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Rennopa aus Leidenschaft Classic Cup in Köthen: Dieser Akener fährt noch mit 80 Jahren Motorrad

Von Matthias Bartl 08.10.2016, 10:00
Horst Kaseler aus Aken hat mit seiner BMW R 90 S am Classic Cup 2016 in Köthen teilgenommen.
Horst Kaseler aus Aken hat mit seiner BMW R 90 S am Classic Cup 2016 in Köthen teilgenommen. Heiko Rebsch

Köthen - Wenn jemand auf einer BMW angefahren kommt, erscheint er in einer - sagen wir mal - sehr jugendlichen Geräuschkulisse. Umso mehr reißt man die Augen auf, wenn der Pilot auf dem Boliden das Visier des Integralhelms nach oben schiebt, den Kopfschutz mühsam über die Schläfen nach oben drückt - und das lebenserfahrene Gesicht eines weißhaarigen Mannes erscheint, der nicht mehr so ganz dem entspricht, was man auf den Titelbildern von Biker-Magazinen zu sehen bekommt.

Mit elf Jahren zum ersten Mal Motorrad gefahren

Horst Kaseler ist 80 Jahre alt. Und pfeift drauf. Denn der Akener Kaseler ist seit so vielen Jahrzehnten mit dem Motorradfahren, dem Motorradsport verwoben, dass er davon nicht lassen kann, auch wenn es manchmal hie und da zwickt. Als er elf Jahre alt war, sagt er, habe er zum ersten Mal ein Motorrad gesteuert. „Und dann bin nicht mehr davon losgekommen.“ Mit 16 rang er seinen Eltern die Erlaubnis ab, den Motorradführerschein abzulegen.

Beim Classic Cup in Köthen hat Horst Kaseler in seiner Rennklasse den 7. Platz belegt - aber von der Platzierung hat er den Spaß am Fahren noch nie abhängig gemacht. Sonst hätte er nämlich schon längst aufhören müssen. Etwa in den 50er Jahren, als Kaseler noch im Westen arbeitete, als Maschinist auf einem Rheintanker. „Da hatte ich mein Motorrad immer mit an Bord und wenn wir anlegten, wo es in der Nähe Clubrennen in nationaler Lizenz gab, bin ich hingefahren und habe mitgemacht, auf dem Nürburgring, dem Hockenheimring, in St. Wendel“, erinnert er sich. Dass er dabei gegen die Werksfahrer nichts gewinnen konnte, war ihm klar, aber auch egal. „Fürs Treppchen hätte ich ganz andere Maschinen haben müssen.“

Wie der Akener dank Freunden an seine erste Westmaschine kam

Apropos Maschine: Kaseler ist immer BMW gefahren. Die erste hat er sich von dem Geld gekauft, das er auf dem Rhein verdient hat, und wie er an die R 90 S, gekommen ist, auf der er in Köthen an den Start ging, das ist eine ganz und gar schräge Geschichte. „Sie ist Baujahr 73 und ich bin der Erstbesitzer“, sagt Kaseler und grinst. Wie das für einen DDR-Bürger möglich wurde? Kaseler war auf Besucherreise in der BRD.

Sah die Maschine, von der nur eine geringe Stückzahl produziert worden war, und wollte sie unbedingt haben. „Aber wie ohne Westgeld?“ Gut, dass er im Westen noch Kumpels hatte. „Die haben mir die 9.900 D-Mark geliehen und ich hatte zehn Jahre Zeit, es ihnen zurückzuzahlen.“ Wo es ging, hat Horst Kaseler danach Ost gegen West getauscht; im Kurs 1:4, 1:5. „Am Ende habe ich 67.000 Ostmark für die BMW bezahlt“, weiß er noch.

Viele Umstände für das Traummotorrad

Darin waren auch die 2.500 D-Mark enthalten, die Kaseler der DDR noch an Schenkungsgebühren für die Maschine zahlen musste. „Bis zum Außenhandelsministerium nach Berlin bin ich deswegen gefahren, habe allerlei Beurteilungen mitbringen müssen, von ADMV, vom FDGB, vom Betrieb - aber am Ende durfte ich ein Motorrad aus der Bundesrepublik geschenkt bekommen. Aber eben nicht umsonst.“ Kein Wunder, dass Horst Kaseler zu dieser Maschine (mit den seltenen Alufelgen) ein ganz besonderes Verhältnis hat - man sieht ihr das Alter nicht an, was dann auch wieder zum Fahrer passt.

Nach seinen neun Jahren im Westen war der Akener im Jahr 1961 wieder in seine alte Heimat zurückgekehrt, der Liebe wegen. Hat hier in verschiedenen Betrieben gearbeitet und immer Kontakt zum Motorsport gehalten. „Im Einspritzgerätewerk habe ich in den 60er Jahre eine K-Wagen-Truppe aufgebaut, die dann auch auf dem Scherbelberg in Köthen Rennen gefahren ist.“

Kaseler ist Fahrerbetreuer für japanische Renntalente

Auch wenn Kaseler überzeugter BMW-Fahrer ist, so hat er doch bei Yamaha eine Aufgabe. Seit 1992 ist er bei den Japanern Fahrerbetreuer im R6-Cup, wo Yamaha seine Nachwuchsfahrer testet. „Die jungen Burschen brauchen Betreuung“, weiß der Akener. Für den das Beisammensein mit den Jungen aber auch ein Jungbrunnen ist. Und der sich möglichst fit hält: „Ich habe mir zu Hause eine Muckibude eingerichtet“, sagt er.

Seine Frau Karin war übrigens über viele Jahre hinweg immer dabei, wenn Horst Kaseler mit dem Motorrad zu Rennen oder Treffen gefahren ist. „1994 war dann für sie Schluss mit den Lederklamotten“, sagt Kaseler. Bei ihm wird man darauf garantiert lange warten können. (mz)