Zu Besuch in Köthen Hochschule Anhalt in Köthen: Das kritisiert Ex-Rektor Rolf Schulze

Köthen - Interessiert schreitet Rolf Schulze durch die Praktikums- und Forschungshallen der Hochschule Anhalt in Köthen. Er lässt sich von Mitarbeitern einiges zeigen. „Eine traumhafte Ausstattung“, staunt der 82-Jährige angesichts der Technik.
Prof. Dr.-Ing. habil. Rolf Schulze hat andere Zeiten erlebt. Damals, als Köthen eine Ingenieurhochschule bekam. Sie wurde am 1. September 1969 gegründet. Der Magdeburger war Gründungsrektor. Er leitete 16 Jahre lang die Ingenieurhochschule.
Am Freitag haben Rolf Schulze und einige seiner Weggefährten die Hochschule Anhalt in Köthen besucht. Den langjährigen Rektor interessiert so vieles. Wie hoch der praktische Anteil im Studium ist. Wie viele Studenten in einer Praktikumsgruppe forschen. Wo die Absolventen der Hochschule später arbeiten. Seine Fragen kommen nicht von ungefähr. Was Rolf Schulze - auch über seinen Enkel - über das heutige Studiensystem erfährt, macht ihn nachdenklich.
Die heutigen Bedingungen seien andere als zu seiner Zeit, merkt er an. Das Studium sei zu spezialisiert. „Wir haben früher eine Verfahrenstechnik gehabt“, sagt der Magdeburger. Bei seinem Rundgang durch die Hallen erfährt er, welche Bereiche die Lehre heute umfasst. Er kritisiert, dass sich die Studenten zeitig spezialisieren müssen - obwohl der Markt nur wenige Spezialisten braucht. „Ich habe die große Sorge, dass sie nachher noch mal neu lernen müssen“, merkt Rolf Schulze an. Nachher im Berufsleben.
Was den langjährigen Rektor und seine Weggefährten nicht weniger nachdenklich macht, ist das fehlende Personal der Hochschule. „Mir fehlt der Mittelbau“, sagt er. Die Assistenten. Er befürchtet, dass die Studenten deshalb nicht ausreichend eingebunden werden können.
Klar, räumt Rolf Schulze ein, auch zu seiner Zeit sei nicht alles optimal gewesen. Gerade in den Anfangsjahren. Die größte Herausforderung sei gewesen, einen Lehrkörper zu entwickeln, der die Ansprüche, Produktionsingenieure auszubilden, erfüllen konnte. Viele Lehrkräfte kamen aus den Hochschulen in Magdeburg und Merseburg. Und aus der Industrie.
Die Ingenieurhochschule startete mit drei Studiengängen: Verfahrenstechnik, Anlagenbau und Betriebswirtschaft. Später kamen Lebensmitteltechnik und Biotechnologie dazu.
„Wir haben den Auftrag Bildung ernst genommen“, macht Rolf Schulze rückblickend deutlich. Darunter versteht der Professor, praxisorientierte Ingenieure auszubilden. „Unsere Forschung war Bestandteil der Ausbildung“, sagt er. (mz)