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Abwasserentsorgung in Görzig und Reinsdorf Abwasserentsorgung in Görzig und Reinsdorf: Nur noch abflusslos

Von helmut dawal 21.01.2015, 08:40
Axel Finsch hat den Ablauf seiner Klärgrube gekappt. Wie oft er künftig sein Abwasser abpumpen lassen muss, weiß er noch nicht.
Axel Finsch hat den Ablauf seiner Klärgrube gekappt. Wie oft er künftig sein Abwasser abpumpen lassen muss, weiß er noch nicht. heiko rebsch Lizenz

Görzig/Reinsdorf - „Ich muss Ihnen daher mitteilen, dass der Ablauf Ihrer Klärgrube in den Bürgermeisterkanal bis spätestens 31.12.2014 zu beseitigen ist. Ab dem 01.01.2015 sind Sie verpflichtet, sämtliches Abwasser in einer abflusslosen Sammelgrube zu fassen und ordnungsgemäß entsorgen zu lassen.“ Das steht in einem Brief, den Axel Finsch Anfang Dezember vorigen Jahres vom Abwasserverband Köthen erhalten hat und der ihm erstmal die Sprache verschlug.

Unmut und Unverständnis

So wie dem Görziger ging es noch vielen anderen Einwohnern aus Görzig und Reinsdorf, denen vom Abwasserverband auferlegt wurde, den Ablauf ihrer Klärgrube zu schließen. Öffentlicher Unmut darüber äußerte sich zur jüngsten Sitzung des Stadtrates der Stadt Südliches Anhalt. „Wie wollen Sie die bei unseren Bürgern entstandenen Ängste vor Strafverfolgung und Fehlverhalten mildern?“, fragte Axel Finsch den Bürgermeister. Auch Rainer Poppe, Ortsbürgermeister von Reinsdorf, äußerte sein Unverständnis. „Es ist aus meiner Sicht eine Unverhältnismäßigkeit, die Bürger jetzt vor die Alternative zu stellen, sofort die Abwassereinleitung zu unterbinden. Das ist mit technischen Problemen und Problemen der Machbarkeit verbunden“, äußerte Poppe.

Verlängerung abgelehnt

Es gebe einen hohen Wasserstand, so dass es schwer sei, Gruben zu verändern oder Abschlüsse zu verlegen. Werden Klärgruben mit drei Kammern mit je einem Fassungsvermögen von zwei Kubikmetern geschlossen, müsse im acht- oder 14-tägigen Rhythmus ausgepumpt werden, und dazu müsse dann immer jemand zu Hause sein.

Kann die Stadt Südliches Anhalt nicht auf den Abwasserverband Einfluss nehmen? Zu dieser Frage von Eike Häckel aus Reinsdorf äußerte Bürgermeister Burkhard Bresch, dass die Aufgabe Abwasserentsorgung vom Grundsatz her auf den Abwasserverband übertragen worden sei. „Wir haben nur noch beschränkten Einfluss darauf, was der Verband macht“, sagte Bresch. Zum Thema Sondergenehmigung für die Bürgermeisterkanäle habe er vom Verbandsgeschäftsführer Thomas Winkler erfahren, dass die Untere Wasserbehörde des Landkreises einer Verlängerung der Einleiterlaubnis nicht zugestimmt habe.

Behörde verweist auf Richtlinien

So wurde es auch im Schreiben formuliert, das Axel Finsch erhalten hat. Auf seinem Grundstück befinde sich eine Klärgrube mit Überlauf in den Bürgermeisterkanal und weiter in das örtliche Grabensystem. Für diese Einleitung von Abwasser sei im Jahr 2012 von der Unteren Wasserbehörde des Landkreises eine wasserrechtliche Erlaubnis erteilt worden, befristet bis zum 31. Dezember 2014. „Der Abwasserverband Köthen hat einen Antrag auf Verlängerung dieser Erlaubnis gestellt. Die Untere Wasserbehörde hat mit Schreiben vom 21.11.2014 mitgeteilt, dass in Abstimmung mit dem Gewässerkundlichen Landesdienst eine Verlängerung abgelehnt wird“, heißt es in dem Schreiben.

Der Abwasserverband Köthen will in Reinsdorf und Görzig bald bauen. Wie Bürgermeister Burkhard Bresch informierte, sollen in diesem Jahr die Planungen erfolgen, Baubeginn könnte im Jahr 2016 sein. Hätte die Untere Wasserbehörde angesichts dieser Perspektive die Einleiterlaubnis nicht verlängern können?

Verweis auf die Wasserrahmenrichtlinie

Die Behörde verwies gestern auf Anfrage der MZ auf die Wasserrahmenrichtlinie, in die Vorgaben der EU eingeflossen seien und auf „die bis zum 22.12.2015 zu erreichenden Bewirtschaftungsziele“. Danach seien oberirdische Gewässer so zu entwickeln, dass „ein gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden“. Vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft, der die Aufgaben des gewässerkundlichen Landesdienstes wahrnimmt, seien die Gewässer bewertet worden.

Die Görziger Kuhfuhne und ihre Zuflüsse seien als „erheblich veränderter Wasserkörper mit hoher Nährstoffbelastung“ eingestuft worden, die Orientierungswerte für ein gutes ökologisches Potenzial würden deutlich überschritten. Die Überschreitung bei Nitrat sei „hauptsächlich auf die punktuellen Abwassereinleitungen “ zurückzuführen.

Antrag des Abwasserverbandes Köthen wird abgelehnt

„Unter den Bedingungen des Fortbestandes der derzeitigen Abwassereinleitung in Art und Menge wird sich eine gute Wasserbeschaffenheit mit Einhaltung der Orientierungswerte wesentlicher Wasserbeschaffenheitsparameter als Voraussetzung für das gute ökologische Potenzial nicht einstellen können“, teilte die Behörde mit. Die Zielerreichung im Einleitgewässer sei unter diesen Bedingungen nicht gewährleistet. „Der Antrag des Abwasserverbandes Köthen auf Verlängerung der Erlaubnis war somit abzulehnen“, hieß es abschließend. Beantragt hatte der Abwasserverband eine Verlängerung bis Ende 2020.

Axel Finsch hat inzwischen seine Vier-Kammer-Klärgrube gekappt und den Abfluss mit Beton verschlossen. Jetzt wartet er auf die durch den Abwasserverband angekündigte Kontrolle. Möglicherweise werde er den Abfluss noch mit Teer versiegeln müssen. Doch da will er erstmal sehen, ob es den Leuten vom Abwasserverband so ausreicht, wie es jetzt ist. Überall im Ort, hat Finsch beobachtet, werde an den Gruben gebaut. „Und jetzt sind so viele Pumpwagen im Ort unterwegs wie noch nie“, sagte er. (mz)