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Vortrag in der Prettiner Lichtenburg Vortrag in der Prettiner Lichtenburg: War Kurfürstin Anna eine Alchemistin?

Von Boris Canje 25.08.2015, 08:23
Ariane Bartkowski (r.) sprach in der Lichtenburg Prettin über das Verhältnis der Kurfürstin Anna zur Alchemie.
Ariane Bartkowski (r.) sprach in der Lichtenburg Prettin über das Verhältnis der Kurfürstin Anna zur Alchemie. Boris Canje Lizenz

Prettin - Einfach war es für Ariane Bartkowski, Historikerin von der Technischen Universität Chemnitz nicht, die Frage zu beantworten, ob die Kurfürstin Anna eine Alchemistin war oder nicht. Die Ursache dafür erklärte die Referentin gleich zu Beginn. Zur Alchemie gehörte damals mehr, als nur die Suche nach dem Stein der Weisen und damit verbunden unedle Metalle in Gold oder Silber zu verwandeln. Eigentlich gab es vier Säulen. Neben der bereits erwähnten gehörten dazu das Herstellen von Pharmazeutika (wenn auch teilweise mit abstrusen Ausgangsstoffen), das Gewinnen von Erz sowie die Mystik.

Medizin statt Gold war das Ziel

Praktisch erst ziemlich am Ende ihrer Ausführungen ließ Ariane Bartkowski die Katze aus dem Sack. Ihrer Meinung und ihrer Forschung nach, befasste sich Anna mit dem Herstellen von Medizin, bediente sich dabei durchaus auch Methoden der angeblichen Goldmacher. Ihre Lehrmeisterin war die Gräfin Dorothea von Mansfeld. Erste Berührungen mit Kräutern sowie deren Wirkung auf den menschlichen Organismus vermittelten ihr die Eltern, die beide der paracelsischen Alchemie anhingen. Eng zusammen arbeitete sie aber auch mit ihrem Leibarzt Cornelius und der Äbtissin Margarethe von Wolzdorf.

Glaube an ein Allheilmittel

Wichtigstes Arzneimittel war damals das Aquavita. „Man glaubte, dass es einfach gegen alles helfen würde“, so die Referentin. Es wurde oft auch als besonders wertvoll angesehen und gern als Geschenk verschickt. Je lieber oder wichtiger einem der Bedachte war, desto größer war die Anzahl der Fläschchen mit dem vermeintlichen Wunderwässerchen. Die Rezeptur wurde natürlich geheim gehalten. Später wurde sie dann an besonders, besser absolut vertrauenswürdige Personen weiter gegeben. Alchemie wurde zunächst in Klöstern betrieben, erklärte die Referentin. Erst mit der Reformation beschäftigten Menschen sich auch außerhalb der schützenden Mauern vor allem mit der Goldherstellung.

Darauf wurden auch die jeweiligen Landesherren aufmerksam, die natürlich gern ihre Kassen auffüllen wollten. Sie stellten daher Alchemisten unter ihren „Schutz“, wie es zum Beispiel auch August der Starke mit Johann Friedrich Böttger tat. Einige Fürsten experimentierten allerdings auch selbst. So gab es Laboratorien oder Destillierhäuser an oder in der Nähe der Schlösser Annaburg, Augustusburg, Hartenfels Torgau und Stolpen. Auch der Name Goldhaus im Schloss Dresden weist auf eine Alchemistenküche hin.

„Kurfürstin Anna (1532 - 1585) und die frühneuzeitliche Alchemie“ war der Vortrag in der Lichtenburg überschrieben, zu dem der Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg am Sonnabend eingeladen hatte. Er traf damit offensichtlich auf großes Interesse, denn der Raum in den Frauengemächern war gut, wenn auch nicht prall gefüllt.

Als Referentin wurde die Historikerin Ariane Bartkowski von der Technischen Universität Chemnitz gewonnen. Sie hat 2005 ein Magisterstudium mit den Fächern Geschichte des Mittelalters und Philosophie aufgenommen. Seit zwei Jahren arbeitet sie an ihrer Doktorarbeit, deren Titel „Fürstliche Laborpartner in der alchemistischen Praxis - das Netzwerk des Kurfürstenehepaares August und Anna von Sachsen“ lautet.

Nur um die Goldherstellung allein geht es nicht, wenn von der Alchemie die Rede ist. Goldherstellung ist eine der vier Säulen. Weitere waren der Bergbau, die Pharmazie und die Mystik. Ihre Anfänge sind im alten Ägypten und im hellenistischen Griechenland zu finden, und ihre Blütezeit waren das 16. und 17. Jahrhundert. Später wurde die Alchemie von Chemie und Pharmazie abgelöst.

In Prag gibt es sogar eine ganze Straße, die Alchemistengasse, mit vielen kleinen Häusern, in denen die „Goldmacher“ sowohl ihre Laboratorien als auch Wohnungen hatten. Am Dresdner Hof waren die jeweiligen Herrscher schon seit August I. (1526 bis 1586) begeisterte Anhänger der Alchemie.

Für die Lichtenburg sei ein entsprechender Hinweis bislang nicht gefunden worden, so die Historikerin. Bekannt sei jedoch, dass die Kurfürstin Anna durchaus erforderliche Apparaturen auf ihrem Zimmer hatte.

Ältere und kinderlose Frauen wurden gern als Helferinnen in den Laboratorien gesucht. Sie durchliefen zuvor eine vierstufige Ausbildung. Zunächst hatten sie die Herstellung von Stoffen und Kleidern zu überwachen. Waren sie dabei geschickt, durften sie als nächstes die Arbeit der Köchinnen bewerten. Nach einer darauffolgenden Einführung in die Destillation wurden sie zu den entsprechenden Arbeiten herangezogen. Eine solche Helferin für Kurfürstin Anna war Apollonia Neffe, der sie später dann auch ihr geheimes Rezept für den Aquavita anvertraute. Die Forscherin tendierte dazu, die Frage, ob die Kurfürstin Alchemistin war oder nicht, ganz klar mit Nein zu beantworten. Neben dem bereits gesagten, berief sich Historikerin Bartkowski in ihren Ausführungen zur Begründung auch darauf, dass sich die Adlige nie selbst als eine solche bezeichnet hatte. Aber sie bediente sich durchaus entsprechender Methoden. (mz)