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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Der Geist des Ortes

Von MATTHIAS BARTL 17.12.2010, 19:48

KÖTHEN/MZ. - Die Mädchen und Jungen von "Saitenwind" sind nun historisch. Sie durften die Premiere gestalten, durften als erste im Orchesterprobensaal der neuen Musikschule spielen. Ein Stück von Bach, eins Händel, noch andere dazu, von den Zuschauern im Saal gab es viel Beifall.

Der auch denjenigen gebührt (und es waren unaufzählbar viele daran beteiligt), die aus dem einstigen Kornboden des Marstalls im äußeren Schloss in atemberaubendem Tempo eine Musikschule zauberten, wie man sie sich in Köthen noch vor zwei, drei Jahren nicht in den kühnsten Träumen hatte vorstellen können. Ein Gemeinschaftswerk par excellence, dessen finanzielles Fundament ironischerweise in der weltweiten Finanzkrise begründet liegt. Ohne sie kein bundesweites Konjunkturpaket II, ohne K II keine Landesmittel für Musikschulen, ohne Landesmittel keine Musikschule im Marstall.

Mehr als eine Million Euro hat das Land in das Gebäude investiert. Der Landkreis hat zur Gesamtsumme einen Eigenanteil von 12,5 Prozent aufgebracht. Der Förderverein der Musikschule hatte sich bereit erklärt, eine durch Kürzung entstandene Deckungslücke in Höhe von 60 000 Euro durch Spenden zu stopfen. Das wurde am Ende nicht notwendig, weil doch noch einmal 55 000 Euro nachgeschossen wurden. Die Mittel des Vereins fließen nun in die neue Telefonanlage und in Mobiliar.

Mit der Einweihung der Musikschule ist auch ein Status erreicht worden, den das äußere Schloss vielleicht noch nie hatte: Alle Räume sind in Nutzung. Das habe er sich vor zehn Jahren nicht vorstellen können, so Ralf Lindemann vom Hausherren, der Landesstiftung Dome und Schlösser. Lindemann wie auch EWG-Chef Armin Schenk als Bauherr und Heinfried Stuwe, dessen Architekturbüro AAD den Bau plante und forcierte, betonten die gute Zusammenarbeit in alle Richtungen, die es überhaupt erst möglich gemacht habe, in einem derartigen Tempo ans Ziel zu kommen. In das Lob eingeschlossen waren eine Vielzahl von Verwaltungen und Behörden. Angesichts des anschwellenden Lobgesangs war man froh, dass wenigstens gelegentliche sarkastische Bemerkungen auf kleine Reibereien zum Beispiel in Sachen Brandschutz hinwiesen. Sonst hätte man sich fast im Märchenland fühlen müssen.

Wo jetzt die Eleven der Musikschule "Johann Sebastian Bach" Einzug gehalten haben. Sie haben 18 Unterrichtsräume, 1 000 Quadratmeter Nutzfläche, einen Probenraum, können den Friedemann-Bach-Saal als Probensaal nutzen, die Lehrer haben vernünftige Zimmer, die Eltern können ihre Kinder unter vernünftigen räumlichen Bedingungen bringen und abholen. Sie musizieren an historischer Stelle, und man darf hoffen, dass ein klein wenig vom genius loci, vom Geist des Ortes, auf die Schule und ihre Schüler übergehen wird.