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Zwangsversteigerung Zwangsversteigerung: Rentner droht der Verlust seiner Haushälfte

Von Thomas Tominski 14.07.2017, 09:00
Noch gehört Friedrich Lüdeke das ganze Anwesen.
Noch gehört Friedrich Lüdeke das ganze Anwesen. Thomas Tominski

Mügeln - Friedrich Lüdeke hat dem falschen Freund vertraut. Jetzt stehen Haus und Grundstück vor der Zwangsversteigerung. Zumindest die Anteile, die ihm gehören. Der 66-jährige Garten- und Landschaftsgestalter will sich nicht als Ankläger verstanden wissen. Er möchte an seinem Beispiel nur aufzeigen, wie schnell sich im Leben alles zum Negativen wenden kann und der Blick in die Zukunft von dunklen Wolken verschleiert wird.

Lüdeke ist derzeit nicht zum Lachen zumute. 20 Jahre harte Arbeit, Liebe, Ideen und ein kleines Vermögen hat der Selbstständige aus dem Jessener Stadtteil Mügeln in seinem Garten investiert, der Besucher im ersten Moment in Staunen versetzt.

Reizvolle Aufgabe

Bis 2012 ist alles im grünen Bereich. Das Geschäft läuft, die Kunden sind zufrieden. Dann kommt das Angebot, das sein Leben verändert. „Es hat mich gereizt, 1.200 Quadratmeter mit Pool, Teich, Mauern und Beregnungsanlage anzulegen“, blickt der Rentner zurück, der heute vom Fehler seines Lebens spricht.

Auftraggeber und Auftragnehmer verständigen sich auf eine Bausumme von 90.000 Euro - und Lüdeke legt los. „Ich wollte eine Wohlfühl-Oase schaffen“, erzählt er. Als ihm sein guter Kumpel 75.000 Euro zahlt, verständigen sich beide Seiten, das angefangene Projekt zu erweitern. „Wir haben uns auf eine Gesamtsumme von 125.000 Euro geeinigt“, so der selbstständige Grundstücksgestalter, der nach Beendigung der Bauarbeiten unerwartet Post bekommt. Im Briefkasten liegt ein Sachverständigen-Gutachten, das fachliche Mängel in Höhe von insgesamt 100.000 Euro brutto auflistet.

„Im ersten Moment dachte ich, es wird ein fremder Garten beurteilt“, meint der 66-Jährige, der schnell erfährt, dass sein Freund einen damaligen Mitbewerber zu Rate gezogen hat, der das Gutachten stützt. Dann nimmt alles seinen Lauf. Der Bauherr schaltet einen Anwalt ein, der Klage erhebt. Das Gericht lässt das erwähnte Gutachten erstellen, Lüdeke schaltet eine Anwältin ein und wird laut eigener Einschätzung von ihr „falsch beraten“.

„Der allergrößte Fehler"

„Ich habe ihr vertraut. Rückblickend war das der allergrößte Fehler.“ Der 66-Jährige unterschreibt den Vergleich, erkennt damit das Gutachten an und erklärt sich bereit, die 75 000 Euro in zehn Raten zurückzuzahlen. „Der Hintergedanke war, in die Insolvenz zu gehen.“ Doch der Plan geht nicht auf. Der Landschaftsgestalter ist nach der Zahlung eines Teilbetrags von 3.000 Euro nicht mehr flüssig und bekommt die nächste Post.

Auf seiner Hälfte ist nun eine Grundschuld von 72.000 Euro eingetragen. „Ich bekomme eine monatliche Rente von 630 Euro“, sagt er und erzählt, dass es ihm schleierhaft ist, wie er den Restbetrag abstottern soll. „Jetzt kommen noch Zinsen hinzu.“ Lüdeke trennt sich von seiner Anwältin und schaltet eine neue Kanzlei ein, die zumindest retten soll, was noch zu retten ist.

„Das Verfahren zur Zwangsversteigerung ist eröffnet. Es gibt aber noch keinen Gerichtstermin“, sagt Rechtsanwalt Thomas Trobisch, der mit zur Kanzlei Richter und Kollegen gehört, die ihre Sitze in Gröditz und Elsterwerda hat. Trobisch möchte zwar nicht den Propheten spielen, doch insgesamt sieht er gute Chancen, dass Lüdeke Weihnachten 2017 „in seiner Haushälfte“ feiern kann. Dass er den gesamten Besitz, also auch die Hälfte seiner Ehefrau Brigitte, verliert, sei unwahrscheinlich.

Schwierige Situation

Für den 66-Jährigen ist es ein Abschied aus seinem Paradies. Zwar nicht von heute auf morgen, doch in Raten. Seine Ehefrau ist krank, benötige Pflege, habe in letzter Zeit viel geweint und kann es partout nicht verstehen, dass ein Teil ihres Anwesens jetzt unter den Hammer kommt. „Wir sind früher zusammen in den Urlaub gefahren“, spielt sie kopfschüttelnd auf die längst zerbrochene Freundschaft mit dem guten Freund von ehedem an.

Ihr Mann wird sich in Zukunft seine Kumpels besser aussuchen. Er will aus seinen Fehlern lernen und betont, dass seinem Prozessgegner mit der Anlegung des Gartens kein persönlicher Schaden entstanden ist. Wenn er durch sein eigenes Paradies in der Bergstraße 15 geht, fällt ihm jeder Schritt schwer. 700 Quadratmeter auf einen Schlag zu verlieren, sei schließlich kein Pappenstil. Die anderen 700 gehören laut ehelicher Vermögensgemeinschaft seiner Frau. Lüdeke hofft, dass dieser Anteil nicht auch noch weggeklagt wird. Dann steht er wirklich vor dem Nichts. (mz)