Als Probe für größere Konzerte Als Probe für größere Konzerte: Pianist spielt in Köthener Fußgängerzone

Köthen - Es sind nicht immer Münzen, die im Hut landen. Manchmal gibt es auch eine Tafel Schokolade. „Sie haben mir am Montag schon so den Tag versüßt“, sagt eine Händlerin, als sie die Schokolade in den Hut steckt, der auf dem Klavier von Andreas Güstel steht.
Der Pianist fiel auf diese Woche in der Köthener Fußgängerzone. Am Montag und am Mittwoch musizierte er an verschiedenen Stellen in der Innenstadt - was offenbar vielen Passanten gefällt.
Güstel ist Teil des Pianistenduos „Be-Flügelt“. Zusammen mit seinem Kollegen Julian Eilenberger wird er zum Beispiel am Samstag, dem 13. April, im Händelhaus in Halle auftreten. Das Konzert ist bereits ausverkauft, informiert Güstel. Am 3. Mai spielt das Duo in Leipzig, dafür gibt es noch Karten.
In Berlin hat er Philosophie und Klavierspiel studiert
Auftritte in der Fußgängerzone nutzt der Leipziger, um für seine Konzerte zu werben, zu proben, testen, wie die Stücke ankommen. Denn das Duo spielt Selbstkomponiertes.
Angelockt von den Klängen kommt an diesem Tag in der Halleschen Straße auch die zweijährige Lisa Marie Gellner zum Klavier. Sie darf Güstel beim Spielen helfen, ihre Mutter Liane Schunke sieht und hört zu. Solche Musik höre man nicht allzu oft in der Köthener Fußgängerzone, meint sie. Um das ungewöhnliche Duo zu sehen, bleiben an diesem Mittwochmittag noch einige Passanten stehen.
Güstel ist 38 Jahre alt. „Ich habe also ein Alter, das große Komponisten wie Mozart oder Chopin gar nicht erreicht haben“, scherzt er. In Berlin hat er Philosophie und Klavierspiel studiert, mittlerweile wohnt der gebürtige Hallenser in Leipzig.
„Viele haben ein bisschen überrascht geguckt, als sie mich hier am Klavier haben sitzen sehen“
Um auf der Straße spielen zu können, muss er natürlich sein Klavier bewegen können. Was nicht so einfach ist, wenn man allein unterwegs ist und das Instrument 170 Kilogramm wiegt. Der Musiker behilft sich mit einem Brett mit vier Rollen dran. Einmal sei es ihm auf einem Marktplatz gestohlen worden, erzählt er. „Das Klavier dann wieder abzutransportieren, war gar nicht so einfach.“
Ein paar Jugendliche erbarmten sich dann und halfen. Güstel komponiert nicht nur eigene Stücke und gibt Konzerte. Einmal pro Woche fährt er auch nach Dresden, um dort Schüler zu unterrichten. An dieser Aufgabe hänge er sehr, sie mache ihm viel Spaß, berichtet er. Und auch von seinen Schülern verlangt er mitunter, was er selbst in Köthen getan hat: sich in die Fußgängerzone stellen, spielen und auf die Reaktionen der Leute warten. In Köthen fielen sie jedenfalls sehr positiv aus. Einige Passanten bleiben auch stehen, um das kleine Straßenkonzert zu filmen und ins Internet zu stellen.
„Viele haben ein bisschen überrascht geguckt, als sie mich hier am Klavier haben sitzen sehen“, sagt Andreas Güstel. Dabei haben er und Julian Eilenberger aus Schwerin wahrlich schon weit spektakulärere Auftritte gemeistert. So spielten sie auf übereinander gestapelten Flügeln. Und im thüringischen Eisenberg planen sie ein Konzert, bei dem der Flügel in zehn Metern Höhe an einem Kran hängen soll. (mz)