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Kinderbetreuung Kinderbetreuung in Köthen: Kita- und Hort-Beiträge sollen drastisch steigen

Von Matthias Bartl 07.02.2017, 10:23
Die fachlich fundierte Betreuung der Kinder (wie hier im Köthener „Erlebnisbaum“) ist nicht zum Nulltarif zu haben. Im Gegenteil: Sie kostet von Jahr zu Jahr mehr Geld, wobei der Anteil der Kosten wächst, den sich Kommune und Eltern teilen müssen. Die Stadt Köthen will nun den Anteil der Eltern deutlich nach oben schrauben.
Die fachlich fundierte Betreuung der Kinder (wie hier im Köthener „Erlebnisbaum“) ist nicht zum Nulltarif zu haben. Im Gegenteil: Sie kostet von Jahr zu Jahr mehr Geld, wobei der Anteil der Kosten wächst, den sich Kommune und Eltern teilen müssen. Die Stadt Köthen will nun den Anteil der Eltern deutlich nach oben schrauben. Archiv/Bartl

Köthen - In den letzten Tagen hat Bernd Hauschild so viele Mails von seinen Bürgern erhalten wie vielleicht noch nie zuvor. Gewünscht hat sich der OB von Köthen diese Flut an elektronischer Post zwar nicht, aber er hat sie bislang alle aufmerksam gelesen. Und weiß daher genau, dass er mit seinem Entwurf der Erhöhung der Elternbeiträge für die Betreuung der Mädchen und Jungen in kommunalen Einrichtungen vielen Leuten finanzielle Probleme bereitet.

Dass der OB dennoch nicht davon abweicht, den Satzungsentwurf über die „Erhebung von Kostenbeiträgen für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege“ (so der sperrige Name des zu beschließenden Papiers) zur Behandlung in den Stadtrat und seine Ausschüsse zu bringen, hat aber nichts mit solchen Erkenntnissen zu tun. Sondern mit geänderten Rahmenbedingungen, die die Stadt ihrerseits finanziell schwer belasten. „Genau betrachtet“, sagt Bernd Hauschild, „hätte der Schritt, den wir jetzt gehen, schon früher kommen müssen.“

Die Kostenbeiträge für die Kinderbetreuung sind in der aktuellen Beitragssatzung noch nicht so detailliert untergliedert, wie das in der neuen Satzung sein soll. In Kinderkrippe und Kita ist der Betreuungsumfang in die Stufen 5, 7 und 10 Stunden gestaffelt, bei Hortkindern gibt es keinen nach Stunden aufgeschlüsselten Betreuungsumfang.

Dies erschwert ein wenig den Vergleich mit den Kosten, die in dem Entwurf der neuen Satzung festgeschrieben sind, da in der neuen Satzung der zeitliche Betreuungsumfang auf die Stunde genau (von bis 10 Stunden) definiert ist. In den Horten kann man sein Kind entweder vier oder sechs Stunden betreuen lassen - die Ferienbetreuung je nach Wunsch in- oder exklusive.

Als Vergleich soll an dieser Stelle die 10- und die 7-Stunden-Betreuung herangezogen werden. Bis jetzt kostet es in Köthen 198 Euro im Monat, wenn man seine Kinder in der Krippe zehn Stunden betreuen lässt (7 Stunden = 167 Euro). Künftig soll die Zehn-Stunden-Betreuung 250 Euro (7 Stunden = 214 Euro) kosten - ein Anstieg von mehr als 26 Prozent.

Für Kinder im Alter von 3 Jahren bis Schuleintritt kosten zehn Stunden Betreuung künftig 206 Euro (vorher 157 Euro/31 Prozent Anstieg), sieben Stunden kosten 146 Euro (vorher 135 Euro). Die Hortbetreuung schlug bislang mit 63 Euro pro Kind und Monat zu Buche - künftig ergeben sich Kostenspannen zwischen 69 und 11 Euro monatlich.

Alle geplanten Kostenerhöhungen treffen sowohl für die kommunalen Einrichtungen als auch für Einrichtungen der freien Träger zu.

Zusätzlich dazu sollen die Eltern, deren Kinder in Einrichtungen der Stadt betreut werden, ab 1. April 28 Euro pro Kind und Monat für so genannte Küchennebenleistungen zusätzlich bezahlen. Damit gleicht die Stadt diesen Kostenblock an den der freien Träger an - dort zahlen die Eltern diese Küchennebenleistungen schon seit einiger Zeit. (mz/mb)

Köthen musste innerhalb eines Jahres 600.000 Euro mehr für das Kita-Personal bezahlen

Vor einem Jahr um genau zu sein, denn da machte sich zum ersten Mal bemerkbar, dass das Land durch ein paar neue Festlegungen die finanzielle Balance bei der Kita-Finanzierung heftig in Unwucht gebracht hatte. Zum einen wurden im Juli 2015 die Erzieherinnen in der Stadt dank eines neuen Tarifrechts höher als bisher bewertet. „Da waren für uns pro Person übers Jahr gesehen durchschnittlich 2.200 Euro mehr zu bezahlen“, listet der OB auf.

Der zweite finanzielle Brocken, der der Stadt hingeworfen wurde, war der Umstand, dass laut Kinderförderungsgesetz (Kifög) des Landes der Personalschlüssel für die Kinderbetreuung geändert wurde. Eine Gruppe von zehn Kindern wurde zuvor von zwei Mitarbeiterinnen mit zusammen 65 Wochenstunden betreut, nach der Gesetzesänderung wurden drei Mitarbeiterinnen mit zusammen 90 Wochenstunden benötigt.

Die Folge dieser Änderung war, dass Köthen innerhalb eines Jahres für das Kita-Personal 600.000 Euro mehr bezahlen musste. „Und von 2016 auf 2017 sind die Personalkosten im Betreuungsbereich noch mal um 93.000 Euro angestiegen“, so Hauschild. Die Stadt allein könne diesen Anstieg im Haushalt nicht tragen, hier müssten die Eltern stärker herangezogen werden, zumal das Kifög eine 50:50-Verteilung der Kosten ausdrücklich zulässt.

Freie Träger kommen die Stadt teurer als noch vor ein paar Jahren

Ein weiterer Punkt, der die Kinderbetreuung in Köthen (aber nicht nur hier) deutlich teurer macht als bisher, betrifft die freien Träger. Früher schloss die Stadt Verträge mit den freien Trägern (Kirchen, Awo, Lebenshilfe, Studentenwerk) ab, in denen festgezurrt war, dass die Träger fünf Prozent der Gesamtkosten der Betreuung übernehmen.

Was dazu führte, dass in den Einrichtungen der freien Träger die Erzieherinnen nicht nach Tarif bezahlt wurden, sondern finanziell immer hinterherhinkten - nicht zuletzt deshalb, damit die freien Träger ihren Fünf-Prozent-Anteil an den Gesamtkosten niedrig halten konnten.

„Dies ist jetzt nicht mehr der Fall“, so der zuständige Dezernent Alexander Frolow. Der Fünf-Prozent-Anteil ist Geschichte. Laut entsprechender Änderung des Kifög handeln die freien Träger inzwischen ihre Kosten mit dem Landkreis aus, der seit einiger Zeit für die Kinderbetreuung verantwortlich ist. Und die Stadt muss das Defizit was sich aus diesen Verträgen ergibt, zur Hälfte übernehmen.

Und nicht nur das: Selbst wenn die freien Träger in ihre Einrichtungen investieren, fällt das finanziell letztlich auf die Kommune zurück, „denn wir tragen auch die investiven Abschreibungen der freien Träger“, erläutert Frolow. Auf die man allerdings keinerlei Einfluss habe, „außer dass wir sie letzten Endes bezahlen“. Generell könne man die Kostenstruktur bei den Einrichtungen der freien Träger nicht beeinflussen, „wir sitzen ja nicht mit am Verhandlungstisch“, müsse aber erhebliche finanzielle Lasten schultern. „Dagegen trägt der freie Träger faktisch nichts mehr“, wagt Hauschild ein Wortspiel, das aber genau den Zustand der Kita- und Hort-Finanzierung beschreibt.

Einnahmen Defizit wird auf Eltern und Kommune verteilt

Die Kindereinrichtungen finanzieren sich nach Kifög auf folgendem Wege: Zum einen gibt es Zuwendungen durch das Land. Außerdem gibt es (geringere) Zuwendungen durch den Landkreis. Diese beiden Einnahmequellen ergeben eine Summe X. Die allerdings üblicherweise nicht ausreicht, um den Betrieb der Kindereinrichtungen vollständig zu bezahlen.

Das vorhandene Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben wird nun verteilt - auf die Eltern und die Kommune. Je höher also die Kosten ausfallen, ganz gleich, ob es sich um eine kommunale Einrichtung handelt oder um eine eines freien Trägers, umso größer ist damit auch die Summe, die auf Eltern und Kommune umverteilt werden muss. Zumal dann, wenn es sich um eine Kommune handelt, die selbst finanziell ziemlich am Stock geht wie Köthen. So wird - nach städtischer Vorstellung - also auch der Anteil wachsen, den die Eltern aufzubringen haben.

Verhindern könne dies nur ein Umdenken im Land. „Magdeburg muss, sollen die Eltern entlastet werden, die Zuweisungen erhöhen“, findet Hauschild. Es gehe nicht an, die gesetzlichen Vorgaben so zu verändern, dass die Kinderbetreuung zwangsweise teurer wird als zuvor und dass dann einfach die Kommunen die dadurch entstandenen Finanzprobleme selbst lösen müssen. (mz)