Die Zweifel sind Geschichte
KÖTHEN/MZ. - "Ich möchte Sie ganz herzlich als homöopathischen Arzt begrüßen", lauten dessen Worte. Für etwas mehr Lokalkolorit im Hahnemannhaus bringt Kurt-Jürgen Zander Donnerstagvormittag einige Stiche über die Stadt mit, die er sich gut in der homöopathischen Praxis in der Wallstraße 47 vorstellen könnte. Und der Arzt Laurentius kann dies auch.
Seit Anfang Mai schon hält er seine Sprechstunde ab. Feste Öffnungszeiten gibt es keine. Wer den Rat des Homöopathen sucht, muss sich telefonisch anmelden. Das versetze ihn, Laurentius, in die Lage, besonders bedarfsgerecht zu arbeiten, wie er sagt. Mittwoch und Donnerstag gehören vorzugsweise der Köthener Praxis. Der Rest der Woche jener in Berlin. Mehr Abwechslung könne er sich gar nicht vorstellen, lacht Laurentius und schildert, dass die in der Millionenstadt lebenden Menschen durchaus andere Beschwerden hätten als jene in Köthen und Umgebung. Sogar die Medikamente würden hier und da andere Wirkmechanismen zeigen. Der 44-jährige vierfache Vater und Ehemann einer homöopathischen Heilpraktikerin kann sich das nur schwer erklären; es könnte etwas mit "entschleunigter Lebensweise" zu tun haben. Aber Genaues wisse er eben auch nicht.
Gerade das empfindet der in Neustadt an der Weinstraße geborene Arzt offenkundig als besonderen Reiz seiner Tätigkeit: "Es ist jedes Mal spannend zu sehen, wie ein Medikament wirkt."
Und diese Erfahrungen im ehemaligen Wohnhaus von Samuel Hahnemann, das dieser im Jahr 1821 gekauft hatte, machen zu dürfen, freue ihn besonders. "Es ist wunderbar, in diesen bedeutsamen Räumen zu arbeiten." Ein "Luxusgeschenk, das man nicht in Gold aufwiegen kann", sagt er. "Es wäre traurig gewesen, wenn es an der Geburtsstätte der Homöopathie keinen praktizierenden homöopathischen Arzt gegeben hätte."
Auch wenn Laurentius anfangs "gewisse Zweifel" hat, die Köthener Praxis seiner Schwiegermutter Martha Schütte zu übernehmen, die 82-jährig im März vergangenen Jahres aufgehört hatte zu praktizieren, so gebe ihm die hohe Akzeptanz letztlich Recht, dass es gut gewesen ist, sich dafür zu entscheiden. Es sei gleichermaßen erstaunlich wie faszinierend, wie groß der Zuspruch ausfalle. Vom Azubi bis zur 90-Jährigen - alle kämen sie und würden dabei nicht selten weite Wege auf sich nehmen.
Der Einzugsbereich der Wallstraßen-Praxis liegt nach Aussage von Laurentius, der seit November als 1. Vorsitzender der in Detmold ansässigen Hahnemann-Gesellschaft fungiert, bei rund 150 Kilometern. "Theoretisch", gibt er zu, "könnte ich fünf Tage die Woche hier praktizieren." Langweilen würde er sich vermutlich nicht eine Sekunde.
Zander, der Laurentius nicht zuletzt als wichtigen Baustein im Köthener Gesamtkonzept unter dem Motto "Homöopathie als Entwicklungskraft" zur Internationalen Bauausstellung 2010 sieht, vermisst bei seinem "Antrittsbesuch" in der homöopathischen Praxis vor allem "die ganzen Untersuchungsinstrumente", gibt das Stadtoberhaupt den unbedarften Besucher. Laurentius hat außer einem Stethoskop keine, braucht für seine Arbeit auch keine, wie er betont. Im Mittelpunkt des Raumes: ein schlichter Tisch mit gläserner Platte, Stühle, ein Schrank, eine Kommode - irgendwann Arzt und Patient im intensiven Zwiegespräch.
Laurentius kommt während seines Studiums zum ersten Mal mit der Homöopathie in Berührung, ist skeptisch und steht dem Thema zunächst äußerst kritisch gegenüber. Er weiß jedoch: "Wenn man es einmal erlebt hat, kann man von der Therapieform nicht mehr lassen."