Corona-Regeln im Visier Corona-Regeln im Visier: Köthener Ordnungsamt länger und mit mehr Personal im Einsatz

Köthen - Der Mann auf der Kirchenmauer von St. Jakob setzt eine ungläubige Miene auf und schaut auf seinen Kaffeebecher. Gerade hat ihm Holger Broszat eröffnet, dass er an dieser Stelle nicht sitzen dürfe.
Mindestens 50 Meter muss man vom Imbiss entfernt sein, ehe man das verzehren darf, was man in ebenjenem Imbiss gerade erworben hat: In Zeiten von Corona gelten Regeln, von denen manch einer noch nie gehört hat. Und es gehört zu den Aufgaben von Mitarbeitern des Ordnungsamtes wie Holger Broszat in Köthen, auf die Einhaltung genau dieser Regeln zu achten.
Seit nahezu 14 Tagen, seit dem 23. März, geschieht das in erweiterter Form. „Wir sind derzeit an Wochentagen von 8 bis 22 Uhr unterwegs“, sagt Daniela Winzer vom Köthener Ordnungsamt. Die Mannschaft, die mit Mitarbeitern aus anderen Bereichen der Stadtverwaltung verstärkt wurde, ist in zwei Teams zu je vier Personen eingeteilt, die eine Früh- und eine Spätschicht absichern.
Überwiegende Zahl der Köthener hat die Corona-Regeln verinnerlicht
„Team Ost und Team West“, beschreibt Winzer die territoriale Gliederung der Kontrollfläche. Die Hallesche Straße ist faktisch die Grenze zwischen den beiden Zuständigkeitsgebieten. „Und auch die Ortschaften zählen dazu“, so Winzer.
Die bislang eine durchaus positive Bilanz ziehen kann. Denn die überwiegende Zahl der Köthener hat die Corona-Regeln verinnerlicht und handelt auch danach. Das kann man auch bei der mittäglichen Kontrollrunde mit Broszat, Winzer und Cynthia Freund durch die Köthener Innenstadt schnell erkennen.
Die Vorschriften werden eingehalten. Bei Rossmann steht direkt hinter dem Eingang eine Mitarbeiterin, die die Einkaufskörbe desinfiziert, an den Türen anderer Läden sind die im Laden einzuhaltenden Verhaltensmaßregeln aufgelistet, die Läden, die geschlossen bleiben müssen, sind geschlossen. „Dabei muss man allerdings immer auf dem Laufenden bleiben“, sagt Daniela Winzer, „da es immer wieder Präzisierungen und Änderungen gibt.“
Auf dem Wochenmarkt hat man die Stellplätze der Stände verändert
Zunächst durften beispielsweise Friseurgeschäfte geöffnet bleiben, Kosmetikstudios aber nicht. Dann mussten auch die Friseure dichtmachen, andere, bereits geschlossene Geschäfte wiederum konnten nachweisen, dass sie zu 25 Prozent „lebensnotwendige Waren“ im Angebot haben und daher wieder öffnen. „Es gibt jeden Tag Infos.“ Diese kommen zum Beispiel über eine so genannte Signalgruppe per Whatsapp zu denjenigen, die danach handeln müssen. Auch beim Schichtwechsel wird kommuniziert, was an Beachtenswertem dazugekommen ist - ob nun per Verordnung oder als praktische Erkenntnis.
Die Folgen jedenfalls sind immer praktischer Natur. Auf dem Wochenmarkt hat man die Stellplätze der Stände so verändert, dass zwischen ihnen nicht nur mehr Abstand ist; auch die Abstände der Kunden untereinander in der Warteschlange vor der Feldküche etwa sind genau definiert worden.
„Wir haben am Mittwoch Markierungen aufs Pflaster geklebt, damit jeder weiß, wo er zu stehen hat“
„Wir haben am Mittwoch Markierungen aufs Pflaster geklebt, damit jeder weiß, wo er zu stehen hat“, sagt Daniela Winzer. Mancher mag da mit dem Kopf geschüttelt haben, aber solche optischen Hilfen seien notwendig, haben die Mitarbeiter des Ordnungsamtes festgestellt, um die Einhaltung der Distanzen zu erleichtern. „Oft rückt man schlicht aus Unaufmerksamkeit sich zu dicht auf die Pelle“, sagt Daniela Winzer.
Die allerdings auch nicht unterschlägt, dass es Ausnahmen von der Regel der Vernunft gibt. Am Wochenende hatte man mit Amtshilfe der Polizei eine größere Menschenansammlung (ab drei Personen, wenn es sich nicht um Familienmitglieder handelt) im Friedenspark auflösen müssen und auch auf dem Marktplatz war schon einmal uniformierte Unterstützung vonnöten. Vorkommnisse werden dokumentiert und festgestellte Ordnungswidrigkeiten an den Landkreis weitergeleitet.
In der Regel aber auch größere Gruppen einsichtig
„Wir hatten da schon einige“, so Winzer, „auch einige im Zusammenhang mit Corona.“ In der Regel aber sind auch größere Gruppen einsichtig genug, auf die Weisungen der Ordnungsämtler zu hören: Am Mittwoch hat Holger Broszat in der Rüsternbreite hinter einem Supermarkt sieben Leute vorgefunden, „die einen trinken wollten“. Broszat hat sie nach Hause geschickt - ganz unspektakulär, aber wirksam.
Unspektakulär läuft auch die Runde durch die Innenstadt ab. Was Daniela Winzer mit Befriedigung vermerkt. „So soll es ja auch sein“, meint sie. Selbst der Umstand, dass eigentlich eine ganze Menge Leute unterwegs sind. Das liegt wohl nicht nur an der Frühlingssonne, sondern auch daran, „weil es Geld gab“.
Übrigens: Wer denkt, dass sich die Mitarbeiter des Ordnungsamtes in den Zeiten von Corona nicht um ihre alltäglichen Aufgaben kümmern, könnte eine böse Überraschung erleben. „Wenn jemand im Halteverbot parkt oder unberechtigt auf einem Behindertenparkplatz“, sagt Daniela Winzer, „dann ignorieren wir das mit Sicherheit nicht.“ Dann gibt es das übliche „Knöllchen“ - was man derzeit schon fast mit Erleichterung zur Kenntnis nimmt. Als Zeichen dafür, dass nicht alle Normalität verschwunden ist. (mz)