Weinhaus Zwicker in Jessen Weinhaus Zwicker in Jessen: Farbe auf leerer Leinwand

Jessen - Was könnte auf eine leere Leinwand gebracht werden? Welche Motive? Welche Farben? Die Leinwand steht zum Beispiel für einen Neustart im Leben. Wie soll der neue Abschnitt gestaltet werden? Welche Ziele und welche Hoffnungen? Das sind Fragen, die sich dem Publikum am Sonnabend im gut besuchten Weinhaus Zwicker stellen. Überbracht werden die Denkanstöße von Jeanine Vahldiek und Steffen Haß. Und beide Musiker lassen an diesem Abend keinen Zweifel aufkommen, dass sie sich für ein buntes Bild entscheiden, da offensichtlich der Optimismus ihr steter Begleiter ist. Das ist in ihren Liedern zu spüren, die mittlerweile auf drei CD erschienen sind.
Ungewöhnliche Besetzung
Die neueste Scheibe heißt „Blank canvas“ (Leere Leinwand) und ist im vergangenen Jahr veröffentlicht worden. Sie dokumentiert eindrucksvoll die musikalische Entwicklung des Duos, das in dieser Besetzung ungewöhnlich ist. Harfe und Schlaginstrumente? Wem ist diese Kombination schon jemals zuvor begegnet? Doch höchstens in Konzerten von Jeanine Vahldiek und Steffen Haß, die in der Region bereits im Amtshaus in Annaburg und in der Hofwirtschaft in Wittenberg auftraten. Beim Rückblick auf ein ereignisreiches Jahr 2014 ist das Entscheidende rasch benannt. „Das Wichtigste war unsere dritte CD“, sagt Jeanine Vahldiek.
Das Duo liebt die kleinen Konzertstätten und ist vom Weinhaus Zwicker und seinem Flair angetan. Auf keinen Fall wollen sie auf einer meterhohen Bühne sitzen und über die Köpfe ihrer Zuhörer hinwegschauen, sagt Steffen Haß. Sie mögen den direkten Kontakt und sie mögen die Musik. Musik zu machen, sei etwas Tolles, bekräftigen die Berliner auch in Jessen. Steffen Haß habe das gleich begriffen und den direkten Weg gewählt, verrät Jeanine Vahldiek. Bei ihr habe es ein bisschen und ein paar verschlungene Wege gedauert, bis sie auch zu dieser Erkenntnis gelangte, erzählt die diplomierte klassische Orchestermusikerin im Fach Harfe, die aber in der Klassik nicht ihre Zukunft gesehen hat.
Nunmehr sind es fünf Jahre seit der Gründung der Jeanine-Vahldiek-Band. Die beiden Künstler, Jeanine Vahldiek und Steffen Haß, haben an der Musikhochschule „Hans Eisler“ in Berlin studiert. Steffen Haß hat in verschiedenen Bands als Schlagzeuger gespielt und war an unterschiedlichen Theater- und Orchesterproduktionen beteiligt. Jeanine Vahldiek zog es nach ihrem Musikstudium in die weite Ferne.
Erste Songideen entwickelten sich während längerer Aufenthalte in Australien und China. Das dort Erlebte weckte in ihr das Bedürfnis, dieses in Worte und Melodien zu kleiden und anderen mitzuteilen, ist ihrem Lebenslauf zu entnehmen. Die Wege der beiden kreuzten sich, wie auf ihrer Internetseite nachzulesen ist, im Jahre 2009. Neben der neuen CD „Blank Canvas“ sind erschienen „Come with me“ (2010) und “A little courage“ (2012).
Auch das ist eine Überraschung für Besucher des Abends, die das Duo noch nicht kannten. Harfe ohne Klassik, geht denn das? Es funktioniert bestens. Und es ist offenbar so inspirierend, dass die Berliner allein Eigenkompositionen präsentieren können von Jeanine Vahldiek, zumeist mit englischen Texten, aber einige auch in Deutsch. Und dass die Musiker experimentierfreudig sind und internationale Einflüsse aufgreifen, ist ebenfalls spürbar (mehr dazu unter „Ideen aus Australien und China“). Steffen Haß kann auf so eine Fülle an Schlag- und Klanginstrumenten verweisen, dass er deren Zahl gar nicht benennen kann. „Es kommen doch ständig neue hinzu.“
Beobachtungen aus dem Alltag
Zum Einsatz gelangen sie mal verhalten, dann wieder dominierender in den Songs, die mal rockig und mal liedhaft sind und in denen die Texterin Alltagsbeobachtungen verarbeitet hat und ihren Zuhörern auch Mut machen möchte, nicht den Kopf hängen zu lassen, auch wenn es gerade mal nicht lustig ist.
Aus Jessen sind die Künstler mit einem guten Gefühl gefahren. Zum einen haben sie von mehreren Seiten bestätigt bekommen, dass ihre Fan-Gemeinde gewachsen ist, und zum anderen bekamen sie ihre „Lieblingsfragen“ nicht zu hören. Dazu zählen: Kann man die Harfe (immerhin 45 Kilogramm) auch zusammenklappen? Und: Was machen sie eigentlich beruflich?
Bei einer anderen Fragestellung von Gästen baten sie das Jessener Publikum um Unterstützung. Warum werden die Songs eigentlich nicht im Radio gespielt? Das sollten die Zuhörer doch mal die Sender fragen. Bemühungen von den Künstlern, hier mehr Interesse zu erreichen, gibt es seit Jahren. Die dritte CD liefert erneut wohlklingende Argumente. (mz)
Weitergehende Informationen und Auskünfte zu Auftrittsterminen sind zu bekommen im Internet unter www.jeanine-vahldiek.com