvoll bewiesen bekommen hat.

An der Elbe aber ist Schluss mit der Wolfsherrlichkeit. Das jedenfalls ist die Schlussfolgerung, die man aus der "Gebietskulisse für die Förderung der Prävention von Wolfsschäden" ziehen kann, die vom Landesamt für Umweltschutz erstellt wurde und die jüngst im Umweltausschuss des Kreistages kurz vorgestellt wurde. Der Altkreis Köthen gehört nach dieser Karte nicht zu den Bereichen, in denen das Land mit Schäden durch Wölfe rechnet. Auch der Altkreis Bitterfeld ist zum größten Teil davon ausgenommen, aber nicht ganz: Der östliche Teil um Burgkemnitz, Gossa, Plodda und Schwemsal ist - so die logische Folgerung - Wolfserwartungsland. Wann, kann allerdings niemand sagen, ja nicht einmal, ob diese Gebietskulisse nicht doch nur eine behördlich-willkürliche Einhegung ist, bei der Ausnahmen die Regel bestätigen. Potential für die solcherart beschriebene Ausbreitung ist freilich vorhanden, wie Klaus Puffer von der Bundesforst-Hauptstelle Möser in seinem Vortrag durchblicken ließ. Denn die Wölfe auf dem Altengrabower Truppenübungsplatz - sozusagen die sachsen-anhaltischen Urwölfe - haben seit 2008 zwei Würfe hervorgebracht. Der 9. Juli 2009 war demnach ein historischer Tag für Sachsen-Anhalt: Da wurde seit über 100 Jahren der erste Welpe in der Region dokumentiert - mit Hilfe einer Fotofalle. Inzwischen ist die Historie schon um ein Mehrfaches überholt worden. Am 30. September 2010 wurden gleich acht Welpen samt Fähe an einem Wasserloch auf dem Truppenübungsplatz fotografiert.

Und da kommt die Frage auf, wie es mit der Wolfspopulation weitergeht. Nach zwei Jahren im Rudel, so erläutert Puffer, wo die Jungen von den Eltern lernen, Beute zu machen, ist das Ende der Familienzeit gekommen. "Nach zwei Jahren brauchen die Jungen ein eigenes Revier." Wo immer das auch ist. So gut man die Population auf dem Truppenübungsplatz bis dato auch schon erforscht hat: "Wohin die Welpen von 2009 abgewandert sind, wissen wir nicht", stellt Klaus Puffer fest. Niedersachsen? Hessen? Bayern? Es gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, wie weit es junge Wölfe treibt: Mancher läuft 1000 Kilometer, ein anderer nur 30. Faktisch ist jede Himmelsrichtung möglich - allerdings sollte ein Wolfsrevier schon zwischen 25 000 und 30 000 Hektar groß sein. Außerdem dürfe die Sterberate nicht vergessen werden, so der Experte. Manche Tiere verenden im Straßenverkehr und manche fallen "schwarz" der Jagd zum Opfer.

Besorgte Landwirte und Jäger

Dass die Rückkehr des Wolfes nicht nur Freude auslöst, ist nicht überraschend. Vor allem Landwirte und Jäger sehen den grauen Räuber lieber gehen als kommen oder sind zumindest mit sich uneins, wie sie diesen faunistischen Zuwachs bewerten sollen. "Ich weiß nicht recht, wie ich dazu stehen soll", gibt Kees de Vries, Bauer aus Deetz im Fläming und Chef des Umweltausschusses unumwunden zu und fragt: "Wie viel Wolf verträgt die Region?" Die Antwort ist offen. Auch deswegen, weil die eingangs erwähnte "Gebietskulisse" mit der Elbe als "Wolfsgrenze" sicherlich nicht so in Stein gehauen ist, wie man noch vor Wochen meinen mochte. Inzwischen aber hat man per Telemetrie ermittelt, dass der Fluss doch kein so großes Hindernis ist: Wölfin Zora ist auf ihrem Weg in Richtung Magdeburg einfach durchgeschwommen.