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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Elbfähre wird auf Herz und Nieren geprüft

Von Claus Blumstengel 01.02.2012, 19:21

Aken/MZ. - Für jemanden, der sonst täglich damit übersetzt, ist das schon ein seltsamer Anblick: Die Akener Elbfähre hängt quasi in der Luft und zeigt ihren sonst vom Wasser umspülten Rumpf. Vorarbeiter Stephan Reisig steht unter dem Wasserfahrzeug und weist nach oben: "Die ist top in Schuss, das sieht ja aus wie vor fünf Jahren", sagt er geradezu begeistert und zeigt mit seinen Handschuhen - es ist elf Grad minus - auf die blanken Stahlplatten. Vor fünf Jahren lag die Fähre nämlich auch schon mal hier zur turnusmäßigen Inspektion und sie hat damals neue Landeklappen bekommen. Dass diesmal am Boden nur die stählerne "Scheuerleiste" auf der Steutzer Seite erneuert werden muss zeigt, die Akener Werft hat damals gute Arbeit geleistet.

Wasserfahrzeug mit Scheuerleiste

Scheuerleisten nennt man auf der Werft die vorn an den Landeklappen angebrachten Platten, die beim Anlegen auf dem Asphalt der Straße scheuern und deshalb hohem Verschleiß ausgesetzt sind. Warum stets der Stahl auf der dem Steutzer Elbufer zugewandten Seite der Fähre die größten Schäden aufweist, vermag Stephan Reisig nicht zu sagen. Vielleicht ist dort die Strömung größer oder die Straße steigt steiler an.

Laut Plan sollte die Akener Fähre erst Mitte Februar zur alle fünf Jahre fälligen Landrevision, nach den Fähren Coswig und Elster. Doch als am 23. Januar Hochwasser einsetzte und den Fährbetrieb unmöglich machte, fragten die Stadtwerke an, ob die Arbeiten nicht vorgezogen werden könnten, um die Zwangspause auszunutzen. Es klappte schon einen Tag später. Die "Diana", ein Motorgüterschiff mit Ruderschaden, das bereits auf der Slipanlage lag, muss ohnehin noch auf eine Entscheidung der Versicherung warten und wurde kurzerhand wieder zu Wasser gelassen, um Platz für die Fähre zu schaffen. Ein Schlepper des Wasserstraßenamtes Dresden bugsierte sie in den Hornhafen. Die Fähre wurde über einen riesigen stählerne Wagen geschoben, den man zuvor ins Wasser gelassen hatte. Mit Seilwinden, von denen eine bis zu 80 Tonnen heben kann, wurde die Fähre dann auf dem Wagen ans Ufer gezogen.

Am nächsten Tag schon kam der Sachverständige, um den Unterboden zu untersuchen. Die verschlissene Scheuerleiste und hie und da eine kleine Naht zum Nachschweißen, sonst hatte er nichts zu bemängeln. Bei den Akener Stadtwerken, die die Elbfähre betreiben, hofft man, dass die Schiffsuntersuchungskommission in dieser Woche zu einem ähnlich günstigen Ergebnis kommt. Doch Vorarbeiter Reisig weiß: Die Experten sind bei der Untersuchung von Hydraulik, Elektrik, Hilfsmotor, Rettungsmitteln und sonstiger Einrichtungen immer sehr gründlich und haben den Ehrgeiz, selbst kleinste Mängel zu entdecken.

Von der Pike an

Stephan Reisig hat übrigens in der Akener Werft gelernt. Seine Ausbildung begann 1998, ein Jahr nachdem die Akener Fähre dort gebaut worden war. Obwohl er das nicht mehr mitbekommen hatte, sei das heute doch ein Vorteil, äußert er. Schließlich würden die Kollegen von damals heute noch hier arbeiten und er könne sie bei Unklarheiten fragen. Günstig sei auch die Nähe der Fährstelle. Bei kleineren Problemen könne man schnell mal die wenigen Meter 'rüberfahren und etwas in Ordnung bringen.

Übrigens ist auch die jetzt neben der Akener auf der Slipanlage liegende Elbfähre Elster in der hiesigen Werft gebaut worden, ebenfalls 1997. Das sei wohl "das Jahr der Fähren" gewesen, scherzt Reisig. Er kennt allerdings den ernsten Hintergrund des damaligen Booms. Das Land hatte neue Sicherheitsvorschriften für Fähren erlassen. Den Anlass dafür hatte im Juli 1996 die Elbfähre Aken gegeben, die von einem überladenen Lkw unter Wasser gedrückt worden war.

Was auf die Werftarbeiter zukommt, wenn die Schiffsuntersuchungskommission ihre Arbeit getan hat, kann Reisig nur vermuten. Auf jeden Fall wolle man bis zum 10. Februar fertig werden. Das allerdings hängt von den Temperaturen ab. Die erschweren die Arbeiten nämlich oder machen sie gar unmöglich. Geschweißt werden dürfe zwar bis minus 15 Grad, aber da müssen die Metallteile erst vorgewärmt und anschließend allmählich wieder abgekühlt werden, damit die Nähte halten, erklärt der Vorarbeiter. So macht die klirrende Kälte den Schweißern Werner Beier und Klaus-Dieter Schulze zurzeit zusätzliche Arbeit. Konservieren könne man jetzt überhaupt nicht. Das sei nur bis minus drei Grad zulässig. Im Internet hat Stephan Reisig recherchiert, dass die Temperaturen Mitte nächster Woche wieder ansteigen sollen und das Streichen des Windenhäuschens möglich sein wird.

Anschließend hängen die Fährleute die Anker wieder ein, bringen weitere vor der Revision abmontierte Teile an und legen das Stahlseil wieder aus, dessen stählerne Bojen ebenfalls in der Werft gewartet wurden.

Mitte Februar wieder flott?

Wenn alles klappt, soll die Fähre die Werft bis zum 13. Februar verlassen haben. Ob sie anschließend gleich wieder übersetzen kann, hängt vom Elbpegel ab. Der betrug Mittwoch nur noch 3,80 Meter - mit fallender Tendenz. Bis etwa 4,25 Meter ist die Elbfähre in Betrieb.