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Männer finanzieren Drogensucht Betrüger-Brüder aus Köthen müssen in Haft - Über 200 Fälle von nicht versandten Waren

Von Jakob Milzner 21.10.2021, 14:00
Die Angeklagten haben auf Online-Plattformen Waren zum Verkauf angeboten - versendet haben sie diese nicht.
Die Angeklagten haben auf Online-Plattformen Waren zum Verkauf angeboten - versendet haben sie diese nicht. Symbol-Foto: DPA

Köthen/MZ - Wegen gewerbsmäßigen Betruges sind zwei Brüder aus Köthen vom hiesigen Amtsgericht zu Haftstrafen verurteilt worden. Während das Strafmaß des Älteren zwei Jahre und zehn Monate beträgt, hat der Jüngere von beiden noch die Chance, einem Gefängnisaufenthalt zu entgehen; seine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten setzte das Gericht zur Bewährung aus.

Die Vorsitzende Richterin Susanne Vogelsang sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten primär in den Jahren 2018 und 2019 Waren auf verschiedenen Online-Plattformen zum Verkauf angeboten hatten - ohne allerdings jemals die Absicht zu hegen, diese auch tatsächlich zu versenden. Dabei handelten die beiden Brüder laut Staatsanwalt mit dem Ziel, durch „fortlaufende Betrugsvorhaben ein nicht unerhebliches Einkommen zu generieren“.

Gerichtsbekannte Gesichter

Beide sind vor Gericht keine unbeschriebenen Blätter. Dass die Vorsitzende Richterin Susanne Vogelsang insbesondere mit dem älteren, 30-jährigen Angeklagten bereits einschlägige Erinnerungen verknüpfte, blieb nicht lange unerwähnt. Denn als dieser eine vorbereitete Erklärung verlas, in der er seine Reue angesichts der Tatsache bekundete, „Menschen und ihr hart erarbeitetes Geld gebracht“ zu haben und auf Erfahrungen in seiner Kindheit und Jugend verwies, während der die Eltern kriminelles Verhalten vorgelebt hätten, entgegnete Vogelsang, diese Geschichte sei „schon oft erzählt“ worden. „Ihm wurden viele Chancen eingeräumt, bis es dann zu 224 Straftaten kam“, sagte die Vorsitzende Richterin.

Weniger eindeutig war die Beweislage im Falle des jüngeren, 27-jährigen Angeklagten. Dieser gestand nur eines von zwei Betrugsdelikten, die ihm konkret vorgeworfen wurden. Unklar war aber vor allem seine Verwicklung in die Taten des älteren Bruders. Denn mehrmals nutzte dieser Konten seines jüngeren Verwandten, um darauf die Zahlungen der Betrogenen entgegenzunehmen.

Sein Bruder habe aber weder einen Anteil an dem kriminell eingenommenen Geld erhalten, noch über dessen Herkunft Bescheid gewusst, sagte der 30-Jährige während des Verfahrens. Was die Vorsitzende Richterin mehrfach zu sarkastischen Bemerkungen veranlasste: „Der hat bestimmt gedacht, es ist Weihnachten“, kommentierte sie die Behauptung, der jüngere Bruder habe von den kriminellen Tätigkeiten des älteren nicht gewusst. Wenn er sich glaubhaft geständig zeigen wolle, solle er „keine Märchen“ erzählen.

Hintergrund Drogensucht

Unbestritten blieb jedoch, dass beide Straftäter wohl handelten, um ihre Drogensucht zu finanzieren. Mehrmals berief sich der Jüngere von beiden auch auf seinen Drogenkonsum, um zu erklären, weshalb er die Herkunft des Geldes nicht hinterfragt habe: „Mir war egal, wo das Geld herkam, Hauptsache, die Drogen waren da“, sagte er wörtlich.

Ein Sachverständiger legte außerdem ein psychologisches Gutachten über den älteren Angeklagten vor, in dem er diesem attestierte, mit bis zu fünf Gramm Methamphetaminen am Tag zeitweise einen „außergewöhnlich“ hohen Drogenkonsum gehabt zu haben. Der Angeklagte weise außerdem dissoziale Züge auf und verhalte sich vor allem dann schwierig, „wenn er keine Außenstruktur“ habe.

Dafür spreche auch, dass es dem 30-Jährigen in Haft gelang, einen erweiterten Realschulabschluss zu erlangen und eine Tischlerlehre zu absolvieren. Der Gutachter empfahl angesichts dieser Analyse, den Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterzubringen, um dessen Drogensucht als wesentlichen Treiber weiterer Straftaten zu therapieren.

Eine Empfehlung, der sich das Gericht letztlich anschloss. Zu Gunsten der Angeklagten wirkte sich laut der Urteilsverkündung aus, dass beide sich zumindest teilweise geständig zeigten. Auch die lange Dauer des Verfahrens führte die Vorsitzende Richterin als Milderungsgrund an. Gleichwohl seien die Brüder jedoch einschlägig vorbestraft, was gegen ein noch milderes Urteil gesprochen habe.