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Wie aus Schafwolle ein Wandbehang wird

Von DETLEF MAYER 10.06.2010, 18:14

KLÖDEN/MZ. - Ein großer Schritt über die am Boden liegende Absperrung und schon standen die Teilnehmer am Projekt "Wiese-Wolle-Wärme - Wie geht das?" sowie dessen Leiterin Dorothea Cerych vom Förderverein Burg Klöden mitten unter den Tieren.

300 Schafe gehören zur Herde von Gerhard Bachmann. Die Rasse nennt sich Schwarzköpfiges Weißschaf. Derzeit grasen sie auf den Elbwiesen und auf dem Deich bei Klöden. Im Herbst treibt der 53-Jährige sie auf die abgeernteten Feldfutterflächen der Umgebung.

Die Tiere waren zwar etwas scheu, zumal vor dem Zaun auch Schäferhündin Hexe ihre Bahnen zog. Die zehnjährige Dame ließ sich von den Kindern, denen sie nicht unbekannt war, nämlich gern mal streicheln. Letztlich aber konnte der Nachwuchs - sieben der acht jungen Projektteilnehmer waren anwesend, als die MZ vorbeischaute - sogar eins der Lämmchen anfassen. Und Gerhard Bachmann beantwortete die Fragen der Vier- bis Achtjährigen. Zum Beispiel erklärte er, dass auf dem Speiseplan der Schafe neben Gras auch Heu, Rüben und Getreide stehen und dass ihre Wolle ein ganzes Jahr wachsen darf, bevor sie geschoren werden. Im August sei es wieder soweit, blickte er voraus. Dann komme ein Schafscherer aus Leipzig. Die Wolle schließlich kaufe ein Händler aus Hannover auf. Denn die Wollkämmerei in Leipzig - sie habe bis drei Jahre nach der Wende existiert - gebe es leider nicht mehr.

Mit dem Besuch bei der Herde war der Grundstein für das von der enviaM Mitteldeutsche Energie AG geförderte Wiese-Wolle-Wärme-Projekt gelegt. Geklärt wurde zuerst der Punkt, wo die Kleider der Schafe wachsen. Schon seit Ende Mai treffen sich die Großen aus der Klödener Kindereinrichtung immer Donnerstagnachmittag (mit einer Ausnahme) mit Dorothea Cerych, um den Gang der Wolle vom Schaf auf der Wiese bis zu einem selbst gefertigten Endprodukt, in diesem Fall ein Wandbehang, zu verfolgen. Ende Juni soll er fertig sein. Angeschoben wurde das Projekt vom Burgverein, Träger ist die Kita "Marienkäfer". Gezeigt werden soll dem Nachwuchs damit nachhaltig die Nützlichkeit und Schönheit der Dinge, welche ihn in seinem Dorf umgeben.

Das Sponsoring der enviaM hat zur Bedingung, dass vom Verlauf der Arbeit eine umfassende Dokumentation erstellt wird. Deshalb tragen Charlotte Frieda Hanke (sechs, Klöden), Vanessa Schlüter (sechs, Klöden), Jasmin Axe (vier, Klöden), Linus Böhme (sechs, Rade), Josefine Weiß (acht, Schützberg), Alida Nitzsche (fünf, Schützberg), Jan Michael Richter (sechs, Kleindröben) und Annika Heinze (sechs, Klöden) donnerstags auch stets ihre weißen T-Shirts mit dem enviaM-Aufdruck.

Die hatten sie auch an, als bei herrlichem Sonnenschein auf dem Burghof die Wolle gewaschen wurde. Jedes Kind bekam einen eigenen Eimer. Für die Wäsche benutzten sie, damit die Wolle erst einmal nicht verfilzt, reines Regenwasser, das man mehrfach wechselte. Anschließend konnte die Wolle eine Woche lang, bis zum nächsten Treffen, an der Luft trocknen. Im folgenden Arbeitsgang lasen die Mädchen und Jungen Fremdkörper aus der Wolle heraus. Am kommenden Dienstag geht es ans Filzen. Dorothea Cerych erklärt dem Nachwuchs die Grundlagen dieser Verarbeitungstechnik und gemeinsam will man Wolle graduieren. Das ist nichts anderes als Kämmen mittels Nadelwalzen.

Zwei Tage später beginnen die Kinder ihren jeweils A4-großen Teil des geplanten Wandbehangs für die Kita herzustellen. Frau Cerych filzt die Einzelteile im Weiteren zu einem Kunstwerk zusammen. Sie hat im Vorfeld der Endfertigung auch schon ein bisschen von der zu filzenden Wolle gefärbt.