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Kritik an Supermarktplänen Edeka in Köthen: Gegenwind von Anwohnern und Stadträten - Kommt Vollsortimenter doch nicht?

Von Matthias Bartl 24.11.2016, 10:40
Modell des Vollsortimenters: Blick von der Halleschen Straße.
Modell des Vollsortimenters: Blick von der Halleschen Straße. Investor

Köthen - Eigentlich soll man ja Stadtratsentscheidungen nicht vorgreifen, aber in diesem Fall kann man sich durchaus mal als Pythia versuchen und darauf wetten, dass das Quartier in der Halleschen Straße je nach Einstellung und Sichtweise als Rattenburg, als Filetstück oder als grüne Lunge tituliert, das also dieses ehemalige BMK-Grundstück niemals einen Vollsortimenter sehen wird.

Anders kann man die Reaktionen auf der Informationsveranstaltung am Dienstagabend im Köthener Ratssaal nicht deuten. Sowohl, was die Ablehnung der Nachbarschaft in Eduard- und Aribertstraße angeht, als auch die eher durchwachsene bis konträre Position, die von anwesenden Stadträten deutlich gemacht wurde.

Und auch Oberbürgermeister Bernd Hauschild ließ durchblicken, dass ein Einkaufszentrum in der geplanten Form bei ihm, sagen wir mal, nicht gerade offene Ohren finden würde: „Mich“, so Hauschild gegenüber der MZ, „haben die Herren nicht überzeugt.“

Investoren hatten Baupläne für Edeka-Vollsortimenter noch einmal geändert

Dabei gaben sich die Investorenvertreter Peter Kuttner (Industriebau Wernigerode), Reinwald Bechler (Bechler-Immobilien Zerbst) und Stefan Wohlrab (Ingenieurplanungsgesellschaft Wohlrab und Landeck Aschersleben) alle Mühe, den Anwesenden das Projekt schmackhaft zu machen, zumal es im Unterschied zur Vorlage 2015 planerisch stark verändert worden war, wie Bauingenieur Stefan Wohlrab im Detail noch einmal sehr ausführlich deutlich machte.

Der Bau mit seinen 1.400 bis 1.600 Quadratmetern Verkaufsfläche war direkt an die Hallesche Straße heran und damit von den Hinterhöfen der Aribertstraße weggerückt worden.

Man hatte mit Edeka - dem potentiellen Betreiber des Vollsortimenters - abgeklärt, dass erst ab 6 Uhr beliefert werden darf. Außerdem soll die Anfahrt auf Bitumen und nicht auf Pflaster erfolgen.

Weniger Parkplätze, mehr Grünflächen für Edeka-Supermarkt

Ursprünglich waren 100 Parkplätze geplant. Davon hat man 20 weggestrichen („Und Parkplätze sind im Einzelhandel wie Gold.“ - O-Tun Peter Kuttner), um dafür den Grüngürtel zwischen Markt und Wohnbebauung zu vergrößern. Dieser Grüngürtel würde aus Bäumen und besonders dichten Hecken bestehen und gleichzeitig als Sichtschutz wirken.

Die Planungen wurden dahingehend geändert, dass die Anlieferzone überdacht sein würde, um die Ausbreitung des Schalls weiter zu verringern. Als weitere Lärmschutzmaßnahme war das Aufstellen von Gabionenwänden geplant. Gabionen sind Drahtkörbe, die mit Steinen gefüllt werden. In diesem Fall sollte es gebrochenes Gestein sein, weil dieses Schall besser bricht als glatte Flächen.

Anwohner fragen: „Brauchen wir überhaupt einen Vollsortimenter?“

Dass die Änderungen nicht die rechte Wirkung bei den durch Nähe Betroffenen entfaltete, mussten die Investoren aber bald merken. Die Entfernung der Anlieferzone von den Grundstücken der Eduardstraße war der erste ernsthafte Nachfragepunkt, danach wurde es schnell grundsätzlich. „Brauchen wir überhaupt einen Vollsortimenter?“, fragte beispielsweise Pfarrer Wolfram Hädicke, der ebenfalls die Verkehrssituation als Hürde anführte.

Man müsse mit einem enormen Zuwachs an Verkehr rechnen. Er hatte erwartet, dass die Präsentation der Investoren dieses Problem flankierend aufgegriffen hätte. Muss sie nicht, wehrte Baudezernentin Ina Rauer ab: „Wir sind noch ganz am Anfang“, unterstrich sie und wies darauf hin, dass man in Anerkennung der Probleme mit dem Grundstück ein B-Plan-Verfahren eröffnet habe - „in dem eben alle kritischen Fragen geklärt werden, wie Lärm und Verkehr auch“.

Edeka-Vollsortimenter als „Monstermarkt“?: Gegner kritisieren „ökologische Vergewaltigung“

Und Fragen der Begrünung: Auch das war ein Argument der Supermarktgegner - das durch den Bau einen „grüne Lunge“ zerstört würde, von „ökologischer Vergewaltigung“ und „Monstermarkt“ war gar die Rede, von großflächiger Versiegelung, die vermieden werden müsse.

Soll auf dem ehemaligen BMK-Gelände ein Vollsortimenter gebaut werden?

Ja 0137/20 100 41

Nein 0137/20 100 42

Die Mitteldeutsche Zeitung bietet Ihnen die Möglichkeit, am Donnerstag zwischen 7 Uhr und 18 Uhr telefonisch abzustimmen.

14 Cent pro Anruf (Mobilfunk abweichend)

Darüber hinaus wurden nicht zuletzt von Stadträtin Christina Buchheim (Linke) negative Folgen für die benachbarte Kleine Wallstraße als Einkaufsstraße prognostiziert - da half auch nicht Bechlers Versicherung, Edeka wolle den NP-Markt in der Kleinen Wallstraße auf alle Fälle halten.

Als Discounter unterscheidet sich dieser auch stark von einem Vollsortimenter, der ein wesentlich breiteres Spektrum an Lebensmitteln anbietet, dazu Frischemarkt und Backshop - weshalb die Investoren auch sehr zuversichtlich waren, dass es für den Markt hinreichend Kundschaft geben würde.

Das Ende der Veranstaltung war zwar noch nicht das Ende aller Pläne, aber ob von diesem Punkt weit entfernt ist? OB Hauschild jedenfalls präferierte altersgerechtes Wohnen auf dem Terrain - allerdings hatte man diese Variante auch schon mal durchgerechnet und als nicht wirtschaftlich abgelegt. Aber vielleicht rechnet man ja noch einmal neu... (mz)