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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Mühle in Chörau soll saniert werden

Von sylke hermann 19.02.2013, 17:19
Rainer Westphal will die alte Mühlentechnik erhalten.
Rainer Westphal will die alte Mühlentechnik erhalten. UTE NIKLISCH Lizenz

chörau/MZ - Als Rainer Westphal aufsteht und beginnt, über die alte Chörauer Wassermühle zu erzählen, hat er das Ja. Er braucht es. Ohne das Ja der anderen Projektträger bliebe er ohne Chance, europäische Fördermittel für sein Vorhaben zu bekommen. Und da das einiges kostet, will er sie - die Fördermittel. Die Rede ist von einer halben Million, die insgesamt zu investieren sein dürften, um das historische Mühlenensemble wieder auf Vordermann zu bringen.

2008 ist der letzte Besitzer verstorben: Wolfgang Oelschläger. Westphal, der in Dessau als Zahnarzt arbeitet, kannte ihn flüchtig. Heute bedauert er, nie mit ihm über die Mühle gesprochen zu haben; dieser Austausch fehlt ihm.

Eine Mühle und 3,6 Hektar

Seit dem 30. Juni vergangenen Jahres befindet sich die historische Chörauer Wassermühle - genau genommen ein Vierseitenhof samt Mühle - im Besitz Rainer Westphals und seiner Tochter Ann-Kristin. Insgesamt 3,6 Hektar Grundstück mit Wald, Wiesen, Bächen, Teichen, außerdem die Hofstelle, das eigentliche Mühlengebäude, Ställe, Scheunen, das Torhaus - und ein Einfamilienhaus, in dem sich Westphals Tochter mit ihrer Familie ein neues Zuhause schafft.

Der Dessauer hat einiges vor. Sein Anspruch ist es, die nach 1500 gebaute Mühle, die inklusive der Technik unter Denkmalschutz steht, umfänglich zu sanieren. Es handelt sich um das älteste erhaltene Gebäude im Ort. Westphal will, dass „die Mühle als technisches Denkmal wieder ihrer ursprünglichen Nutzung zugeführt wird“. Er träume von der sprichwörtlich klappernden Mühle am rauschenden Bach.

Aber bis dahin, will er - trotz seines Tatendranges - gar nicht leugnen, sei es noch ein weiter Weg. Der neue Besitzer hat bereits einige Firmen beauftragt, die sich seit Herbst auf dem Mühlengelände tummeln. Ein Ort mit Geschichte. Mit ihm ist zum Beispiel die Legende des Fürsten Wolfgang von Anhalt verbunden, der sich hier zum Ende des Schmalkhaldischen Krieges im Jahr 1547 vor seinen Verfolgern versteckt haben soll.

Anfangs musste hier erst mal entrümpelt werden. Seit Jahren hatte sich nichts mehr getan. Alles war zugewachsen, verwildert, verschlammt. „Es ist, als würden wir die historische Mühle aus dem Dornröschenschlaf wecken.“

Nur ein Puzzle-Teil

Bis heute weiß Westphal nicht, ob sich bei der alten Mühlentechnik überhaupt noch irgendetwas bewegt, ob sich „bestimmte Elemente noch drehen“. Er hat in Bad Düben jemanden gefunden, der sich mit Wassermühlen auskennt und ihn unterstützen will. Und er will das Hilfsangebot gern annehmen, so die Zeit reif dafür ist. Denn erst sind die groben Arbeiten an der Reihe. „Ein Schritt nach dem anderen“, nimmt er sich vor. Die Mühlentechnik ist für ihn ein wichtiges Puzzle im touristischen Gesamtkonzept. Das nach Osten gewandte Stallgebäude wird - so zumindest lauten die vorgestellten Pläne - zu drei Ferienwohnungen umgebaut, das Holztor als historisch überlieferte Zufahrt erneuert. Damit ließe sich der Mühlenhof für Besucher und Gäste von Osten her erschließen. Ihm ist wichtig, dass nicht nur die Mühle selbst, sondern das gesamte Ensemble inklusive des Umfeldes unter Denkmalgesichtspunkten betrachtet wird. Man müsse, so sein Wunsch, sensibel mit dem Bestand umgehen.

Ferienwohnungen in der Chörauer Mühle? Bei den Möglichkeiten, die Westphal hier sieht, eine folgerichtige Entscheidung. Er beschreibt den nach seiner Einschätzung viel zu lange vernachlässigten Standort als Kleinod, als reizvolles Ziel zwischen Eike von Repgow und Anna Wilhelmine von Anhalt-Dessau. Von daher könnten Radfahrer, die auf dem alternativen R 1 unterwegs sind, in Chörau künftig durchaus ihr Nachtlager aufschlagen. Von hier aus ließen sich nach Westphals Geschmack wunderbar das Köthener Umland oder Dessau-Wörlitzer Gartenreich erkunden.

Tiere, viele Tiere

Stallungen und Scheunen will der neue Besitzer ebenfalls in Angriff nehmen und sanieren. Es sollen Pferdeboxen entstehen. Westphal geht sogar so weit, sich hier ein Kutschenmuseum vorstellen zu können, Traktoren auszustellen. Er träumt davon, dass sich Tiere, sehr viele verschiedene Tiere hier wohlfühlen: vielleicht das Rauhwollige Pommersche Landschaf oder doch das Ostfriesische Milchschaf? In jedem Fall Hühner, Gänse, Bienen, Karpfen. Rainer Westphal kann sich das alles richtig gut vorstellen und grübelt, nicht ganz ernst gemeint, ob er nicht besser Bauer statt Zahnarzt geworden wäre: „Die historische Chörauer Wassermühle“, hofft er, „wird ein echter Erlebnishof.“

In jedem Fall will er sich nicht vom übrigen Ort abschotten. Ganz im Gegenteil: „Das hier soll ein Treffpunkt für das gesamte Dorf werden“, betont er und freut sich schon darauf, irgendwann, in zehn Jahren etwa, am Ziel zu sein.

Blick auf den sanierungsbedürftigen Vierseitenhof in Chörau. Hier soll sich in den kommenden Monaten einiges tun.
Blick auf den sanierungsbedürftigen Vierseitenhof in Chörau. Hier soll sich in den kommenden Monaten einiges tun.
UTE NIKLISCH Lizenz