1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Bohrung an der Hohen Brücke: Bohrung an der Hohen Brücke: Sanierung des Köthener Bahnhofes wirft Schatten voraus

Bohrung an der Hohen Brücke Bohrung an der Hohen Brücke: Sanierung des Köthener Bahnhofes wirft Schatten voraus

Von Karl Ebert 25.01.2019, 06:00
Langsam, aber stetig dreht sich der Bohrer in die Straße und die darunter liegenden Schichten.
Langsam, aber stetig dreht sich der Bohrer in die Straße und die darunter liegenden Schichten. Ute Nicklisch

Köthen - Aus einer Höhe von etwa fünf Metern senkt sich der Bohrer auf den Asphaltbelag der Straße. Geräteführer Harald Georgius von der Firma BOG Bohr- und Umwelttechnik aus dem thüringischen Caaschwitz bedient einen weiteren Hebel an seinem Hydraulikpult und wenige Sekunden später hat der Bohrer die Deckschicht durchbrochen und gräbt sich weiter ins Erdreich. Je tiefer er kommt, um so deutlicher werden die Erschütterungen, die auf dem Gehweg der Hohen Brücke in Köthen zu spüren sind. So, als wäre ein Erdbeben im Anmarsch.

Ganz so schlimm ist es natürlich nicht. Die Deutsche Bahn will ab Juni den Bahnhof Köthen umfangreich sanieren. Und um das möglichst ohne im Untergrund lauernde Gefahren machen zu können, brauchen die Experten die Ergebnisse von Baugrunduntersuchungen. „Wir führen Kernbohrungen bis zu 28 Metern Tiefe durch.

Die entnommenen Proben von einem Meter Länge packen wir dann in Holzkisten und transportieren sie dann in unsere Firma“, erzählt Harald Georgius, der gemeinsam mit seinem Kollegen Sven Hebel drei Wochen lang rund um die Hohe Brücke zu tun haben wird.

Georgius und Hebel arbeiten von Montag bis Donnerstag in Zwölf-Stunden-Schichten

„Wir führen vier Bohrungen durch. Zwei auf der Fahrbahnseite stadtauswärts, eine stadteinwärts und eine weitere an der Straße in Richtung Dessau. Für eine Bohrung benötigen wir ungefähr zwei Tage“, sagt Georgius. Warum aber dann die drei Wochen Vollsperrung für den Verkehr in Richtung Köthener Innenstadt?

„Die Bohrungen sind nicht unbedingt die Arbeit, die am meisten Zeit umfassen“, sagt Georgius. Er und sein Kollege Hebel, die in den nächsten drei Wochen in Köthen arbeiten werden, müssen auch ihr Arbeitsfeld absperren und sichern. Sie müssen für jedes einzelne Bohrloch ihre komplette Technik, bestehend aus einem tonnenschweren auf Ketten fahrenden Bohrer, einem Lkw und einem Kleintransporter, Stück für Stück umsetzen.

Und nicht zuletzt fahren sie die entnommenen Proben selbst in die Firma nach Caaschwitz. Georgius und Hebel arbeiten von Montag bis Donnerstag täglich von 7 bis 19 Uhr zwölf Stunden durch. Sie übernachten in einem Hotel. Und haben dafür den Freitag als Ruhetag. „Wir sind das ganze Jahr unterwegs. Diese Arbeiten sind nichts Außergewöhnliches für uns“, erzählt Georgius.

Bodenproben geben Aufschluss darüber, welche Beschaffenheit der Baugrund hat

Die Bodenproben, die Georgius und sein Kollege in Köthen entnehmen, werden in Caaschwitz ausgewertet. Sie geben Aufschluss darüber, welche Beschaffenheit der Baugrund hat, mit welchen Materialien später gebaut und mit welcher Technik gearbeitet werden kann. In Thüringen wird auch entschieden, wie weiter mit dem ausgehobenen Erdschichten verfahren wird.

Welche Proben bekommen die Fachleute von der vgs InGeo GmbH, einem Ingenieurbüro für Geotechnik aus Erfurt, zu weitergehenden Untersuchungen? „Und welche Proben werden eingelagert, mindestens bis die Bauarbeiten in Köthen beendet sind oder vielleicht auch noch länger“, erklärt Georgius. „Denn wenn es während der Arbeiten Probleme gibt, können die Verantwortlichen sofort nachschauen, was die Ursache dafür sein könnte.“

Der größte Gegner der beiden Bohrspezialisten ist derzeit der Frost

Der größte Gegner der beiden Bohrspezialisten ist derzeit der Frost. „Wenn wir morgens auf die Baustelle kommen, verbringen wir erst einmal viel Zeit damit, unsere eingefrorenen Geräte zu enteisen und aufzutauen. Im Moment funktioniert das alles auch noch, aber ab minus 15 Grad unter Null dreht sich kein Rad mehr“, erklärt Georgius.

Nicht nur ein Auge haben er und sein Arbeitskollege immer auf den laufenden Verkehr, der an ihrer Baustelle vorbeifährt. 50 Kilometer pro Stunde stadtauswärts sind erlaubt, die meisten drosseln ihre Geschwindigkeit sogar noch weiter. Doch für den blau-silbernen Passat mit Kennzeichen LSA..., der am Dienstagmittag mit 70 Sachen ohne Notsignal vorbeiraste oder den VW-Bus aus Erfurt, der sich stadteinwärts als Geisterfahrer betätigte, haben sie kein Verständnis. (mz)

Die Männer von der BOG Bohr- und Umwelttechnik Caaschwitz, die zur Zeit an der Hohen Brücke Bohrungen durchführen, sind keine heurigen Hasen in diesem Geschäft.

Die Thüringer suchten nach dem Erdrutsch 2017 am Rastatter Tunnel mit nach den Ursachen für die Gleisverwerfungen. Sie werden vor Tunnelbauten auf Autobahnen in ganz Deutschland ebenso gerufen wie vor dem Neubau von ICE-Strecken der Bahn.

Sogar in Rumänien, Polen und Österreich waren Harald Georgius und seine Kollegen bereits im Einsatz. Bekannte Autobahnröhren wie den Jagdbergtunnel auf der A4 bei Jena oder den Schmücketunnel auf der A71 bei Heldrungen haben sie mitgebohrt.

Harald Georgius (li.) und Sven Nebel bohren auf der Hohen Brücke in Köthen.
Harald Georgius (li.) und Sven Nebel bohren auf der Hohen Brücke in Köthen.
Nicklisch
Die Bohrproben werden gekennzeichnet und in Kisten verpackt.
Die Bohrproben werden gekennzeichnet und in Kisten verpackt.
Ute Nicklisch