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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Lidl und die Akener Finanzen

Von sylke hermann 04.05.2012, 17:57

aken/MZ. - Kommt er oder kommt er nicht? Für den neuen Lidl-Markt in der Akener Kaiserstraße gibt es noch immer keine Baugenehmigung. Und eigentlich wollte man schon Ende Juni eröffnen - unmittelbar nachdem der alte Markt, der sich nur einen Steinwurf entfernt befindet, geschlossen hätte. Ein nahtloser Übergang war geplant.

Nun ist sogar das Gesamtvorhaben in Gefahr. Akens Bürgermeister Hansjochen Müller spricht das offen aus. Er versucht die Stadträte im Ausschuss für Bau, Planung, Sanierung und Ordnung daran zu erinnern, wie wichtig dieses Projekt - obgleich es Aken nicht an Einkaufsmöglichkeiten mangelt - für die Infrastruktur der Stadt ist. Aber vorerst sollte er mit seiner Mission scheitern.

Zu dicht an der Stadtmauer

Was ist passiert? Ursprünglich sollte der Markt über eine hinter dem Gebäude, parallel zur Stadtmauer verlaufende Zufahrtsstraße beliefert werden. Doch der Denkmalschutz störte sich daran; man dürfe die Stadtmauer nicht derart verstellen, müsse mehr Luft zwischen dem neu gebauten Einkaufsmarkt und dem Denkmal "Stadtmauer", das an dieser Stelle allerdings arg in Mitleidenschaft gezogen ist, lassen. So argumentierte die Fachbehörde. Und der Investor, der plante um. Wohl gemerkt in Abstimmung mit der Stadt Aken.

Ein Kompromiss schien gefunden: Die Zufahrt zum Neubau sollte parallel zur Töpferbergstraße erfolgen. Aber: Jetzt war zwar die Denkmalbehörde zufrieden gestellt, sie sah den Abstand zur Stadtmauer nun hinreichend gewahrt, dafür spielte die Landestraßenbaubehörde in Dessau, früher Landesbetrieb Bau, nicht mit.

Hier lehnte man eine derartige Lösung ab und begründete, dass "die Nähe der Zufahrt zur unmittelbar angrenzenden Einmündung Töpferbergstraße die Leichtigkeit des fließenden Verkehrs behindern würde". Durch das Rangieren der Lkw.

Veto im Ausschuss

Um den Neubau nicht gänzlich zu gefährden, hatte man die ursprüngliche Planung wieder aufgegriffen. Man ließ für die Zufahrt genügend Platz zur Stadtmauer, behinderte an dieser Stelle aber auch die "Leichtigkeit des fließenden Verkehrs" nicht. Allerdings tat sich dadurch die nächste Baustelle auf, die im Ausschuss für Diskussion sorgte: Würde man den Markt in westliche Richtung und damit weg von der Stadtmauer verschieben, gefiele das zwar Denkmal- und Landestraßenbaubehörde, aber den Stadträten nicht. Es müsste der vorhandene Geh- und Radweg überbaut werden - und der eine oder andere Baum.

Alle entstehenden Kosten, das versichert der Bürgermeister im jüngsten Ausschuss, würde der Investor tragen. Aber dessen Mitglieder, allen voran Patrick Schwalenberg (CDU) und Sigrid Reinicke (Linke), ziehen die Städtebau-Karte. "Das hat nichts mehr mit Schönheit zu tun", betont Schwalenberg und findet noch mehr deutliche Worte: "Wir können nicht jedem Investor alles erlauben, nur dass er bei uns baut."

Die SPD-Fraktion, für die im Ausschuss Matthias Schmidt spricht, sieht die Schmerzgrenze ebenfalls erreicht. "Die Bedenken sind da und berechtigt. Wir haben auch Bauchschmerzen", räumt er ein, "wir werden uns vermutlich erschrecken, wie das dann später aussieht". Trotzdem: Die drei SPD-Mitglieder im Ausschuss votieren für das Vorhaben - im Sinne der Stadtentwicklung.

Hansjochen Müller führt als letzten Versuch, den Ausschuss zu einem positiven Votum zu bewegen, die Finanzen an: Der Kaufpreis für das Grundstück fehle dann, sollte nicht gebaut werden. Und: "Dann können wir uns nächstes Jahr verschiedene Dinge nicht leisten." Er merkt an, dass der Baukörper sowieso an dieser Stelle gestanden hätte. Nur rutscht er nun noch etwas weiter zur Straße vor.

Schöne Straße

1996, hat Sigrid Reinicke nachgeschlagen, hat man die Kaiserstraße neu gemacht, "und die ist schön". Nun würde man sie nach ihrer Einschätzung verunstalten. Sie stimmt gegen den Antrag der Verwaltung, den modifizierten Plänen zuzustimmen. Die CDU tut dasselbe. Die drei SPD-Mitglieder sagen ja. Und die FDP? Lothar Seibt enthält sich, sodass der Antrag bei Stimmengleichkeit abgelehnt wird.

Zum 30. Juni läuft die Betriebserlaubnis für den alten Lidl-Markt in der Kaiserstraße aus. Es wird versucht, wie der Bürgermeister ausführte, eine Verlängerung zu erwirken. Denn ansonsten stünde der alte Markt leer, aber einen neuen gäbe es noch nicht.