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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Friedensprojekt sucht Nachfolger

Von sylke hermann 15.11.2012, 18:03

aken/MZ. - "Ihr seid doch sonst auch nicht so schüchtern", ärgerten sich die Zehntklässler über ihre ein Jahr jüngeren Mitschüler. Die schwiegen, hörten bestenfalls zu. Aber festlegen, ob sie im Pace-Projektteam mitarbeiten oder im nächsten Jahr bei der Pace-Fahrt dabei sind, wollte sich keiner.

Das Wort Pace kommt aus dem Italienischen und heißt Frieden. Die Sekundarschule "Am Burgtor" in Aken hat dazu eine besondere Beziehung. Seit acht Jahren befasst sich eine Gruppe Schüler intensiv mit der Friedensbewegung. Und weil die Zehntklässler im Sommer die Schule verlassen, werben sie nun für ihr Projekt, suchen Nachfolger.

Einen ganzen Freitag lang berichteten sie von der diesjährigen Pace-Fahrt, von ihren Erfahrungen, ihren Eindrücken und Erlebnissen. Erst den Achtklässlern, dann den neunten Klassen des Hauses. Der 16-jährige Dominic Störer weiß: "Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass das Projekt weitergeht."

Das ist ganz im Sinne von Gundula Hempel. Sie ist Lehrerin an der Schule und engagiert im Pace-Team. Weil man in Aken mit Rechtsradikalismus Probleme habe, müsse man gegensteuern. Das tue man seit Jahren mit der Projektgruppe. "Die meisten, die davon erfahren, was wir hier machen, finden das nicht so spannend", schätzt Eric Eumicke realistisch ein und versteht das sogar. Doch die Fahrt nach Ysselsteyn habe ihm die Augen geöffnet.

Genau genommen der deutsche Soldatenfriedhof am Timmermansweg. "Am meisten hat mich beeindruckt, einmal zu sehen, wie viele Gräber es hier gibt", sagt Eric Eumicke. "Das ist nicht nur ein Friedhof", weiß er jetzt. 31 585 im Zweiten Weltkrieg in den Niederlanden gefallene deutsche Soldaten haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden. Und für jeden Einzelnen steht ein Kreuz.

"Man hat ja schon eine Menge über den Krieg gehört ...", aber der Bericht eines Zeitzeugen, den die Schüler in Ysselsteyn getroffen haben, hat Niklas Lange ziemlich berührt.

"Am krassesten", findet die 15-jährige Laura Boesener, "war die Beisetzung, obwohl man die Leute gar nicht kannte." Patricia Berger gibt zu, dass sie "die ganze Zeit geheult" habe, als die Gebeine von zwei einst irgendwo am Straßenrand verscharrten Soldaten in die Gräber gebettet wurden. Auch ihm sei die emotionale Auseinandersetzung mit dem Thema nicht einerlei gewesen und er habe Gänsehaut gehabt, als während der Beisetzung Trompeten spielten, berichtete Dominic Störer. Gundula Hempel freut sich, dass ihre Schüler den Vorschlag der Jugendbegegnungsstätte in Ysselsteyn, bei der Beisetzung dabei zu sein, angenommen - und sogar ein Lied gesungen haben.

"Das war schon etwas Außergewöhnliches." Andrea Müller, die das Projektteam mit betreut, wünscht sich, dass das Pace-Thema auf noch mehr Interesse stößt. Und sie ist zuversichtlich, dass man das schaffe. Die jetzigen Zehnten, erinnert sie sich, hätten am Anfang auch erst einmal geschwiegen. Und nun suchten sie sogar mit eigenen Worten, eigenen Geschichten und ihren Emotionen nach neuen Mitstreitern für das Projekt.