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Antisemitismus und Volksverhetzung Jugendliche verbrennen in Aken „Tagebuch der Anne Frank“

In Aken im Landkreis Anhalt-Bitterfeld haben drei Jugendliche ein Exemplar des „Tagebuchs der Anne Frank“ angezündet. Der Vorfall weckt Erinnerungen an einen ähnlichen Vorfall in Pretzien im Jahr 2006.

Von Alexander Schierholz Aktualisiert: 30.05.2024, 15:26
Das "Tagebuch der Anne Frank", hier eine niederländische Ausgabe. In Aken haben Jugendliche ein Exemplar des Buches in der Öffentlichkeit verbrannt. 
Das "Tagebuch der Anne Frank", hier eine niederländische Ausgabe. In Aken haben Jugendliche ein Exemplar des Buches in der Öffentlichkeit verbrannt.  (Foto: IMAGO/Zoonar)

Halle/Aken/MZ - Jugendliche haben in Aken (Anhalt-Bitterfeld) ein Exemplar des „Tagebuchs der Anne Frank“ verbrannt. Wie die Polizei und die Staatsanwaltschaft in Dessau am Donnerstag mitteilten, seien der 15-Jährige und die beiden 16-Jährigen dabei von Augenzeugen beobachtet worden; diese hätten die Polizei gerufen.

Jugendliche verbrennen Anne Franks Tagebuch in Aken

Die Jugendlichen saßen demnach an einer Bushaltestelle in Aken, beschädigten das Buch und zündeten es an. Als die Polizei eintraf, waren die Flammen bereits erloschen. Die Beamten fanden Überreste des Buches in einem Mülleimer.

Der Vorfall spielte sich bereits am Mittwoch ab, die Polizei und die Staatsanwaltschaft machten ihn am Donnerstag öffentlich. Einzelheiten zu den drei Jugendlichen und deren Umfeld gaben sie unter Hinweis auf deren Alter nicht preis.

Ermittlungen wegen Volksverhetzung

Klar ist: Die Jugendlichen sind strafmündig, da sie älter als 14 Jahre sind. Sie wurden zunächst zu ihren Eltern gebracht, die Ermittler gehen vom Verdacht der Volksverhetzung aus.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zeigte sich am Donnerstag entsetzt von der Meldung aus Aken. "Es handelt sich um einen gravierenden Vorgang, der mit aller Konsequenz ausermittelt werden muss", sagte der Regierungschef der MZ.

Zudem brauche es konsequentes Handeln der Erziehungsberechtigten und des gesellschaftlichen Umfelds. "Für Antisemitismus darf in unserer Gesellschaft kein Platz sein. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung“, mahnte Haseloff.

Der Fall weckt Erinnerungen an die Buchverbrennung von Pretzien. Vor 18 Jahren, im Sommer 2006, war bei einer sogenannten Sonnenwendfeier in dem Dorf im heutigen Salzlandkreis ebenfalls ein Exemplar des Tagebuchs des 1944 in das KZ Bergen-Belsen deportierten und dort 1945 verstorbenen jüdischen Mädchens verbrannt worden, nebst einer US-Flagge und unter den Augen zahlreicher schockierter Zuschauerinnen und Zuschauer.

Erinnerungen an Pretzien 2006

Nicht nur die Verbrennungsaktion an sich löste bundesweit Entsetzen und Empörung aus, auch der anfängliche Umgang der Polizei damit: Wie sich herausstellte, hatte zwei der zunächst mit dem Fall betrauten Polizeibeamten von Anne Frank und ihrem Tagebuch noch nie gehört.

Die Ermittlungen kamen damals deshalb nur zögerlich in Gang. Das Amtsgericht Schönebeck verurteilte schließlich im März 2007 fünf Mitglieder eines rechtsgerichteten Heimatvereins zu Bewährungsstrafen. Der Verein hatte das Dorffest organisiert.