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Evangelische Kirche in Osternienburg Evangelische Kirche in Osternienburg: Kugel und Kreuz glänzen wieder

Von Claus Blumstengel 29.08.2013, 19:54
„Bergsteiger“ haben auf den Turm der evangelischen Kirche in Osternienburg die restaurierte Kugel und das Kreuz wieder aufgesetzt.
„Bergsteiger“ haben auf den Turm der evangelischen Kirche in Osternienburg die restaurierte Kugel und das Kreuz wieder aufgesetzt. Heiko Rebsch Lizenz

Osternienburg/MZ - Gebete begleiteten die beiden Industriekletterer Dirk Tanneberg und Maik Jänicke am Dienstag bei ihrer Arbeit an der evangelischen Kirche in Osternienburg. „Ich bitte Gott, dass er auf die Bergsteiger Acht gibt bei ihrer gefährlichen Beschäftigung“, sagte Pfarrer Dankmar Pahlings vor Mitgliedern seiner Gemeinde und weiteren Einwohnern, die alle zur Kirchturmspitze schauten. „Es werden Jahrzehnte vergehen, bis jemand da oben wieder Hand anlegt“, sagte Pahlings voraus. Die Aufgabe von Tanneberg und Jänicke dort oben war denn auch nicht alltäglich: Nachdem sie einen Tag zuvor die in der Kunstschmiede Schönemann in Reppichau restaurierte und neu vergoldete Turmkugel wieder an ihren Platz in 46 Metern Höhe bugsiert hatten, brachten sie darauf nun auch das ebenfalls in neuem Glanz erstrahlende Kreuz an.

Dass bei dem Hagelschlag am 11. September 2011 nicht nur das Schieferdach der Kirche und des Turmes, sondern auch Kugel und Kreuz beschädigt worden waren, hatte zuerst gar niemand bemerkt. Erst bei der Dachreparatur - ebenfalls ausgeführt von der Hannoveraner Spezialfirma Tanneberg - stellten die Industriekletterer die vielen Beulen fest.

30 Jahre ist es her, dass Kugel und Kreuz das letzte Mal für eine Restaurierung bzw. Neuanfertigung vom Turm genommen worden waren. So mancher Einwohner, der das Geschehen am Dienstag gespannt verfolgte, konnte sich noch gut daran erinnern. Am besten wusste aber Albrecht Lepetit Bescheid, der von 1971 bis 1990 Pfarrer in Osternienburg war und den dieses Ereignis in seiner früheren Kirchengemeinde natürlich sehr interessierte. „Damals war es stürmisch, und es hat geschneit“, erinnert er sich. Pfarrer Lepetit staunte über die Lösung mit den „Fassadenkletterern“. „Damals hatten wir ein Gerüst besorgt und Mitglieder der Gemeinde haben es selbst aufgebaut. Aber ein Gerüst in dieser Höhe könnte heute gar niemand mehr bezahlen“, sagte er und ließ etliche schwarz-weiß-Fotos von der Aktion an jenem 9. Dezember 1983 herumgehen. Als die Turmkugel jetzt wieder herunter geholt wurde, wusste der neue Pfarrer natürlich, was sich darin befand: eine Kupfer-Kartusche mit Tageszeitungen, einem Brief an künftige Generationen mit Schilderungen damaliger Ereignisse und Münzen aus beiden deutschen Staaten, aus europäischen Ländern und Japan. „Die hatte ich von einer Reise mitgebracht“, erinnerte sich Pfarrer Lepetit und spricht von einer „sehr schönen Zeit in Osternienburg“.

Auch die neu vergoldete Turmkugel birgt Zeugnisse der heutigen Zeit, neben der MZ, dem Gemeindeboten und Münzen auch einen USB-Stick. „Wer weiß, ob so etwas dann noch in Gebrauch ist, wenn die Kugel das nächste Mal geöffnet wird; denn auch das, was wir für dauerhaft halten, ist oftmals vergänglich. Wie wird die Welt dann aussehen?“, sinnierte Dankmar Pahlings.

Nach anstrengender Arbeit entfernte Maik Jänicke die schützenden Hüllen an Kreuz und Kugel, die nun hell erstrahlten. „Das Kreuz wird weithin zu sehen sein. Es weist auf das Leben und den Tod Jesu hin“, sagte Pfarrer Pahlings. Überhaupt rücke die Kirche jetzt nach dem Abriss alter Gebäude auf dem KfL-Gelände stärker in den Blickpunkt, meinte er. Da komme auch die renovierte Fassade besser zur Geltung.

Mit dem Pfarrer freute sich Ortsbürgermeister Gerd Bartosch über die restaurierte Turmbekrönung. „Die Kirche ist das Wahrzeichen von Osternienburg“, stellte er fest. Schon 1983 hatte Bartosch das Gerüst erklommen und Fotos für den über 400 Seiten umfassenden ersten Teil der Ortschronik gemacht. Dieser Tage ist er wieder auf den Turm gestiegen, um Fotos für den zweiten Band zu schießen, an dem er gerade arbeitet.

Wie Pfarrer Pahlings betonte, ist die Osternienburger Kirche nicht allein Wahrzeichen, sondern Ort der Andacht und der Kultur. Hier erklingen zum Beispiel Bläser-Konzerte zum Advent und jeden November wird das Martinsfest gefeiert. Das nächste Mal treffen sich die Gemeindemitglieder hier am Sonntag, 8. September, um 18 Uhr zum Abendsingen. Zuvor ist das Gotteshaus aber bereits am Sonntag, 1. September um 14.30 Uhr Treffpunkt für eine Rad-Rundreise zu den Kirchen der Parochie.