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Gasblase wird scharf überwacht

Von WLADIMIR KLESCHTSCHOW 16.12.2008, 17:06

WEISSANDT-GÖLZAU/MZ. - Zur Vorgeschichte: Bei Bohrarbeiten im Areal zwischen der Bundesstraße B 183 und der Köthener Straße / Cösitzer Weg war festgestellt worden, dass in der Tiefe Gase entstehen. Deshalb hat die Landesanstalt seit 2005 eine systematische Erkundung des Phänomens veranlasst und finanziert. Es galt zu klären, welche Gase das sind und ob davon eine Gefahr ausgeht. Unterstützt werden diese Untersuchungen nach Angaben Keils durch das Umwelt-Forschungszentrum in Leipzig, das über hochmoderne Analysen- und Untersuchungseinrichtungen verfüge.

Hinweise auf die Herkunft der Gase gab es aus der Geschichte. "Das Industriegelände in Weißandt-Gölzau hat eine lange Tradition", sagt Dr. Lutz Smoktun, Projektbearbeiter der Landesanstalt für Altlastenfreistellung. "Dass dabei große Mengen von Öl, Diesel, Benzin und Teere in den Boden gelangten, ist für die alteingesessene Bevölkerung keine Neuigkeit."

Das bestätigt Dieter Marx, Vorsitzender des Ausschusses für Industrie und Gewerbe des Gemeinderates von Weißandt-Gölzau. In den 1920er Jahren wurde hier ein Schwelwerk errichtet, in dem die bei Gölzau geförderte Braunkohle zu Asphalt, Benzin, Diesel, Heizöl und Paraffin veredelt wurde." Das Werk war vor und während des 2. Weltkrieges von großer Bedeutung. Auch nach dem Weltkrieg ging der Schwelereibetrieb weiter. "Im Krieg wurde das Benzin bei Flugalarm abgelassen und geriet so in die Erde", schildert Marx.

Die Untersuchungen bestätigten, dass die Bildung der Gase auf eine massive Verunreinigung des Grundwassers vor allem durch Mineralöl im Bereich der ehemaligen Benzin-Verladung zurückzuführen ist. Wie Smoktun erläutert, komme es im Grundwasser zu einem mikrobiologischen Abbau der Schadstoffe. Dieser Prozess ist an sich positiv: Die Erde wird in einem Selbstreinigungsprozess nach und nach die Altlasten los.

Dabei bilden sich jedoch Gase - vor allem Methan, aber auch Benzol und Schwefelwasserstoff. Diese Gase können nicht entweichen, da das Grundwasser vom so genannten Geschiebemergel überdeckt ist - einer dichten Schicht, die kaum Wasser und Gase durchlässt. So sammeln sich unter dieser Glocke die Gase und bilden eine Blase. Da sie immer weiter produziert werden, jedoch nicht entweichen können, wächst der Druck. So besteht zumindest theoretisch die Gefahr, dass Glockenwände nachgeben und die Gase an die Erdoberfläche gelangen. Methan und Benzol bilden mit Sauerstoff ein explosives Gemisch, Benzol und Schwefelwasserstoff sind toxisch.

"Nach unseren Erkenntnissen befindet sich unter dem alten Industriegebiet nur eine einzige Gasblase", teilte Martin Keil mit. "Der Druck darin ist minimal." Um einer Gefahr vorzubeugen, wird Smoktun zufolge die Entwicklung der Blase von Fachleuten überwacht. "Der Druck wird ständig geprüft", bestätigt Martin Keil. Spezielle Anlagen sollen die sich ständig neu bildenden Gase kontrolliert ableiten, damit dort kein Überdruck entsteht. Parallel setzen Ingenieure und Wissenschaftler ihre Messungen fort. Insgesamt hat die Landesanstalt in das Vorhaben "Gasblase" bisher rund eine Million Euro investiert.

Wie lange der Prozess der Zersetzung der Mineralölrückstände in Weißandt-Gölzau noch dauern wird und mit welcher Intensität, kann heute noch keiner sagen. "Die Aufgabe ist, den Prozess unter Kontrolle zu halten", so der Geschäftsführer der Landesanstalt für Altlastenfreistellung. "Das Grundwasser unter dem alten Industriegebiet ist natürlich immer noch kontaminiert. Da das Wasser hier aber nicht gefördert wird, so besteht für die Bevölkerung auch in dieser Hinsicht keine Gefahr."