Köthen Köthen: Chinesischer Student fühlt sich nicht mehr sicher
köthen/MZ. - Sichtlich verunsichert lehnt der junge Mann - nennen wir ihn Wang - mit dem Rücken an einer Wand seiner Wohnung. Seinen wahren Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Und das aus gutem Grund: Er hat Angst.
Als der 28-Jährige seinen Müll am Sonntagabend gegen 21.45 Uhr zu den Containern hinter dem Studentenwohnheim am Hubertus bringen wollte, näherte sich ein Mann. "Ich habe mir nichts dabei gedacht", sagt der chinesische Student. Der Mann habe jedoch angefangen, ihn zu beleidigen und zu schlagen. "Ich bin langsam zurückgegangen." Einem Konflikt habe er aus dem Weg gehen wollen. Was er zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Der 30-Jährige war nicht allein gekommen.
Zwei weitere Männer hätten ihn plötzlich festgehalten. Der 30-Jährige sowie ein 28-Jähriger prügelten auf ihn ein. "Und einer hat fotografiert." Die Täter habe er nur schemenhaft wahrgenommen. Im Handgemenge sei seine Brille auf den Boden gefallen. Und ohne die könne er nicht richtig gucken, wie er sagt.
"Ich hatte keine Chance." Fünf gegen einen - aussichtslos. Selbst für einen kräftigen jungen Mann. Wang ist sich sogar sicher, dass noch mehr Männer an der Tat beteiligt waren. "Ich denke sieben." In der Pressemitteilung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost und der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau ist von fünf Tatverdächtigen die Rede. Wie viele Männer es genau waren, weiß der Student nicht.
Nach dem Übergriff wurden die Identitäten von fünf mutmaßlichen Tätern im Polizeirevier Anhalt-Bitterfeld festgestellt. Die Männer im Alter von 15 bis 42 Jahren kommen aus Köthen und konnten das Revier wieder verlassen. Laut Staatsanwaltschaft bestand weder Flucht- noch Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr. Ausgegangen wird von einem fremdenfeindlichen Hintergrund. Der Staatsschutz ermittelt.
Wang weiß nicht, dass die Angreifer wieder auf freiem Fuß sind. Er fühlt sich auch ohne dieses Wissen unsicher in Köthen. Selbst zwei Tage nach dem Übergriff ist ihm die Angst deutlich anzumerken. Der 28-Jährige ist skeptisch. Nur langsam öffnet er sich und erzählt, was ihm passiert ist.
"Ich habe um Hilfe gerufen." Gehört habe ihn zunächst niemand. Für Wang kein Wunder. Der Müllplatz ist schließlich etliche Meter vom Wohnheim entfernt. Irgendwie ist es dem 28-Jährigen gelungen, sich loszureißen und zum Wohnheim zu laufen. Ein Student war mittlerweile auf den Übergriff aufmerksam geworden und hatte ihm die Tür geöffnet. Dort angekommen war der 28-Jährige aber noch längst nicht in Sicherheit.
Mit einem Fahrrad schlugen die Männer gegen die Tür. Dabei entstand ein Schaden von rund 1000 Euro. Was dann passiert ist, weiß Wang nicht. Er jedenfalls hat die Polizei gerufen. Im Umfeld des Wohnheims konnten die Beamten die mutmaßlichen Täter schließlich stellen. Sie waren betrunken.
Der Student wurde im Krankenhaus ambulant behandelt. Er klagte über Schmerzen am Kopf und am Oberkörper. Eine Aussage bei der Polizei hat er auch gemacht. Und er ist sich sicher: Es muss Zeugen geben. Wang glaubt, zwei Personen gesehen zu haben und vermutet, dass sie sich nicht trauen, zur Polizei zu gehen.
In Köthen fühlt sich der chinesische Student jedenfalls nicht mehr sicher. Wenn er sein Maschinenbau-Studium beendet hat, will er zurück in seine Heimat. "Hier ist es zu gefährlich", sagt er.