1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. «Wiwena-Favoriten» treffen sich in Scheune

«Wiwena-Favoriten» treffen sich in Scheune

Von H.-DIETER KUNZE 15.10.2008, 16:42

BLÖNSDORF/WITTENBERG/MZ. - Josef Haberer, ehemaliger Betriebsdirektor der Möbelwerke, empfing jeden Gast persönlich. In der Begrüßungsrede ließ er noch einmal die Zeit des Betriebes und dessen Wandlungen Revue passieren. Das Möbelwerk wurde 1946 in Kropstädt gegründet. 1948 begann der Aufbau des Stammwerkes in Wittenberg, ein weiterer Teilbetrieb nahm 1958 in Pretzsch die Produktion auf.

In der Blütezeit waren 830 Werktätige beschäftigt. 1991 ging der Betrieb in Treuhandbesitz, wurde verkauft und Stück um Stück demontiert. Die Maschinen und weiteres Inventar wurden nach und nach verscherbelt, eine Fortsetzung beziehungsweise Neuaufnahme der Produktion kam nicht in Sicht. 1996 war dann endgültig Schluss.

In Wittenberg wurde die zu DDR-Zeiten beinahe legendäre und heiß begehrte Schrankwand "Wiwena Favorit" entwickelt und in großen Stückzahlen gefertigt. Sie war auch ein ausgesprochener Exportschlager und Devisenbringer aus dem "nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet" (NSW). Vor allem in die Bundesrepublik Deutschland, aber auch nach Holland ging das Produkt. Großabnehmer waren auch die "befreundeten sozialistischen Staaten", allen voran die Sowjetunion. Mehrfach wurden die Wittenberger ausgezeichnet, mit Messegold und staatlicherseits auch als "Initiativbetrieb der DDR".

Die Wiedersehensfreude bei allen Beteiligten in Blönsdorf war groß, Erinnerungen wurden wach. "Es war eine wunderschöne Zeit, wir waren wie eine große Familie. Das Arbeitsklima war sehr angenehm", so Käthe Schütze, damals Gabelstaplerfahrerin. Möbelstücke brachte sie Tag für Tag rein, raus, in andere Produktionsabteilungen oder schließlich in den Versand. Von 1972 bis 1987 war sie Betriebsangehörige. Dann wurde sie an die Erdgastrasse in der ehemaligen Sowjetunion "delegiert", erzählte sie.

Einer der ganz alten "Haudegen" unter den Möbelwerkern ist Günther Arndt aus Kerzendorf. Von 1954 bis zum Schluss hielt er dem Betrieb die Treue. Er war als Modelltischler tätig, entwickelte mit viel Fantasie und handwerklichem Geschick immer wieder neue Kreationen. Er reiste auch zu zahlreichen Messen bis hin nach Jerewan (Armenien).

An ein Möbelstück erinnert er sich besonders gern. Es war ein Schreibtisch, modern gestylt. Auf einer Kölner Möbelmesse weckte er das Interesse zahlreicher Kunden und wurde ebenfalls ein Exportschlager - natürlich fürs NSW. Er habe das allerdings nur am Absatz gemerkt. "Zur Messe nach Köln durfte ich nicht fahren", blickt Günther Arndt zurück.

Liane Fischer aus Abtsdorf war 21 Jahre in den Wittenberger Möbelwerken. Von der Pike auf, als Produktionsarbeiterin, qualifizierte sie sich ständig weiter. Zum Schluss wachte sie in der "Technischen Kontrollorganisation" (TKO) mit Argusaugen darüber, dass nur Qualitätsmöbel das Betriebsgelände verließen. Ein großes Lob hat sie noch immer für die Führungsebene: "Das gesamte Leitungskollektiv war einfach super und sehr menschlich."

Die wohl weiteste Anfahrt zum Ehemaligentreffen nach Blönsdorf hatten vermutlich Dagmar und Uwe Kiecker. Sie sind jetzt im Westerwald zu Hause. Uwe Kiecker war zuletzt Sicherheitsinspektor und Parteisekretär, seine Frau Büroangestellte.