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Blumensträuße im Sprechzimmer

Von WLADIMIR KLESCHTSCHOW 31.03.2009, 16:33

KÖTHEN/MZ. - Der Anlass für den regen Verkehr: eine kleine Verabschiedungsfeier für Dr. Karin Rubach. Nach ihrer 42-jährigen medizinischen Tätigkeit hält die Fachärztin für Allgemeinmedizin die Zeit für gekommen, aus dem Beruf auszusteigen.

"Mein ganzes Leben war bisher die Praxis", sagt die 1942 Geborene. "Fragen Sie aber nicht, was ich im Ruhestand vorhabe. Genau kann ich das sowieso noch nicht sagen. Ich lasse das auf mich einfach herankommen."

Dass Frau Rubach einst nach Köthen kam, war eigentlich ein Zufall, der so eigentlich nicht willkommen war. Nach einem Studium an der Humboldt-Uni in Berlin kam sie gemeinsam mit ihrem frisch gebackenen Ehemann Dr. Ralph Rubach in den damaligen Bezirk Halle. Zu DDR-Zeiten konnten Hochschulabsolventen gleich nach dem Studium ihren Arbeitsort nicht frei wählen, sondern mussten erst einmal eine Zeit lang dort arbeiten, wo man sie hinschickte.

"Der Bezirk Halle war uns nicht unangenehm", erinnert sich Karin Rubach, die aus Jessen (Elster) stammt. ""Wir hofften, in Wittenberg angestellt zu werden. Das wäre in der Nähe meiner Heimat. Dessau ginge notfalls auch. Doch wir landeten in Köthen."

Inzwischen sind die beiden durch und durch Köthener. Hier sind sie auch bestens bekannt. Dr. Ralph Rubach als Frauenarzt und Chefarzt der Frauenklinik des hiesigen Krankenhauses. Und seine Frau, die zu DDR-Zeiten in verschiedenen Zweigstellen der damaligen Poliklinik arbeitete: von Köthen bis Reppichau. Bis die Wende kam und sich viele angestellte Ärzte neu orientieren mussten. Im Jahre 1993 eröffnete sie ihre Praxis als niedergelassene Allgemeinmedizinerin, seit 2005 stieg ihr Sohn, Dr. Matthias Rubach, ebenfalls Allgemeinmediziner, als Partner ein. Zuvor hatte er in der Praxis der Mutter über die Schulter geschaut und sich qualifiziert. Künftig führt Dr. Matthias Rubach die Praxis allein.

Welche Gedanken hat sie am Ende ihres Berufsweges? "Es war eine arbeitsreiche Zeit", sagt Frau Rubach. "Manche sagen: Warum hast du nicht schon früher aufgehört? Dann hättest du vom Leben bereits etwas gehabt, hättest dir etwas leisten können. Was soll ich dazu sagen? Ich vermisse nichts."

Dabei füllte der Beruf die Zeit so intensiv aus, dass etwas anderes kaum möglich war. Schon um sechs früh war sie meistens in der Praxis. "Offiziell haben wir erst ab acht Sprechzeiten", sagt die Ärztin. "Doch die Patienten wussten, dass sie schon ab halb sieben kommen können - bequem für jene, die danach noch zur Arbeit wollen."

Ein Blick in die Vergangenheit verleitet oft zu Vergleichen. Wie war es damals, wie ist es heute? "Früher hatten wir Ärzte nur den Patienten im Mittelpunkt", bemerkt Frau Rubach. "Heute dagegen nimmt der Papierkram viel zu viel Zeit in Anspruch - Abrechnungen, Gutachten und Ähnliches. Das ist nicht nur meine Meinung, das sagen alle Kollegen." Und so lief der Alltag immer ähnlich ab: Sprechzeiten, Hausbesuche bei Kranken, die nicht selbst kommen können, wieder Sprechzeiten - und an den Nachmittagen der besagte Papierkram.

Damit muss sich nun künftig ihr Sohn allein beschäftigen. Die Praxis ist groß. Natürlich wird ihm die Mutter in manchen organisatorischen Sachen helfen, falls erforderlich. Doch für sie bricht nun ein neues Lebenskapitel an, das früher oder später eine Antwort auf die Frage verlangt: Was mache ich nun künftig?

Auch wenn Dr. Karin Rubach darüber später in aller Ruhe nachdenken will: Einiges ist ihr schon durch den Kopf gegangen. Reisen könnte man in der plötzlich vorhandenen Freizeit: "Nicht unbedingt in die Ferne. Deutschland ist auch schön." Als Hobby-Keramikerin möchte sie sich ebenfalls betätigen. "Meine Schwiegertochter macht das, sie hat auch einen Ofen", sagt Frau Rubach. Und jetzt im Frühjahr ruft schon der Garten.