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Gescheiterte Tätersuche Gescheiterte Tätersuche: Ermittlungen zum Tod eines Studenten in Köthen eingestellt

Von Matthias Bartl 27.04.2015, 14:08
Im Obergeschoss dieses Hauses in Köthen wurde am 2. Dezember 2012 der Student Philipp A. tot aufgefunden. Er war durch einen Stich ins Herz umgekommen.
Im Obergeschoss dieses Hauses in Köthen wurde am 2. Dezember 2012 der Student Philipp A. tot aufgefunden. Er war durch einen Stich ins Herz umgekommen. heiko rebsch Lizenz

Köthen - Das Entsetzen war groß an diesem 2. Dezember 2012 in Köthen. In einer Wohnung in der Langen Straße war ein 17 Jahre alter Student tot aufgefunden worden - gestorben war der aus Raguhn stammende junge Mann an einer Herzstichverletzung. In einer Stadt wie Köthen, in der es im Unterschied zu vielen Nachbarstädten glücklicherweise kaum nennenswerte Kriminalität gibt, sorgte die Bluttat für viel Aufsehen, fand die Suche nach dem Täter durch Staatsanwaltschaft und Polizei enorme Aufmerksamkeit.

„Es gibt derzeit keine Ermittlungsansätze“

Und nun noch einmal in besonderem Maße. Denn die Suche ist gescheitert. In einer Pressemitteilung informierten Staatsanwaltschaft und Polizeidirektion am Montag darüber, dass die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Tod des Studenten eingestellt worden seien. „Es gibt derzeit keine Ermittlungsansätze“, unterstrich Oberstaatsanwalt Christian Preissner gegenüber der MZ.

Dass sich die Ermittlungen schwierig gestalten würden, war der Staatsanwaltschaft beizeiten klar geworden. „Wenn ein Fall nicht in den ersten drei Tagen geklärt ist, kann es ein langwieriger Prozess werden“, hatte Staatsanwalt Frank Pieper bereits gut eine Woche nach Beginn der Ermittlungen gesagt.

Partygäste haben nichts mitbekommen

Zwar war der Student bei einer Geburtstagsfeier zu Tode gekommen, zwar litt die Party nicht unter einem Mangel an Gästen - aber keine der zahlreichen in der Wohnung anwesenden Personen hatte bei der Befragung angegeben, irgendetwas mitbekommen zu haben, wie und durch wen Philipp A. aus Raguhn-Jeßnitz im Flur der Wohnung die tödliche Verletzung zugefügt worden war. Die ersten rechtsmedizinischen Befunde brachten die Ermittlungen nur insofern voran, dass die Forensiker „keine sicheren typischen Merkmale für eine Selbstbeibringung der tödlichen Herzstichverletzung erbrachte hatten“ - was die Strafverfolger auf die Suche nach einem anderen Täter gehen ließ.

Verdächtiger hatte Blutspuren in der Hosentasche

Den man in der Gestalt eines 22 Jahre alten Studenten gefunden zu haben glaubte. Gegen ihn ließen sich mehrere Indizien und Aussagen ins Felde führen: Er hatte mit Philipp A. im Verlauf des Abends eine verbale Auseinandersetzung. An seiner Bekleidung fanden sich Blutanhaftungen, die vom Verstorbenen stammten. Und: Dieses Blut befand sich vorwiegend in einer Hosentasche des 22-Jährigen, was den Verdacht erweckte, „er habe das blutige Messer, das später neben der Leiche des 17-Jährigen aufgefunden worden war“, dort hin-eingesteckt. Gegen den 22-Jährigen, der inzwischen Köthen verlassen hatte, wurde im März 2013 durch das Amtsgericht Dessau Haftbefehl erlassen. Der aber Ende Mai 2013 durch das Landgericht Dessau wieder aufgehoben wurde - die Blutspuren in der Hosentasche hätten auch allein durch das Einstecken der Hand in die Tasche verursacht werden können. Bei der Vernehmung hatten Partygäste gesagt, dass man versucht habe, den schwer verletzten Philipp A. wiederzubeleben. Dabei hätte sich der 22-Jährige durchaus mit Blut beschmieren können, ohne dass dieses einem bestimmten Werkzeug zugeordnet werden könnte.

Außerdem: Es gab kein tragfähiges Tatmotiv. Nachforschungen hatten auch ergeben, dass das Wohnhaus, in dem die Feier stattgefunden hatte, zur fraglichen Zeit unverschlossen gewesen war. Vermeintliche Hinweise, der 22-Jährige habe sich Dritten gegenüber als Verursacher des tödlichen Stiches offenbart, platzten. Immer, wenn die Staatsanwaltschaft meinte, in den Ermittlungen einen Schritt vorangekommen zu sein, folgte prompt die Enttäuschung.

Ermittlungen gegen 22-Jährigen wurden eingestellt

Auch die „weitergehenden, sehr gründlichen Untersuchungen der fachlich außerordentlich erfahrenen Rechtsmediziner“ gaben dem Fall eine neue Wendung. Sie sahen nämlich dann doch ganz erhebliche Anhaltspunkte für eine Selbstbeibringung der tödlichen Verletzung. Ohne für letzte Klarheit zu sorgen: Weder eine Selbstbeibringung noch eine Tötung von fremder Hand konnte mit wissenschaftlicher Gewissheit belegt werden. Das Resultat all dessen: Die Ermittlungen gegen den 22-Jährigen wurden eingestellt. Mangels hinreichenden Tatverdachts.

Ob die Ermittlungen damit für immer zu den Akten gelegt wurden, steht allerdings noch nicht fest, wie Christian Preissner auf MZ-Nachfrage sagt: „Wenn sich neue Erkenntnisse ergeben, wodurch auch immer, durch wen auch immer, können wir die Ermittlungen jederzeit wieder aufnehmen.“ (mz)

Das Haus, in dem der tote Student gefunden wurde.
Das Haus, in dem der tote Student gefunden wurde.
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