Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Ein Bayer zeigt Thüringern Biogasanlage in Anhalt
KÖTHEN/MZ. - Geruchsneutral ist die Luft in unmittelbarer Nähe der Biogasanlage auf dem Köthener Flugplatz nicht. An einer Stelle riecht es Sauerkraut-ähnlich - das ist Silage, die in der Produktion verwendet wird. An einer großen Lagerhalle dringt ein strengerer Duft anderer Herkunft in die Nase: Hühnerkot. Zu 65 Prozent besteht die Biomasse, aus der Gas produziert wird, aus den Hinterlassenschaften vom Federvieh aus den Wimex-Zuchtanlagen.
Von den Besuchern, die Dienstag einen zweistündigen Rundgang durch die Anlage absolvierten, rümpfte jedoch keiner die Nase. Die Gäste haben tagtäglich mit solchen Gerüchen zu tun. Denn es waren Landwirte aus Thüringen, die zum größten Teil auch noch eine eigene Biogasanlage betreiben. Diese
Exkursion haben für sie die Regionalgruppe Thüringen des Fachverbandes Biogas und die Arbeitsgruppe Biogas des Thüringer Bauernverbandes organisiert.
"Die Wimex-Anlage ist für uns sehr interessant, weil sie mit Hühnerkot betrieben wird", erklärte Volker Schulze, Referent des Fachverbandes Biogas für Ostdeutschland. "In einer üblichen Anlage ist das nicht möglich. Auch die Behandlung der Gärreste ist hier vorbildlich: Am Ende kommen reines Wasser und Dünger heraus."
In Thüringen zeigen immer mehr Landwirte Interesse für eine Biogasanlage, die sie mit Rohstoffen von eigenen Äckern und Höfen "füttern" können. Theoretisch wäre ein Bauernof imstande, seine eigene autonome Energieversorgung aufzubauen.
Thorsten Breitschuh, Landwirt aus Werdershausen, der sich der Exkursion anschloss, meint, dass der Betrieb von kleinen Biogasanlagen keine Utopie ist. "Zum Beispiel mit einer Kapazität wie mein Kleinbus dort", sagt Breitschuh und nickt mit dem Kopf in Richtung des Fahrzeugs. "Mais auf rund 300 Hektar in der unmittelbaren Umgebung würde für so eine Anlage reichen. Wenn aus dem Gas Strom erzeugt wird, könnten damit 120 Haushalte versorgt werden."
Hersteller bieten heute schon noch kleinere Biogasanlagen an. Und im Internet wimmelt es in speziellen Chats von Fragen der Interessenten, die sich mit dem Gedanken tragen, eine solche Anlage als Privatinvestition zu betreiben.
Die Wimex-Anlage produziert 900 bis 1 000 Kubikmeter Gas pro Stunde, erfuhren die Besucher vom Betriebsleiter Michael Meuer, der gern auf Fragen der Thüringer einging. Diese Fragen waren durchwegs praktischer Natur. Von Ketten, die geschmiert werden müssen, von der Konsistenz des Hühnerkots, vom Betrieb der Anlage bei Minus-Graden war die Rede. Im feinen Bayerisch-Hochdeutsch verriet Meuer, der nach eigenen Worten "aus dem hintertiefsten Oberbayern" stammt, dass mal bei unter 20 Grad Minus die Wasser-Zuleitungen abgeschaltet werden mussten, damit sie nicht vom Frost zerstört werden. Die Frage, ob die Wimex die Kapazität ihrer Anlage erhöhen wolle, verneinte er. Dafür reiche die Hünerkot-Menge nicht aus, und Mais sei zu schade, weil er für Futterzwecke verwendet werde. Es werde aber überlegt, wie die Abfälle verwendet werden könnten, die bei der Wimex-eigenen Gemüseproduktion anfallen. Die Frage, ob damit der Bau einer weiteren speziellen Anlage gemeint ist, blieb allerdings offen.
"In Thüringen werden Biogasanlagen nicht mit Hühnerkot betrieben, sondern mit Schweinegülle und Kuhmist", sagte Christiane Winzer. "Trotzdem war der Besuch in Köthen für uns aufschlussreich." Auf die MZ-Frage, ob es in Thüringen Proteste gegen solche Anlagen gibt, meinte Volker Schulze: "Ich weiß, was Sie meinen. Was wäre aber eine Alternative zum Beispiel für Hühnerkot? Ihn auf die Acker zu bringen? Na dann gäbe es erst einen fürchterlichen Gestank."