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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Eine Firma, zwei Chefs, viele Projekte

Von SYLKE HERMANN 05.11.2010, 18:00

WEISSANDT-GÖLZAU/MZ. - Bernhard Hoffmann und Günter Heider haben die Hektik der Anfangszeit abgelegt. Aber nicht vergessen, wie nervenaufreibend und kräftezehrend die Neunziger gewesen sind. Wo ein Kran stand, vermuteten sie einen Auftrag, hielten an, fragten nach. Sie suchten Bauschilder nach geeigneten Kontakten ab, machten Termine, um sich vorzustellen. Was Hoffmann und Heider den Bauherren anzubieten hatten, kannte damals keiner: Trockenbau.

20 Jahre ist das her. Und heute? "Heute", freut sich der Elektromeister Heider, "werden wir ohne eigenes Zutun angeschrieben und gebeten, uns an den Ausschreibungen zu beteiligen." Ein beruhiges Gefühl, finden beide. Entsprechend umfangreich liest sich die Referenzliste der Firma H+H aus Weißandt-Gölzau. Das Landratsamt am Köthener Flugplatz, Solar Valley in Thalheim, 041 in Wolfen, das Dessau-Center, Nova Eventis in Günthersdorf, das Verwaltungsgebäude der Telekom in Halle, das Krankenhaus Köthen - "damals wie heute", betont Hoffmann und schmunzelt. Während Geschäftspartner Heider Anfang der 90er Jahre das mittlerweile abgerissene Köthener Krankenhaus mit aufgebaut hatte ("unser erstes großes Projekt"), ist es heute Bernhard Hoffmann, der für die Baustelle verantwortlich zeichnet und den mittlerweile zweiten Köthener Krankenhausneubau in der H+H-Firmengeschichte begleitet.

Als Hoffmann und Heider vor dem unweigerlichen Aus ihres Arbeitgebers, der LPG Tierproduktion Weißandt-Gölzau, seinerzeit über eine eigene Firma nachdachten und damit eine berufliche Perspektive, kamen sie durch familiäre Verbindungen Hoffmanns nach Osnabrück auf das Thema Trockenbau. "Das war hier vollkommen unbekannt. Entweder hat man Stein auf Stein gemauert oder etwas zusammen gezimmert", weiß er. Ein halbes Jahr lang waren sie in Osnabrück, wo man Geschäftspartner gefunden hatte, zur Schnellbesohlung, wie sie es nennen.

Mit sechs weiteren Kollegen, die man von der LPG in die neue Firma mitgenommen hatte, begann H+H, den Markt zu erobern. Heider: "Auftraggeber, die ursprünglich mit Maurerarbeiten kalkuliert hatten, waren froh, plötzlich in Leichtbauweise arbeiten zu können." "Wir waren Neulinge", betont Hoffmann. Dennoch habe es viele gegeben, die ihnen das Vertrauen geschenkt haben. Der damalige Baudezernent für den Kreis Köthen, Ernst Asten, zum Beispiel.

H+H wuchs schnell. Die Nachfrage sei enorm gewesen. Rasant hatten sich die Vorteile von Trockenbau herum gesprochen: "Es geht schnell, man kann relativ leicht Wände versetzen, umbauen oder Installationen darin verstecken", zählt Heider auf, dessen Sohn sich mittlerweile auf Trockenbau spezialisiert hat und in der Firma mitarbeitet. Zwischenzeitlich beschäftigten die Weißandt-Gölzauer mehr als 30 Leute.

Als es zur Jahrtausendwende in der Baubranche kriselte, ist Frankfurt am Main ihre wichtigste Wirkungsstätte. Die gesamte Mannschaft baute dort ein halbes Jahr lang an einem imposanten Geschäftshaus mit Glaskuppel in der Innenstadt mit. Und doch kamen die Unternehmer nicht umhin, nach Abschluss dieses Auftrages Fachkräfte zu entlassen. Top ausgebildete Leute. Etwas, dass ihnen nicht leicht gefallen ist.

Heute hat H+H wieder 25 Mitarbeiter. Die Auftragsbücher sind voll. Längst wissen Bauherren, woran sie bei den ehemaligen LPG-Mitarbeitern sind. Man hat sich auf große Industriebauten spezialisiert. Zuweilen werden bis zu 70 Arbeiter auf einer Baustelle gebraucht, die man über Subunternehmer anstellt.

Bei so viel Erfolg fehlt den Unternehmern nur noch ein Preis, bevor sie sich zur Ruhe setzen: Heider ist 57, Hoffmann von Hause aus studierter Landtechniker und 55. Diesen Preis wollen sie unbedingt. Zwar hängen in ihrem Büro in Weißandt-Gölzau schon etliche Urkunden, die zeigen, dass man sich bei der Rigips-Trophy (jener begehrte Preis, den ein führende Hersteller jedes Jahr auslobt) mit einem Objekt beteiligt hat.

Für den aktuellen Wettbewerb suchen Hoffmann und Heider noch nach einem geeigneten Wettbewerbsbeitrag: Die Musikschule Köthen, wo sie die Decken machen, ist es nicht. Das Krankenhaus mit seinen geraden Zwischenwänden auch nicht. Aber vielleicht ja das A 10-Center in Berlin. Hier, schwärmen beide, entstünde etwas Großartiges. Sie berichten von Deckensegeln, einer Ellipse mit vorgefertigten Faltelementen über dem Eingang und Stadtteilen, die auf Kopf stehen. Vieles davon wird in Trockenbau gefertigt. Von H+H in Weißandt-Gölzau. Vielleicht doch ein nächster, vielversprechender Versuch, sich für die begehrte Trophy zu empfehlen.