Winter Winter: "Zum Verrücktwerden"

Jessen/MZ - „Es ist doch zum Verrücktwerden, dieses Wetter“, macht sich Elona Reck lauthals Luft. Sie schaut kurz in die Blumenboutique in Jessens Wittenberger Straße herein. Vor einem Jahr hat sie das Geschäft an Tochter Heike Schindler übergeben. „Dieses Wetter ist kein Wetter mehr, das ist eine Zumutung“, stimmt eine Kundin ein. Auch Heike Schindler kann es mit Blick auf den Kalender kaum fassen, dass sich der Winter über Nacht noch mal mit reichlich Schnee zurückmeldete. Nichtsdestotrotz ist am Mittwoch Frühlingsanfang - zumindest der kalendarische. Der meteorologische am 1. März hatte seinem Namen allerdings deutlich mehr Ehre gemacht, läutete er doch tatsächlich das erste frühlingshafte Aufbegehren mit Plus-Temperaturen gegen den Winter dieses Jahres ein.
„Nehmen, wie es kommt“
Inzwischen begehren zuhauf die Menschen auf, „aber wir können es halt nicht ändern, müssen es nehmen, wie es kommt“, meint Heike Schindler. Aufs Gemüt schlägt der schnee- und in den letzten Wochen wolkenverhangene Himmel allerdings mächtig, bestätigt ihre Schwester Ina Jäniche. Die ersten Frühlingsblüher, wenn auch noch in hübsch angerichteten Schalen, warten derweil auf die Kunden. Denn, egal, wie das Wetter auch wird, erfahrungsgemäß wollen sich spätestens zu Ostern viele Kunden den Frühling wenigstens in die Wohnung holen, selbst wenn er sich vor dem Fenster noch nicht zeigen mag. „Und wenn es nur ein ganz kleiner Topf mit Pflanze ist“, meint die Geschäftsinhaberin.
Aufgrund des teils heftigen Schneefalls in der Nacht zu gestern kam es auf den winterlichen Straßen zu Behinderungen im Schülerverkehr, berichtet Uwe Thier. „Wir hatten eine durchschnittliche Verspätung von zehn bis 15 Minuten“, die Schüler kamen relativ rechtzeitig zur Schule.
Kerstin Ziehe, die erst im Februar im Elster-Center ihren Blumenladen eröffnete, wartet „sehnsüchtig auf den Frühling“, wie sie bekennt. Zwar hat auch sie bereits einige bunte Blumen der erwarteten Jahreszeit per Topf im Angebot, hat sich allerdings noch nicht wie in Vorjahren um die gleiche Zeit, als sie in diesem Geschäft noch angestellt war, mit Blumen eingedeckt. „Wir als Blumenhändler können ja bei den Gärtnereien kurzfristig bestellen“, erklärt sie. Die Pflanzenzüchter selber sind da deutlich ärger dran, weiß die erfahrene Gärtnerin. Und Martin Böttcher von der gleichnamigen Gärtnerei in Elster kann das nur bestätigen. „Wir haben keinen Platz mehr, die Frühlings-Beetpflanzen, wie Primeln, Stiefmütterchen, Hornveilchen sind ansonsten um diese Zeit schon draußen. Wir müssten normalerweise die Beet- und Balkonpflanzen setzen“, erläutert er. „Dreimal am Tag“ schaut er inzwischen aufs Wetter.
Nervenzehrend auf Straßen
Das tut ganz klar auch Uwe Thier, vom gleichnamigen Jessener Personenverkehrsunternehmen. „Das ist wohl wahr“, stöhnt er auf die MZ-Frage, ob er sich für sein Unternehmen nicht ebenso endlich Frühling wünscht. Abgesehen von den höheren Treibstoffkosten, „haben wir richtig viel Men-Power in diesen Winter gesteckt“. Da waren die Fahrzeuge am Laufen, der Betriebshof in Jessen schneefrei zu halten. Das Fahren bei winterlichen Bedingungen zehrt auch erfahrenen Bus- und Lkw-Lenkern an den Nerven. Auch weil Haltestellen nicht immer so geschoben waren, wie es wünschenswert gewesen wäre. „Das können wir den Leuten gar nicht vorwerfen“, meint jedoch Thier. „Sie wissen oft gar nicht, wie viel Platz so ein Bus braucht, noch dazu, wenn es ein ,Schlenki‘ ist.“