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Schiffswerft Roßlau Warum die Fähre Prettin plötzlich in die Luft geht

Revision der Elbefähre Prettin auf Schiffswerft Roßlau kann beginnen. Was Fährmann Jan Ulrich besonders beeindruckt hat und wann der Betrieb nach Dommitzsch wieder aufgenommen wird.

Von Thomas Tominski 30.10.2024, 13:30
Präzisionsarbeit auf der  Schiffswerft Roßlau.  Die Elbfähre Prettin wird mit Kränen  aus dem Wasser gehoben.
Präzisionsarbeit auf der Schiffswerft Roßlau. Die Elbfähre Prettin wird mit Kränen aus dem Wasser gehoben. (Foto: Thomas Ruttke)

Prettin/Rosslau/MZ. - „Mein Herz hat richtig auf Hochtouren geschlagen“, blickt Jan Ulrich auf den Moment zurück, als die Fähre auf der Schiffswerft Roßlau aus dem Wasser gehoben wird. Der Fährmann betont, dass ihm sofort viele Gedanken durch den Kopf geschossen sind. Wenn die Seile reißen, geht der Schaden in den Millionenbereich. „Profis haben die zwei Kräne bedient. Die hatten die Ruhe weg“, sagt er und gibt ehrlich zu, froh zu sein, dass vor Ort alles problemlos über die Bühne gegangen ist.

Rückblick: In den Morgenstunden des 7. Oktober wird die Fähre, die zwischen Prettin und dem sächsischen Dommitzsch auf der Elbe verkehrt, für den Transport nach Roßlau fertiggemacht. Ulrich und sein Team werden dabei von Mitarbeitern des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Elbe unterstützt. Mit vor Ort ist auch Otto Hauptmann, WSA-Außenbezirksleiter in Torgau, der sich überzeugt, dass alles nach Plan läuft. Das Schubschleppboot „Schwarze Elster“ legt mit der angekoppelten Fähre zunächst in der Nähe an und bringt diese am nächsten Tag ins 90 Kilometer entfernte Roßlau (die MZ berichtete).

Ulrich erzählt, dass er sich dieses Spektakel zusammen mit Fabian Schauer, Leiter des städtischen Eigenbetriebs Annaburg, angesehen hat. Ein Kran habe zum selben Zeitpunkt die Werft erreicht. Solch eine XXL-Ausführung mal live zu sehen, ist sehr beeindruckend. Bis zum Startschuss sei „einige Zeit“ vergangen. Die Kräne müssen in Position gebracht und für den Hebevorgang fertiggemacht werden. „Da hängt schon eine ordentliche Zuglast dran. Die Fähre wiegt immerhin 80 Tonnen“, so der Pächter, der diesen Vorgang zum ersten Mal verfolgt.

Am 7. Oktober  geht  die  Fähre Prettin mit  dem Schubschleppboot „Schwarze Elster“ ins 90 Kilometer entfernte  Roßlau auf Reisen.
Am 7. Oktober geht die Fähre Prettin mit dem Schubschleppboot „Schwarze Elster“ ins 90 Kilometer entfernte Roßlau auf Reisen.
(Foto: Thomas Tominski)

Früher sei die Revision, die alle fünf Jahre turnusmäßig auf dem Programm steht, in Aken erfolgt. „Da haben sie die Fähre über eine Schräge an Land gezogen“, erinnert er sich. Zum Glück, sagt er, um seine Gefühle konkret zu beschreiben, habe beim Heben keiner auf den falschen Knopf gedrückt. Denn der Pächter ist „Kapitän“ mit Leib und Seele und möchte diesen Beruf „bis zur Rente “ ausüben. Wenn eine Fähre aus dem Wasser gehoben wird, kommen versteckte Mängel zum Vorschein. Die Anlande-Rampen sind nach fünf Jahren Dauerbetrieb arg ramponiert, die Schiffsschraube drehe sich schwer. „Dass die Winden dringend überholt werden müssen, haben wir vorher gewusst“, so Ulrich.

Was sich bereits Anfang Oktober angedeutet hat, ist nun (höchstwahrscheinlich) Gewissheit. Die Fähre wird ihren Betrieb zwischen Prettin und Dommitzsch 2024 nicht wieder aufnehmen. Dazu seien die Schäden zu groß. Die damals noch vor dem Rückbau abgegebene Prognose Mitte Dezember ist längst Geschichte.

Schauer, der beeindruckt gewesen ist, wenn Kräne mit einer Arbeitskraft von 250 Tonnen einen Kaventsmann wie die Fähre über eine Kaimauer hieven, erklärt, dass er guter Dinge sei, dass der Kostenanschlag von „um die 380.000 Euro brutto“ gehalten werden kann. Er sei im ständigen Austausch mit dem Projektleiter vor Ort. Ob alle Austauschteile fristgerecht in Roßlau eintreffen, bleibe im Endeffekt abzuwarten.

Für Ulrich und sein Team heißt es jetzt nicht: Beine hochlegen, die Feiertage genießen und auf das neue Jahr warten. Streicharbeiten an Bojen, Gierkahn und Ruder stehen auf dem Plan.