Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Hier arbeitet der stärkste Autokran der Welt
Aken/MZ. - Man musste am Donnerstag im Akener Hafen den Kopf schon ganz schön in den Nacken legen, um die Spitze des Kranes zu erkennen, der 235 Tonnen schwere Maschinenteile von mehreren Trucks sanft in ein Güterschiff hob. Kein Wunder, denn dieser Teleskopkran vom Typ Liebherr LTM 11200 ist mit seiner maximalen Höhe von 195 Metern mit aufgebauter Wippspitze und einer Tragfähigkeit von Maximal 1000 Tonnen der stärkste Kran der Welt. Nur drei davon gibt es in Deutschland, ganze fünf in Europa.
Doch bevor der Riese am Donnerstagmittag seine Arbeit aufnehmen konnte, saßen Hafen-Geschäftsführer Peter Ziegler und seine Mitarbeiter sowie Kranführer Jürgen Hoffmann mit seinen Kollegen von der Firma Mammoet seit 8 Uhr wie auf Kohlen. Die zu verladende 1400 Tonnen schwere Presse für Autokarosserien sollte - in acht Teile zerlegt - längst im Hafen eingetroffen sein und ab dem frühen Morgen auf das Binnen-Motorgüterschiff "Bonamare" verladen werden. Die "Bonamare" soll die Riesenpresse in den Hafen von Antwerpen bringen. Dort wird sie auf ein Spezialschiff umgeladen, das sie zu einem Unternehmen nach Russland transportiert.
Erstmal heißt es warten
Doch erstmal hieß es warten. Der aus drei Trucks und zwei Begleitfahrzeugen bestehende Schwertransport mit den Pressen-Teilen, der Montagnacht in Erfurt gestartet war, kam bei Plötzkau nicht weiter. Die A 14 war nach einem Unfall mit einem Gefahrguttransporter gesperrt. Und einfach eine andere Route dürfen solche Trucks mit ihren riesigen Lasten nicht nehmen.
"Nervös und ungeduldig" - treffender könnte man den Gemütszustand von Hafen-Geschäftsführer Ziegler in dieser Situation wohl nicht beschreiben, gilt doch die Redewendung "Zeit ist Geld" kaum anderswo mehr als beim Güterumschlag.
Dabei war die Aktion geradezu generalstabsmäßig organisiert: Die "Bonamare" hatte über den Rhein und die Elbe für eine Akener Firma 1500 Tonnen Granulat für Zierpflanzenbau und Dachbegrünung mitgebracht, so dass sie von Köln aus nicht leer hierher schippern musste. Auch der Teleskopkran der Firma Mammoet, deren deutsche Niederlassung in Leuna sitzt, war bereits Mittwochvormittag eingetroffen - mit insgesamt zehn Trucks und Lkw sowie Begleitfahrzeugen.
"Der Aufbau mit dieser Ausstattung dauert einen Tag", informierte Kranführer Jürgen Hoffmann, der diesen Job schon seit 20 Jahren macht. "Wir sind mit unserem Kran ständig dorthin unterwegs, wo schwere Lasten bewegt werden müssen - außer in Deutschland noch in Belgien, Holland und Dänemark", deutete Hoffmann an, dass solche Fahrten für ihn längst Routine sind. "Natürlich muss man bei so einem Transport höllisch aufpassen, weil es manchmal unterwegs ganz schön eng wird, aber die Routen für
Schwertransporte sind ja festgelegt", berichtet er.
Anderthalb Tage waren Hoffmann und seine Kollegen mit dem 108 Tonnen schweren Riesen von Karlsruhe nach Aken unterwegs. Den Jumbo-Kran hatte der Hafenbetrieb angefordert, weil der eigene Kran maximal 210 Tonnen heben kann, das schwerste Pressenteil aber 235 Tonnen wiegt. "Eigentlich hätte auch ein Kran für 650 Tonnen gereicht, aber die sind gerade alle beim Bau von Windkraftanlagen eingesetzt", informierte der Hafen-Geschäftsführer. Es komme häufiger vor, dass Güter, die im Akener Hafen umgeschlagen werden sollen, für die dortige Technik zu schwer sind. Der Einsatz eines fremden Kranes sei deshalb nicht ungewöhnlich, so Ziegler.
Dann sinkt auch noch der Pegel
Nach der Meldung über den bei Plötzkau kurz vor der Autobahn 14 festsitzenden Schwertransport traf im Akener Hafen gegen 9.30 Uhr eine weitere Hiobsbotschaft ein: Der Pegel der Elbe sinkt. Da könnte die "Bonamare" mit ihrer tonnenschweren Last Probleme bekommen, wenn sich das Beladen vielleicht um ein-zwei Tage verzögern würde. Wenig später klingelte Zieglers Telefon erneut und seine Miene hellte sich auf: Der Transport mit der Presse rollt seit 30 Minuten wieder und wird gegen Mittag im Hafen ankommen, meldete die Spedition. Als die Trucks dann endlich durch die Einfahrt des Hafens rollten, spätestens jedoch, als das erste Teil am Haken in das Schiff schwebte, stellte sich bei Ziegler und seinen Mitarbeitern endgültig Erleichterung ein.
Wenig später lichtete die "Bonamare" den Anker und schipperte bei einem durchaus noch passablen Pegel von 2,78 Metern elbabwärts.