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Ein Museum zieht aus Ein Museum zieht aus: Räumung der Naumann-Sammlung im Schloss Köthen hat begonnen

Von Stefanie Greiner 14.10.2020, 05:00
Am Montag hat Bernhard Just die ersten Exponate (hier einen Paradiesvogel) aus den Vitrinen des neuen Teils des Museums geholt.
Am Montag hat Bernhard Just die ersten Exponate (hier einen Paradiesvogel) aus den Vitrinen des neuen Teils des Museums geholt. Ute Nicklisch

Köthen - Wie genau das Naumann-Museum aussehen wird, so weit in die Zukunft blicken kann Bernhard Just noch nicht. Zumal keiner weiß, wann es wieder öffnet. Jetzt ist dem Leiter erst einmal wichtig, dass die Sammlung während der Sanierungsarbeiten in einem Depot unterkommt, in dem sie bis zum Wiedereinzug in den Ferdinandsbau des Schlosses bleiben kann.

Bernhard Just steht an einem Tisch im historischen Teil des Museums. Vor ihm eine Kiste mit präparierten Vögeln. Eine Gelbstirn-Amazone. Ein Schönsittich. „Diese Exponate sind historisch nicht so wertvoll“, sagt er. Nicht zuletzt, weil wichtige Daten fehlen. Woher die Vögel stammen. Wie alt die Präparate sind.

Diese Exponate, die bislang im neuen Teil des Naumann-Museums gezeigt wurden, verstaut der Museumsleiter selbst in Kisten. Anders sieht es mit den Vitrinen aus, die hinter ihm stehen.

200 Jahre alte Präparate, die Johann Friedrich Naumann selbst gemacht und datiert hat

Um die kümmert sich eine Spedition für Kulturgut. Was auch nötig ist. Die Vitrinen selbst mit ihren mundgeblasenen Scheiben sind das eine. Das andere sind die wertvollen, 200 Jahre alten Präparate darin. Präparate, die Johann Friedrich Naumann gemacht und datiert hat.

Die Vögel sind mit Eisendraht auf Ästen befestigt. „Eisendraht, der 200 Jahre alt ist, ist spröde. Der bricht“, sagt Bernhard Just. „Man darf diese Kästen also nicht kippen.“ Die Gefahr sei zu groß, dass die Vögel von ihren Ästen fallen würden. Das dürfe nicht passieren. Die Vitrinen müssten mit äußerster Sorgfalt behandelt werden. „Ich vertraue da einfach den Fachleuten“, sagt er.

Die Vitrinen müssen so gerade wie möglich bewegt werden. Was im Museum selbst noch funktionieren dürfte. Sie müssen jedoch vom dritten Stock, wo sich das Naumann-Museum befindet, irgendwie nach unten transportiert werden. Das passiert bei den meisten Vitrinen durch das Fenster. Eine Vitrine macht Bernhard Just große Sorgen. Die mit der Pfauenfamilie. Sie misst 1,60 mal 2,10 Meter und passt nicht hindurch.

Bernhard Just will diese Zeit nutzen, um den Bestand zu digitalisieren

Die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt will das Schloss sanieren lassen. Bis zum 1. Dezember muss Baufreiheit herrschen. Das bedeutet: Die Exponate des Naumann-Museums müssen anderswo unterkommen.

Über Jahre. Bernhard Just will diese Zeit nutzen, um den Bestand zu digitalisieren. Bücher, Zeichnungen, Briefe, Inventurlisten, Rechnungen. Vieles davon ist noch nie richtig gesichtet worden. „Das wird Jahre dauern“, sagt der Museumsleiter. „Das sind tausende Seiten, tausende Briefe.“

Seit 25 Jahren arbeitet Bernhard Just im Naumann-Museum, ist seit zehn Jahren dessen Leiter. Unzählige Dokumente hat er schon studiert und viel über Naumanns Leben herausgefunden. Doch so vieles interessiert ihn noch: Etwa, was Naumann, der Bauer war, angebaut hat. Was Saatgut damals kostete.

Die Vitrinen im ursprünglichen Teil des Naumann-Museums hat Johann Friedrich Naumann 1835 mit seinen Präparaten bestückt und aufgestellt. Dieses Gesamtwerk eines Naturwissenschaftlers am Originalstandort ist weltweit einzigartig.

1980 wurde das Museum nach einer Restauration wiedereröffnet, erweitert um einige Räume.

Jährlich besuchen rund 60 Schulklassen das Museum. Das Interesse auch der erwachsenen Besucher war zuletzt groß. Viele wollten die einzigartige Sammlung noch einmal sehen. In der vergangenen Woche fanden 16 Führungen statt, hinzu kamen zahlreiche Einzelbesucher. Mit Aktionen soll erreicht werden, dass das Museum während seiner Schließung nicht in Vergessenheit gerät.

1835 hat Johann Friedrich Naumann die Vitrinen dort selbst aufgestellt

Wann die Sammlung zurück kann in die Räume im Ferdinandsbau des Schlosses, ist unklar. Auch, wie sich das Naumann-Museum dann präsentiert. Eines steht fest. „Die historische Vogelsammlung wird wieder so hier reinkommen, weil diese 118 Vogelvitrinen als national wertvolles Kulturgut gelten. Nicht nur die Vogelsammlung an sich, sondern die Vogelsammlung in diesen historischen Räumen“, erklärt Bernhard Just.

1835 hat Johann Friedrich Naumann die Vitrinen dort selbst aufgestellt. „Diese Vogelsammlung ist konzipiert für diese Räume.“ Die Vitrinen könnten nirgendwo anders hingestellt werden. Damit wäre das Kulturgut zerstört. (mz)

Diese Vitrinen hat Johann Friedrich Naumann aufgestellt.
Diese Vitrinen hat Johann Friedrich Naumann aufgestellt.
Ute Nicklisch
Der Auszug dieser Vitrine wird besonders schwierig.
Der Auszug dieser Vitrine wird besonders schwierig.
Ute Nicklisch