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Einsatz gegen Schweigen Einsatz gegen Schweigen: Im Köthener Frauenhaus meldeten für 2020 mehr Schutzsuchende als sonst

Von Doreen Hoyer 25.11.2020, 15:55
Edeltraud Krone und Ilona Häckel (v. li.) helfen Frauen in Not und wollen auf den Aktionstag am Mittwoch aufmerksam machen.
Edeltraud Krone und Ilona Häckel (v. li.) helfen Frauen in Not und wollen auf den Aktionstag am Mittwoch aufmerksam machen. Ute Nicklisch

Köthen - „Das Schweigen zu brechen, heißt für uns, dass man sich Hilfe sucht“, sagt Edeltraud Krone. Und Hilfe für Frauen in Not, die gibt es in Köthen. In einer Beratungsstelle und im Frauenschutzhaus, das Edeltraud Krone seit dessen Gründung im Jahr 1994 leitet.

Am Mittwoch, dem 25. November, ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ habe dazu das Motto „Das Schweigen brechen“ ausgegeben, ergänzt Ilona Häckel. Sie ist Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Köthen. Gemeinsam wollen die Frauen einen Beitrag dazu leisten, eben jenes Schweigen zu brechen.

Denn über das Problem häusliche Gewalt zu sprechen, tut Not. Das merkt Edeltraud Krone an den Belegungszahlen im Frauenschutzhaus, das vom Bernburger Verein „Rückenwind“ getragen wird. Im vergangenen Jahr fanden hier zwölf Frauen und zwölf Kinder Unterschlupf. 2020 sind es, Stand diese Woche, bereits 22 Frauen und 28 Kinder.

Über die Gründe für den Anstieg kann nur spekuliert werden

Über die Gründe für den Anstieg kann nur spekuliert werden, aber ein Thema liegt auf der Hand: die Corona-Pandemie. Da seien für viele neue Sorgen entstanden, etwa Angst vor Arbeitslosigkeit, soziale Isolation und Geldprobleme, sagt Edeltraud Krone. „Corona macht die Leute fertig.“ Und dieser Frust berge Gewaltpotential.

War es im Sommer recht ruhig, so seien die Anfragen nach Plätzen im Frauenhaus seit September, Oktober stark gestiegen. Vier Frauen und sechs Kinder können dort gleichzeitig unterkommen. „Wenn alles voll ist, schicken wir aber niemanden weg, sondern vermitteln in andere Einrichtungen.“ Allerdings sei die Nachfrage auch bei anderen Frauenhäusern momentan höher als üblich. Auffällig auch: Blieben die meisten Frauen 2019 sechs bis neun Monate in der Einrichtung, so sind es aktuell bei vielen nur einige Wochen.

„Erstens: Du musst dir das nicht gefallen lassen. Und zweitens: Du bist nicht Schuld.“

Wer Hilfe gegen häusliche Gewalt suche und sich an die Beratungsstelle wende, müsse aber nicht unbedingt ins Frauenhaus ziehen, fügt Ilona Häckel hinzu. Viele Frauen hätten Scheu davor. Aber man könne auch anders helfen. „Wichtig ist: Wir machen niedrigschwellige Angebote.“

So gehe es in der Beratung zunächst darum, die Probleme zu benennen. Darüber nachzudenken, welche Konsequenzen die Situation hat - für die Kinder und für sich selbst. „Was passiert eigentlich mit mir? Darüber muss man sich erstmal klar werden.“

Zwei grundlegende Dinge wolle sie vermitteln, sagt Ilona Häckel. „Erstens: Du musst dir das nicht gefallen lassen. Und zweitens: Du bist nicht Schuld.“

Bislang haben im Köthener Frauenhaus seit dessen Gründung 550 Frauen Schutz gefunden

Viele Frauen nähmen ihre gewalttätigen Partner nämlich in Schutz - sagen, sie hätten die Schläge selbst provoziert. Zwingen, sagt Ilona Häckel, könne und wolle man niemanden. Weder dazu, den Partner zu verlassen noch dazu, ins Frauenhaus zu ziehen. Jede dieser Entscheidungen müsse von den Frauen selbst gewollt werden.

Bislang haben im Köthener Frauenhaus seit dessen Gründung 550 Frauen Schutz gefunden. Genauso viele haben Hilfe über die Beratungsstelle in Anspruch genommen, ohne ins Frauenhaus zu ziehen. (mz)

Die Gleichstellungsbeauftragte ist unter 03496/425356 oder per E-Mail [email protected] zu erreichen. Das Frauenhaus hat die Notrufnummer 0162/8922965.