Geldstrafe für Computerspionage
Köthen/MZ. - Damals sollte Kehl 3200 Euro zahlen. Dagegen hatte er aber Widerspruch eingelegt, so dass die Angelegenheit gestern zur Verhandlung kam und mit dem Urteil nun abgeschlossen ist.
Rechner lahm gelegt
Sich als Sieger zu fühlen, dafür dürfte der heute 32-Jährige allerdings keinen Grund haben. Denn ihm wurden zwei Straftaten nachgewiesen, die er während des Prozesses auch einräumte. Die erste Computerattacke im Januar 2005 betraf eine Firma aus Saarbrücken. Hier hatte Kehl, so bezeichnete es Staatsanwalt Pasternak, elektronischen Hausfriedensbruch begangen, sich auf den geschützten Teil der Homepage des Unternehmens eingeloggt und dort Daten geändert bzw. gelöscht hat.
Die zweite Straftat folge im April 2005. Kehl verschickte eine so genannte E-Mail-Bombe an den Unternehmensberater Rainer Elze, Ex-Oberbürgermeister von Köthen. "Nicht, um ihm zu schaden, sondern, um ihn zu ärgern. Wir hatten heftige persönliche Auseinandersetzungen", begründete der Radegaster vor Gericht. Über 7000
Mails mit ein und derselben Nachricht ließ er über Nacht seinem politischen Kontrahenten in einem automatisierten Computerverfahren zukommen. Als Absender gab er die E-Mail-Adresse des damaligen CDU-Landtagsabgeordneten Werner Sobetzko an. Als Elzes Postfach quasi übergelaufen war und keine Mails mehr aufnehmen konnte, schwappten etwa 4000 Mails zurück in das Postfach von Sobetzko. Die Computer der beiden waren damit für einige Zeit lahm gelegt.
Eine moralische Wertung von Kehls Computerattacke gegen Elze und den mitbetroffenen Sobetzko nahm Richterin Anke Engshuber nicht vor. Sie bewege sich bei der Verhandlung im rechtlichen Rahmen, der durch den Paragraphen 303 vorgeschrieben sei. Alles andere spiele im Gerichtssaal keine Rolle, betonte sie. Dennoch gab die Richterin während der Verhandlung dem Angeklagten durchaus einige Denkanstöße mit auf den Weg.
Sie erinnerte Kehl an dessen politische Tätigkeit zum Zeitpunkt der Computerattacke. "Ein Politiker ist man auch noch abends oder wenn man sich an den Computer setzt", meinte sie und fragte nach der Außenwirkung einer solchen Form der Auseinandersetzung. Und später, bei der Urteilsbegründung, äußerte die Richterin, dass sie es nicht gewohnt sei, einem erwachsenen Menschen sagen zu müssen, dass man bei bestimmten Späßen auch an die Konsequenzen denken sollte. "Wenn man das Fach Jura studiert, sollte man das mit berücksichtigen", sagte Anke Engshuber.
Entschuldigung erneuert
Mit dem Strafmaß folgte das Gericht dem Antrag des Staatsanwaltes. Berücksichtigung fand die Tatsache, dass Kehl bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, beide Straftaten eingeräumt und sich bei den Betroffenen entschuldigt hat. Auch Kehls Verteidigerin, die Rechtsanwältin Annett Marberth-Kubicki, kündigte an, dass ihr Mandant das Urteil nicht attackieren werde.
Von einer E-Mail-Bombe zu sprechen, sei nach ihrer Auffassung aber nicht gerechtfertigt. Eine solche Bombe richte Schäden an, in dem sie beispielsweise auf einem Computer Viren hinterlasse. "Wir reden hier über Spaming, also den massenhaften Versand von Mails", äußerte sie. Bis August 2007 sei Spaming aber nicht strafbar gewesen.
Rainer Elze, Werner Sobetzko und mehrere Kriminalisten warteten im Vorraum, um als Zeugen gehört zu werden. Darauf verzichtete die Richterin allerdings, "aus Gründen der Prozessökonomie", wie sie sagte. Nach ihrer Einschätzung war die Sache klar, zudem hatte Kehl auch nichts bestritten, so dass keine weiteren Befragungen erforderlich waren.
Worüber zumindest Werner Sobetzko sein Unverständnis zum Ausdruck brachte. In einer Verhandlungspause, in der sich die Verteidigerin nochmals mit ihrem Mandanten verständigte, warf er schon den moralischen Aspekt auf. "Ich selbst habe ein halbes Jahr im Verdacht gestanden, diese Computerattacke gemacht zu haben", äußerte Sobetzko. Doch sowohl die Richterin als auch der Staatsanwalt machten deutlich, dass das nicht Gegenstand des Verfahrens ist. "Für persönliche und moralische Empfindungen ist der Gerichtssaal nicht der richtige Ort. Das Verfahren soll keine moralische Abrechnung sein", sagte der Staatsanwalt.
Im Beisein von Rainer Elze und Werner Sobetzko erneuerte Peter Kehl seine Entschuldigung. "Nehmen Sie meine Entschuldigung an. Vielleicht kann man wieder vernünftig miteinander reden", äußerte der Radegaster.