Integratives Volleyballturnier in Aken Integratives Volleyballturnier in Aken: Flüchtlinge und Einheimische kommen ins Gespräch
Aken - Lautstark wurden am Sonnabend die fünf Volleyballmannschaften in der Sporthalle der Sekundarschule in Aken angefeuert, auf Deutsch, Englisch und Arabisch. Die Akener Jugendbegegnungsstätte „Nomansland“ und der Kirchenkreis Egeln hatten zum ersten Integrativen Volleyballturnier eingeladen. Neben den Spielern aus Aken und der Gegend um Egeln trat auch ein Team aus Leipzig an. Freunde aus der Elbestadt hatten die Sachsen eingeladen, die sich nicht lange bitten ließen. Auch bei den Flüchtlingen kam der Vorschlag gut an. Viele gehen ohnehin in den Akener Jugendklub, so dass sich der Turnier-Termin schnell herumsprach.
„Der Mann ist gut“, zeigte Mannan Koujar auf Rami-Daba, der den Ball gerade mit einem nahezu professionellen Hechtbagger für seine Mannschaft gerettet hatte. „Der spielt bei uns im Klub Aljaish Basketball“, erklärte der junge Syrier und fügte hinzu: „Wir in Syrien sind sehr sportbegeistert. Fußball steht ganz oben, aber es gibt auch viele Klubs für Basketball, Volleyball, Tennis ...“
Sorge um Verwandte
In ihrer Begeisterung schienen die Flüchtlinge auf dem Spielfeld und auf der Tribüne für einige Zeit ihr Schicksal vergessen zu haben. Auch Mannan Koujar ging das so, als er von seinem früheren Leben in Syrien berichtete, als wäre es erst gestern gewesen. Als er dann von seiner Heimatstadt Aleppo sprach, verdüsterte sich seine Miene. „Ich habe dort Verwandte und mache mir Sorgen. In Aleppo funktioniert nichts mehr. Gehst du aus dem Haus, weißt du nicht, ob du lebend zurückkommst“, sagte er.
Der junge Mann, der in Aleppo als Verkäufer in einem Handy-Shop gearbeitet hat, ist mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern vor drei Monaten nach Aken gekommen. Hier sei die Familie gut aufgenommen worden. Er kenne schon viele Leute in der Stadt. „Unsere Nachbarin Uschi ist sehr nett und hilft uns oft, egal, ob wir Probleme mit der Heizung haben oder ein Gewürz fürs Essen fehlt“, berichtete er. Seine Töchter besuchen in Aken eine Kindertagesstätte. „Sie lernen dort beim Spielen viel schneller Deutsch als wir in unserem Kurs“, schätzte der Familienvater ein.
Steffi Schüler, Leiterin von „Nomansland“, bestätigt die Aufgeschlossenheit und Weltoffenheit der Akener. Für das Volleyballturnier hätten sich viele Helfer gefunden. Bei der Organisation halfen zum Beispiel die Leute vom kürzlich gegründeten Verein „Wir mit Dir“, die Akener Landfrauen haben Kuchen gebacken, Gewerbetreibende der Stadt stellten einen Transporter, Brötchen, kleine Preise fürs Glücksrad und viele weitere Dinge zur Verfügung. Die große, moderne Sporthalle der Schule habe man problemlos für das Turnier bekommen. Selbst nach Schiedsrichtern mussten die Veranstalter nicht lange suchen. Die stellte quasi die Sekundarschule „Am Burgtor“. Clara Chwoika, die Tochter der stellvertretenden Schulleiterin, spielt nicht nur wie ihre Freundin Maike Röder seit der ersten Klasse beim VV 84 Kleinpaschleben Volleyball, die beiden haben mit ihren 15 Jahren auch schon eine Schiedsrichter-Lizenz. Dass sie bei dem Turnier pfeifen, war für die Mädchen keine Frage. „Wenn das schon bei uns an der Schule stattfindet, möchten wir auch dabei sein“, stellte Claras Mutter Ariana Chwoika fest und verwies auf mehrere mitspielende Schülerinnen und Schüler.
Volleyball-Experten
Auf dem Spielfeld fiel ein älterer Herr auf, der recht wacker mit den jungen Volleyballern des Teams „Nomansland“ mithielt. „Ich würde gern mitmachen, falls noch ein Spieler fehlt“, hatte sich Dietmar Lorenz bei Diakon Veit Kuhr vom Evangelischen Kirchenkreis Egeln gemeldet. Lorenz, von 1981 bis 2002 Lehrer an der Burgtor-Schule, war viele Jahre aktiver Volleyballer und freute sich sichtlich, wieder einmal Einsatz zeigen zu können.
Angefeuert wurde er unter anderem von einem älteren Volleyball-Experten auf der Tribüne. „In dieser Halle habe ich 30 Jahre Volleyball gespielt“, verriet Karl-Heinz Schulze. „Das ist eine schöne Sache, über sportliche Aktivitäten Kontakte zu den Flüchtlingen herzustellen“, lobte der Rentner.
Genau dieses Anliegen hatten die Veranstalter. „Es geht darum, sich gegenseitig kennen zu lernen und Sprachbarrrieren zu überwinden. Wir haben gedacht, beim Sport geht das am besten“, erklärte Steffi Schüler. Deshalb habe man auch gemischte Mannschaften aus Einheimischen und Flüchtlingen gebildet.
Zu den Einheimischen gehörte Lucas Hanl vom Team Nomansland, der mit drei Mitspielerinnen in einer Pause etwas kleinlaut vor dem Imbiss-Stand saß. „Wir haben gerade zwei Sätze verloren“, gestand er. Klar, der Spaß stehe im Vordergrund, wie das Veit Kuhr betont hatte, „aber ein bisschen Ehrgeiz gehört zum Sport“, merkte Lucas Hanl an, dessen Mannschaft am Ende den vierten Platz belegte.
Platzierung nicht im Vordergrund
Dass die beiden Mannschaften von „Wir mit Dir“ den ersten und dritten Platz belegten und das Team vom Kirchenkreis Egeln auf den zweiten Platz kam, löste zwar Jubel aus, für Veranstalter und Teilnehmer war es aber viel wichtiger, mit den Neu-Akenern ins Gespräch zu kommen und gemeinsam Spaß zu haben. Und das klappte, beim Sport, beim Essen des Kuchens der Landfrauen und der Linsensuppe, die die Syrerin Nawal Koujar für die Volleyballer gekocht hatte. (mz)