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Kämpfer in alle Lebenslagen Kämpfer in alle Lebenslagen: Boxer Detlef Meyer aus Glauzig feiert 60. Geburtstag

Von Matthias Bartl 12.05.2018, 06:30
Worüber wird zur Feier von Detlef Meyers 60. Geburtstag wohl gesprochen werden? Ganz klar: Um das Thema Boxen kommt man nicht herum.
Worüber wird zur Feier von Detlef Meyers 60. Geburtstag wohl gesprochen werden? Ganz klar: Um das Thema Boxen kommt man nicht herum. Heiko Rebsch

Glauzig - Man muss kein Prophet sein, um ein Gesprächsthema zu erraten, dass auf alle Fälle eine Rolle spielen wird, wenn sich Detlef Meyer aus Glauzig am Sonnabend, 12. Mai, mit seinen Gästen trifft, die ihm zum 60. Geburtstag gratulieren wollen. Auf alle Fälle wird man irgendwann beim Boxen landen – kein Wunder, denn Meyer war eine der bekanntesten Größen im Boxsport des Kreises Köthen und darüber hinaus. Im und später am Ring.

Meyer hat sich stets furchtlos dem Unzengewitter gestellt

Meyer war einer von diesen Faustkämpfern, die sich dem Publikum in besonderer Weise eingeprägt haben. Kein Mann für die feine Klinge à la Henry Maske. Dafür ein Kämpfer mit der Faust, der sich furchtlos ins Unzengewitter stellte. Der viel gewann, aber dabei eben auch manchen Niederschlag einsteckte.

Aus erkennbarem Grund erinnert sich der Glauziger daher besonders gut auch an einen Kampf gegen den Köthener Jens Wenzel. Mitte der 80er Jahre im Glauziger Freibad. Denn Wenzel, beweglicher, schneller, auch mit einem ordentlichen Bums ausgestattet, lieferte Meyer einen großartigen Fight. Und dieser dem Köthener Kontrahenten ebenso: „Ich glaube nicht, dass noch ein Zuschauer auf seinem Platz gesessen hat.“ Am Ende stand ein Remis – aber irgendwie hatten beide gewonnen.

Mit zwölf Jahren hat Meyer mit dem Boxen angefangen

Mit dem Boxsport hat Detlef Meyer als Zwölfjähriger angefangen. Boxte sich bei Motor Köthen konsequent und stetig an die Bezirksspitze und an die DDR-Liga heran. Seinen Trainern wie Dieter Kunze, Manfred Scheffler, Roland Abraham und Dittmar Dzemski ist er dafür heute noch dankbar.

Der Weg in die Sportschule blieb ihm freilich verwehrt. Der Grund, der seinerzeit Karrieren beenden konnte, bevor sie angefangen hatten: Westverwandtschaft. Etliche Tanten Meyers hatte die Vertreibung aus der ostpreußischen Heimat, wo Meyers Familie herstammte, nach Ende des Zweiten Weltkriegs in die westlichen Besatzungszonen gebracht. Das verschaffte den Neu-Glauzigern zwar manche bundesdeutsche Verwandtschafts-Unterstützung in den kargen 50er Jahren, stellte Meyer aber vor die Entscheidung, zugunsten der Box-Karriere seine „Westkontakte“ zu kappen oder nicht.

Oder nicht. Aber auch ohne Sportschule blieb Detlef Meyer dem Boxen treu. Nicht zuletzt bei der Armee, wo der sich sportlich in Hochform befindliche Meyer in Dresden Gelegenheit bekam, dem ASG-Boxnachwuchs das Box-Abc nahezubringen. Wodurch sich dem 19-Jährigen ein neuer Weg öffnete. „Ich hätte an der Sportschule Dresden als Sportsoldat bleiben und vielleicht sogar Sportoffizier werden können, aber ich habe mich anders entschieden.“

1979 wurde der Boxverein namens Traktor gegründet

Nicht zuletzt, weil da eine Verlobte war, die Meyer wieder nach Glauzig zog. Wo er eine Familie gründete, Vater zweier Kinder wurde, als BMSR-Mechaniker gutes Geld verdiente. Und sich 1979 einen besonderen Traum erfüllte, als er gemeinsam mit Dittmar Dzemski in Görzig einen Boxverein namens Traktor gründete, um die sportlichen Talente nicht brachliegen zu lassen.

Den Club, der in den zurückliegenden Jahrzehnten Klasseboxer wie Torsten Kupka, Dirk Dzemski, Steffen Kretschmann oder Bernd Miertsch hervorbrachte, gibt es heute noch, Detlef Meyer war viele Jahre lang hier engagiert. Heute denkt er darüber nach, vielleicht eine kleine Ü30-Boxtruppe auf die Beine zu stellen. Auf seinem Grundstück ist in einer ehemaligen Scheune Platz für einen Ring und alles, was zu einem ordentlichen Boxkampf noch dazugehört. „Da soll es nicht um Wettkämpfe gehen, sondern um Boxen für die Fitness“, umreißt der Jubilar seine Idee.

Davon soll ihn auch nicht abhalten, dass Meyer nicht der Gesündeste ist, „was aber nichts mit dem Boxsport zu tun hat, sondern mit einem Stoffwechseldefekt“, wie er bekräftigt. In der Wendezeit in den Gemeinderat gewählt, dort nicht nur einmal enttäuscht, erlitt er – der im Ring auch mental immer ein Fels gewesen war - einen Nervenzusammenbruch, der in eine Psychose und in Parkinson mündete.

Die Geschichte seiner Krankheit ist zu lang, um hier wiedergegeben zu werden. Wichtig ist nur: Mit Hilfe seiner Kinder und vor allem seiner Boxkameraden hat er sich aus dem Loch befreien können, in das er gerutscht war.

Meyer ist stolz auf die Kinder

Ein besonderer Beleg dafür ist nicht zuletzt seine Arbeit in der AG „Selbst aktiv“, ein Zusammenschluss von politisch aktiven Menschen mit Behinderungen, die in und mit der SPD gesellschaftliche Prozesse initiieren und begleiten will. Einen weiteren festen Ankerplatz hat Detlef Meyer in der Lebenshilfe Köthen gefunden, wo er seit acht Jahren arbeitet. Und außerdem – ein wenig überraschend für einen einstmals eingefleischten Fan von Dynamo Dresden – ist der Glauziger Präsident eines Fanclubs der TSG Hoffenheim.

Ein Beitrag über Detlef Meyer kann ohne ein Best-of seiner beeindruckendsten Kämpfe auskommen, aber nicht ohne ein Wort über seine Kinder Antje und Christian. Auf beide ist der geschiedene Vater ungemein stolz. „Sie haben ihren Weg gemacht“, sagt er. Und Sohn Christian im Besonderen – in seinem Kampfbuch stehen nicht weniger als fünf Deutsche Meistertitel. Im Boxen, versteht sich.

(mz)

Der Boxclub Görzig Fuhneland ist auch heute noch erfolgreich. Hier ein Bild von einem Kampf zwischen Mathias Zemski (blau) gegen Philipp Fricke .
Der Boxclub Görzig Fuhneland ist auch heute noch erfolgreich. Hier ein Bild von einem Kampf zwischen Mathias Zemski (blau) gegen Philipp Fricke .
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