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Campingwagen für die Handschuhs

Von Helmut Dawal 29.07.2008, 16:57

Aken/MZ. - Die Familie war am frühen Morgen in Oberwiesenthal aufgebrochen, um erstmals in den Landkreis Anhalt-Bitterfeld zu fahren. Dazu eingeladen hatte Jochen Nöske, der Betreiber des Seebades.

Und Geschäftsmann Nöske, der nicht nur wirtschaftlich denkt, sondern auch eine stark ausgeprägte soziale Ader hat, bereitete der kinderreichen Familie eine große Freude. Die Handschuhs konnten einen Campingwagen übernehmen und haben nun als Dauercamper ein Dach über dem Kopf. Steffen Handschuh war sprachlos. "In dem Wagen ist alles drin, was man so braucht. Meine Kinder haben ihn gleich in Beschlag genommen", sagte der Familienvater.

Jochen Nöske war im Falle des Campingwagens der Vermittler. Denn bislang gehörte der Wagen Ruth Wiesmann, die auf dem Campingplatz liebevoll "Tante Ruth" genannt wird. Frau Wiesmann wohnt in Wolfen-Nord. Fast 40 Jahre lang war sie gemeinsam mit ihrem Mann Dauergast auf dem Campingplatz. Ihr Mann verstarb vor einigen Jahren, und jetzt wollte die Seniorin aus gesundheitlichen Gründen das Dauercampen aufgeben. Ursprünglich sollte das Campingdomizil verkauft werden. Im Gespräch mit Jochen Nöske entschied sich Ruth Wiesmann dann aber, den Wagen der Familie Handschuh zu überlassen. Angelika Goßler, eine Nichte von Ruth Wiesmann, händigte am Dienstag den Schlüssel an Steffen Handschuh aus, der sich dafür herzlich bedankte. "Meine Tante wäre gern selbst gekommen, aber ihr macht die Hitze zu schaffen", berichtete Frau Goßler.

Die Handschuhs wohnen erst seit wenigen Tagen in Oberwiesenthal. Zuvor lebte die Familie in einem Hochhaus in Leipzig-Schönfeld in der 14. Etage. Hier hatte es immer mal Ärger mit anderen Hausbewohnern gegeben, die Nachbarn waren vom Trubel, der von einer Großfamilie ausgeht, genervt. Steffen Handschuh nahm zwar auf seine Sprösslinge Einfluss, "doch Kinder gehen eine Treppe nun mal nicht leise hinab", erzählte er. Der Vater wurde vom Vermieter abgemahnt und sah sich schon gedanklich vor dem Problem, nach einer anderen Wohnung suchen zu müssen.

In dieser Situation lernte Steffen Handschuh den Hotelier Jochen Nöske kennen. Handschuh war auf einer Tourismus-Messe, suchte nach einem preisgünstigen Winterurlaub im Erzgebirge und wurde bei Nöske fündig. Der Geschäftsmann erfuhr von den Sorgen des Leipzigers und fand schließlich auch eine Lösung. Der Oberwiesenthaler Hörnerschlittenverein hat in seinem Haus Platz - die erste Etage wurde für die Familie hergerichtet. Sie hat jetzt eine 180 Quadratmeter große Wohnung mit sieben Zimmern. Vor wenigen Tagen zogen die Leipziger in ihr neues Domizil um. Mehrere Fernsehsender berichteten darüber.

Steffen Handschuh, 48 Jahre alt, hatte in seinem Leben nicht immer das Glück auf seiner Seite. Die Ehe mit seiner Frau ging in die Brüche. Bei der Scheidung machte das Paar mit den Kindern halbe halbe, doch die Ex-Frau war mit den vier Kindern überfordert, so dass der Vater die Kleinen wieder bei sich aufnahm. Auch die Gesundheit machte dem gelernten Graveur zu schaffen. Wegen eines Rückenleidens wurde er arbeitsuntauglich und ist jetzt Frührentner. Einen Job hat er dennoch, nämlich den des Familienvaters. "Einkaufen, Essen kochen, Wäsche waschen, die Kinder betreuen, bei den Hausaufgaben helfen, es gibt den ganzen Tag genug zu tun", sagte er.

Jetzt verbringt die Großfamilie ein paar Tage am Akazienteich. Kaum angekommen, waren die größeren Kinder schon verschwunden, um Strand und Campingplatz zu erkunden und zu baden. Steffen Handschuh kümmerte sich derweil um seine jüngste Tochter, die zweijährige Vivian. "Ich habe schnell festgestellt, dass er mit viel Hingabe seine Kinder versorgt. Das gab für mich den Ausschlag, ihm zu helfen", sagte Jochen Nöske. Dafür habe er viele Geschäftsfreunde, die Vereinsmitglieder und die Stadtverwaltung Oberwiesenthal gewinnen können. Auch die Dauercamper vom Akazienteich hätten große Anteilnahme an der Großfamilie gezeigt.