Stadtratbeschluss Flüchtlinge in Köthen: Unterkunft am Holländer Weg könnte gebaut werden

Köthen - Mit nur einer Stimme Mehrheit hat der Bau-, Sanierungs- und Umweltausschuss des Köthener Stadtrates auf einer Sondersitzung einem Bauantrag der Landkreisverwaltung die Chance auf Realisierung eröffnet. Der Landkreis hatte vor einigen Monaten einem Bauunternehmen das Gelände des ehemaligen Finanzamtes am Holländer Weg mit dem Gedanken abgekauft, dort möglicherweise eine Einrichtung zur Unterbringung von Flüchtlingen zu installieren.
Inzwischen benötigt der Landkreis aber viel dringlicher Räumlichkeiten für die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) und plant das Objekt dafür zu nutzen.
Das Problem dabei: Über dem Gelände liegt seit 2004 der Bebauungsplan Nr. 9, der das Terrain als Gewerbegebiet klassifiziert. Und dort kann man zwar Gewerbebetriebe aller Art, etwa Lagerhäuser und Verwaltungsgebäude errichten - aber keine Wohnheime.
Landkreis kann Unterkunft für unbegleitete Flüchtlinge bauen
Trotzdem wird der Landkreis dort eine UMA-Unterkunft einrichten können, weil laut Gesetz auch die ausnahmsweise Zulassung von Anlagen für soziale Zwecke in Gewerbegebieten möglich ist. Darüber hinaus hatte der Gesetzgeber 2014 das Baugesetz abgeändert, so dass Flüchtlingsunterkünfte von den Festlegungen des Bebauungsplanes befreit werden können, wenn der B-Plan die Errichtung von Anlagen für soziale Zwecke zulässt.
Letzteres ist beim B-Plan Nr. 9 möglich, hat die Stadtverwaltung festgestellt. Auch greife die geplante Art der Nutzung nicht wesentlich in die Interessen der Planung ein - das Gebiet verliert also nicht den Status eines Gewerbegebiets, „es darf“, präzisierte Baudezernentin Ina Rauer, „durch die Wohnanlage kein Nachteil für die gewerblichen Anlagen entstehen.“
Zum Beispiel, dass die Wirtschaftsunternehmen aufgrund des Vorhandenseins des Wohnheims für einen höheren Lärmschutz sorgen müssten.
Lärmschutz muss dennoch beachtet werden
Allerdings ist das Thema Lärmschutz nicht zu ignorieren, denn das Objekt liegt zum einen dicht am vielbefahrenen Holländer Weg (B 183) - dort kann man laut Kartierung auch nachts von einem Lärmpegel von 55 bis 60 Dezibel ausgehen. Ob vom benachbarten VKK Kesselbau Lärmemissionen ausgingen, könne zur Zeit nicht abgeschätzt werden, heißt es in der Beschlussvorlage.
Daher wurde die Zulassung der Befreiung mit der Auflage verknüpft, der Lärmsituation Rechnung zu tragen - zum Beispiel dadurch, dass alle Schlafräume auf der der Straße abgewandten Seite des Hauses anzuordnen sind oder dass eine Lärmschutzwand errichtet wird.
Das Ganze ist zunächst einmal auf das Jahresende 2019 befristet. Dann nämlich läuft der Passus im Baugesetz wieder aus, wonach man Flüchtlingsunterkünfte und ähnliches in ein Gewerbegebiet bauen darf. (mz)