1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Flüchtlingsunterbringung in Köthen: Flüchtlingsunterbringung in Köthen: Ehemaliges Finanzamt als Prophylaxe für 2017?

Flüchtlingsunterbringung in Köthen Flüchtlingsunterbringung in Köthen: Ehemaliges Finanzamt als Prophylaxe für 2017?

Von Matthias Bartl 19.11.2015, 19:03
Leerstand, wo einst Tisch- und Taschenrechner regierten: das ehemalige Finanzamt in Köthen.
Leerstand, wo einst Tisch- und Taschenrechner regierten: das ehemalige Finanzamt in Köthen. ute nicklisch Lizenz

Köthen - Die Kreisstadt wird nach Lage der Dinge nicht nur eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber erhalten wie bis jetzt vorgesehen, sondern zwei. Darüber informierte Vize-Landrat Bernhard Böddeker im Verlauf einer Bürgerversammlung am Mittwochabend in Bitterfeld.

Dabei, so Böddeker gegenüber der MZ, handele es sich zum einen um die Gemeinschaftsunterkunft, die in Klepzig auf der Freifläche neben dem „Kaufland“-Gelände entstehen soll. Zum anderen sei damit das ehemalige Finanzamt am Holländer Weg gemeint.

Ganz so neu allerdings, wie sich dies auf den ersten Blick anhörte, ist das nicht. Das ehemalige Finanzamt war schon öfter im Gespräch, wenn es um die mögliche Unterbringung von Flüchtlingen ging. Neu ist allerdings, dass das Objekt nunmehr als Gemeinschaftsunterkunft bezeichnet wird. Das Terrain am Holländer Weg war schon im Frühsommer auf die Liste der Stadt Köthen gesetzt worden, als diese Standortuntersuchungen für eventuelle Flüchtlingsunterkünfte in der Kreisstadt vornahm und dabei insgesamt zwölf Areale einer Analyse unterzog.

Die Eignung des Objekts für Flüchtlingszwecke wurde damals mit „sehr gut“ beschrieben; auf fast 29 000 Quadratmetern Fläche finden sich dort drei Baracken, von denen zwei ungenutzt sind. Bauplanungsrechtlich gäbe es mit dem Gelände überhaupt keine Schwierigkeiten, einzige Unwägbarkeit im Frühsommer war die Verfügbarkeit des Geländes. Was nicht wundern muss, denn schließlich befindet sich das Gelände in Privatbesitz.

Objekt soll gekauft werden

Das dürfte sich in Bälde ändern. Auf der Sitzung des Kreistages am 3. Dezember, so Böddeker gegenüber der MZ, solle der Kauf des ehemaligen Finanzamtes thematisiert werden. „Wir wollen das Objekt erwerben“, unterstrich der Vize-Landrat, eben weil das gesamte Gelände für die Unterbringung von Flüchtlingen bestens geeignet sei. Allerdings gebe es noch keine feste Planung. Zum Kaufpreis machte Böddeker keine Angaben, bestätigte aber, dass man darüber hinaus noch weiteres Geld anfassen müsse, um die Unterkunft bewohnbar zu machen. Ziel sei es, dort 180 bis 200 Flüchtlinge unterzubringen.

Erfolgen wird das aber aller Voraussicht nach erst im Jahr 2017. Ganz so weit vorausgeplant hat der Landkreis die Bewältigung des Flüchtlingsproblems zwar noch nicht, aber da man laut Böddeker für 2016 in etwa 3 000 neue Flüchtlinge im Landkreis erwartet, ist der Landkreis zumindest nicht falsch beraten, wenn er auch das folgende Jahr im Blick behält.

Vier geeignete Objekte

Ob dabei die Standortuntersuchung der Stadt Köthen auch über den Holländer Weg hinaus weiterhelfen kann, ist eher zweifelhaft. Unter den zwölf analysierten Objekten befinden sich lediglich vier, wo sowohl Eignung als auch Planungsrecht und geschätzte Baukosten im grünen Bereich liegen. Zwei davon, das Gymnasium Rüsternbreite und das ehemalige Finanzamt, werden bereits zur Unterbringung genutzt bzw. sind in der Planung für eine Nutzung. Das dritte Objekt, für das die Ampel auf Grün stünde, wäre der Jugendklub Enno Sander, der aber komplett aus der Liste herausgefallen ist, weil er an Privat verkauft wurde. Viertes Vorzugsobjekt wäre das einstige Bildungszentrum Anhalt in der Augustenstraße.

Weniger geeignet erscheinen laut Analyse die einstige Soli-Schule in Klepzig, der Halberstädter Bahnhof in der Georgstraße, der Appellplatz auf dem Flugplatz (für die Aufstellung von Containern) sowie Flächen in der Industriestraße, im Wattrelosring, im Damaschkeweg, in der Gnetscher Straße und die ehemalige Getreidewirtschaft in der Merziener Straße. Nicht selten attestiert die Analyse Nachbarschafts- oder Nutzungskonflikte. Und wie schnell das gehen kann, sieht man derzeit in Klepzig. (mz)