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Gärtnereien im Wartestand Kleingärtner in Köthen und Umgebung sind kaum noch zu halten - Wozu Experten jetzt raten

Es ist mild. Die Sonne scheint viele Stunden am Tag. Trotzdem sollten sich Kleingärtner mit ihren Aktivitäten noch ein wenig zurückhalten. Behutsames Agieren empfehlen Experten.

Von Sylke Hermann Aktualisiert: 01.03.2024, 11:41
Erdbeeren und vieles mehr: Noch hat die Gärtnerei von Jörg Handt in Wulfen geschlossen. Zu tun gibt es trotzdem jede Menge,.
Erdbeeren und vieles mehr: Noch hat die Gärtnerei von Jörg Handt in Wulfen geschlossen. Zu tun gibt es trotzdem jede Menge,. Foto: Sylke Hermann

Köthen/Wulfen/MZ. - Jörg Handt kennt das Phänomen. Natürlich. Er lacht. „Weil ich das meinen Kunden jedes Jahr erzähle.“ Und jedes Mal hören sie nicht auf ihn, sondern lassen sich von der Sonne und milden Temperaturen am Tage verführen. Sie scharren sprichwörtlich mit den Hufen. Sie wollen raus. In den Garten. Etwas tun.

Seit 1988 führt Jörg Handt die Gärtnerei in Wulfen. In dritter Generation. Er versteht durchaus, dass Hobbygärtner bei dem Wetter ungeduldig sind. Aber er weiß es besser. Vermutlich zieht er deshalb resolut und unverblümt die Handbremse: „Ja, das Wetter ist schon sehr verlockend. Aber die Leute sollten trotzdem noch ein bisschen Geduld haben.“ Was freilich nicht pauschalisiert werden könne, betont er. Denn die eine oder andere Pflanze kommt mit empfindlich kühlen Temperaturen in der Nacht und den frühen Morgenstunden durchaus gut zurecht. Andere hingegen nicht.

„Formschnitt geht immer“

Stefan Gradzielski, Inhaber vom Mediterraneum in Köthen, sieht es ganz ähnlich. Man müsse differenzieren, sagt aber auch: „Wenn man jetzt erst anfängt, ist es für manche Arbeiten im Garten schon zu spät.“ Wenn man zum Beispiel Hecken hätte stark zurückschneiden wollen. Allerdings: „Ein Formschnitt geht immer“, sofern sich die Gartenliebhaber vergewissern würden, dass sich in der Hecke keine Nester befinden.

Stefan Gradzielski in einem seiner Gewächshäuser
Stefan Gradzielski in einem seiner Gewächshäuser
Foto: Sylke Hermann

„Höchste Eisenbahn“ sei es für den richtigen Dünger, wenn die Kübelpflanzen in den kommenden Monaten vortrefflich gedeihen sollen. Ein organischer Dünger, zum Beispiel Hornspäne, brauche schließlich vier bis sechs Wochen, bis er die Faserwurzel erreicht habe und damit dort angekommen sei, wo er seine volle Wirksamkeit entfalten könne. „Dafür wäre jetzt die ideale Zeit“, sagt Stefan Gradzielski, der in seinem Geschäft vorwiegend mediterrane Pflanzen anbietet und „kein Fan von Flüssigdünger“ ist. Weil die Gefahr ziemlich hoch sei, die Pflanze am Ende zu überdüngen. Aber: „Ohne Nährstoffe verhungert die Pflanze.“

Pflanzen brauchen Licht.
Pflanzen brauchen Licht.
Foto: Hermann

Wie der Profi, so müsse auch der Kleingärtner vorausschauend agieren. Und sich in die Pflanzen versetzen. Die brauchen jetzt vor allem Tageslicht, aber auch noch nicht zu viel Sonne. „Zweifelsohne werden wir mit dem Klimawandel konfrontiert und müssen deshalb anders agieren, als vor 30 Jahren“, sagt Stefan Gradzielski. Auf jeden Fall könnten Kübelpflanzen jetzt aus dem Winterquartier geholt werden. „Die Zeit im dunklen Keller sollte man so kurz wie möglich halten; freies Tageslicht ist durch nichts zu ersetzen.“ Olivenbäume, Hanfpalmen, Oleander - vieles steht im „Mediterraneum“ bereits im Freien und genießt die herrliche Frühlingsluft.

„Das tut uns richtig gut“

Der Betrieb von Jörg Handt in Wulfen ist noch geschlossen. „Wir lassen den ersten Frühling aus“, erklärt der Inhaber. Aus wirtschaftlichen Gründen. „Und das tut uns richtig gut.“ Ab Mitte, Ende April circa, „wenn die normale Beet- und Balkonpflanzenzeit anfängt“, startet die Gärtnerei in den „zweiten Frühling“. Mit Geranien, Begonien, Petunien und allem, was das Gärtnerherz begehrt.

Qualität ist für Jörg Handt besonders wichtig. „Wir ziehen alle Pflanzen selbst ran.“ Und zwar termingerecht, wie er betont. „Das heißt, dass unsere Pflanzen etappenweise zur Verfügung stehen und wir unseren Kunden über Wochen immer wieder frische Ware anbieten können.“ Das will gut geplant sein. Deshalb gibt es in der Gärtnerei auch jetzt schon jede Menge zu tun. Obwohl die Tore zum meteorologischen Frühlingsanfang am 1. März noch geschlossen bleiben. Das Geschäft mit Primeln und Stiefmütterchen, die es anderswo entschieden günstiger gebe, lohne sich einfach nicht.

Auch wenn Jörg Handt um die Ungeduld seiner Kundschaft weiß, erinnert er daran, dass es auch für Gemüsepflanzen noch etwas zu früh sei. Tomate, Gurke und Paprika fühlen sich ab zehn Grad erst so richtig wohl. Ist es ihnen zu kalt, fühlen sie sich gestresst. Das ließe sich ganz einfach vermeiden, lacht der Experte und wiederholt sich: „Es wäre sinnvoll, einfach noch ein bisschen zu warten.“