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Flüchtlinge in Anhalt-Bitterfeld Flüchtlinge in Anhalt-Bitterfeld: Deutschkurse laufen sehr gut

Von Katrin Noack 11.02.2016, 19:30
Daniela Müller unterrichtet derzeit Flüchtlinge in der deutschen Sprache.
Daniela Müller unterrichtet derzeit Flüchtlinge in der deutschen Sprache. Heiko Rebsch Lizenz

Köthen - „Das ist eine Erfolgsgeschichte“, sagt Wolfgang Erbe. Der Fachbereichsleiter Kreisvolkshochschulen (KVHS) beim kreiseigenen Institut für Kultur und Weiterbildung (IKW) ist noch immer beeindruckt von dem, was seine Mitarbeiter in wenigen Monaten auf die Beine gestellt haben. Die KVHS haben die Deutschkurse für die Flüchtlinge im Landkreis koordiniert und zu etwa einem Drittel selbst durchgeführt. Der Belegungsplan für die Räume im KVHS-Haus in Köthen zeigt: „Deutsch für Asylbewerber“ macht die Hälfte aller Kurse pro Woche aus. „Sieben Deutschkurse laufen hier derzeit“, sagt Erbe. Hinzu kommen Kurse in Orten, wo Flüchtlinge leben.

In wenigen Monaten haben die Mitarbeiter der KVHS ein eigenes Programm für Asylbewerber aufgelegt. „Im Oktober ging es los“, erinnert sich der pädagogische Mitarbeiter Andreas Gossert. Zum Glück habe da bereits das reguläre Programm für das neue Semester gestanden. Die Bundesregierung verabschiedete im Oktober ein neues Asylgesetz, in dem es auch um Deutschkurse zur Integration der Flüchtlinge ging. Danach förderte die Bundesagentur für Arbeit Kurse für Flüchtlinge mit einer guten Perspektive zum Bleiben - jene aus Syrien, Irak, Iran und Eritrea. Andere blieben außen vor.

Landkreis will Kurse für alle

Bei einem Flüchtlingsgipfel habe der Landkreis beschlossen, auf eigene Faust auch anderen Asylbewerbern Kurse möglich zu machen, berichtet Erbe. So können zum Beispiel Asylsuchende aus Westafrika Deutsch lernen. In hundert Stunden bekommen sie erste Kenntnisse der Sprache vermittelt und auch eine Orientierung für das Leben hierzulande. Die Kosten trägt der Landkreis. „Es ist unklar, ob wir das vom Land wiederbekommen“, erklärt Bernhard Böddeker, Leiter des zuständigen Dezernats für Sicherheit Ordnung und Kommunales. Wichtig sei, möglichst alle Flüchtlinge unterzubringen, ohne sie doppelt zu verteilen.

Keine leichte Aufgabe, wie Erbe schildert. Für die KVHS-Mitarbeiter sei die Organisation von Deutschkursen etwas Neues gewesen. „Wir wussten nicht, wie wir die Asylbewerber in die Kurse bekommen, wer in welchen Kurs geht oder wer unterrichtet“, nennt Erbe einige Fragen, die es zu klären galt. In Zusammenarbeit mit den anderen Bildungsträgern im Landkreis, Vereinen wie der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft oder Initiativen wie „Willkommen in Köthen“, habe man solche Fragen klären können.

Die Kreisvolkshochschulen (KVHS) in Anhalt-Bitterfeld koordinieren die Organisation und Durchführung aller Deutschkurse im Landkreis. Dabei bekommen die Bildungseinrichtungen Unterstützung von anderen Bildungsträgern, etwa der BVIK, der Dekra Arbeit GmbH, den Euroschulen, dem Bildungs- und Beratungsinstitut (BBI) oder Abasys Bitterfeld.

Die KVHS-Mitarbeiter unterscheiden in die Bundesagentur- und die Landkreiskurse. Die von der Bundesagentur für Arbeit bezahlten Kurse umfassen 320 Unterrichtsstunden und richten sich nur an bestimmte Asylbewerber. Im Landkreis kamen 732 Personen dafür in Frage.

Bisher haben laut Wolfgang Erbe, Leiter des Fachbereichs KVHS, 368 davon einen solchen Kurs absolviert, ein Drittel bei der KVHS. Sie sind bis zum Jahresende 2015 gestartet und laufen noch. Erbe schätzt, dass etwa die Hälfte der Asylsuchenden inzwischen einen Deutschkurs besucht oder besucht hat. Der Anteil der Frauen liege dabei etwas über dem der Männer.

Weil die KVHS und die anderen Bildungsträger nur begrenzt Platz haben, unterrichten die Dozenten auch vor Ort, etwa in der Gemeinschaftsunterkunft Friedersdorf (Gemeinde Muldestausee), in der Sekundarschule Aken, in einer alten Gaststätte im Zerbster Ortsteil Nedlitz, in der Notunterkunft Köthen oder in den Räumen befreundeter Initiativen, etwa bei „Willkommen in Köthen“ in der Schalaunischen Straße.

Die Lehrer für die Deutschkurse fanden die KVHS-Mitarbeiter bei einer Informationsveranstaltung. „Es kamen mehr als 20 Leute, von der Verwaltungsangestellten bis zum pensionierten Deutschlehrer“, berichtet Erbe. Wichtig sei bei den Bewerbern eine hohe soziale Kompetenz und Erfahrung im Unterrichten gewesen. Bei den Inhalten waren die KVHS-Mitarbeiter auch auf sich gestellt: Sie fragten bei Verlagen nach und organisierten Lehrbücher, in denen die Grundlagen für die Verständigung auf Deutsch im Alltag, etwa zum Wohnen, Einkaufen und anderem zu finden waren.

Aufmerksame Schüler

Mit den Kursteilnehmern sind Dozenten und Organisatoren sehr zufrieden. „Unsere Befürchtungen haben sich nicht bestätigt“, betont Erbe. Dozentinnen seien noch nie belästigt worden und es gebe auch keine Unordnung im Haus nach den Kursen. „Sie sind sehr aufmerksam“, beschreibt der Leiter der KVHS Köthen. Das Niveau sei unterschiedlich, denn in einem Kurs sitzen Studienabsolventen wie Analphabeten. „Die Teilnehmer bestimmen das Tempo. Manche lernen sehr schnell“, erklärt Gossert. Es werde nach Volksgruppen unterrichtet, denn dann gebe es immer einen, der den anderen das Gelernte erklären könne.

Inzwischen ist bei den KVHS wieder Ruhe eingekehrt. Die Kurse laufen täglich vor allem am Vormittag und auch das Semester mit dem regulären Programm ist inzwischen gestartet. Erbe sieht seine Mitarbeiter gut aufgestellt für weitere Deutschkurse „Wir machen das, so lange es die Kurse geben soll“, lässt er wissen. Und natürlich haben er und seine Kooperationspartner schon darüber nachgedacht, wie es für die Asylbewerber im Landkreis weitergehen soll. (mz)