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Von Holzdorf nach Mali Von Holzdorf nach Mali: Militärpfarrer für Gespräche im Wüstenstaat

Von Sven Gückel 18.11.2014, 17:36
Steffen Karas arbeitet seit 2007 als katholischer Militärseelsorger, zuletzt war er in Mali tätig.
Steffen Karas arbeitet seit 2007 als katholischer Militärseelsorger, zuletzt war er in Mali tätig. Sven Gückel, Bundeswehr/DIRK Bannert Lizenz

Holzdorf - Das Leben beim Militär und eine aktive Religionsausübung stellen für Steffen Karas keinen Widerspruch dar. Der 42-jährige Katholik, der 2002 die Weihe zum Priester erhielt, wählte nach seiner Kaplanszeit bewusst den Weg in die Bundeswehr. Seit 2007 ist er einer von zwei Pfarrern am Bundeswehrstandort Holzdorf.

Dienst im Auslandseinsatz gehört für Steffen Karas, der in Frankfurt (Oder) aufwuchs, selbstverständlich dazu. 2009 führte ihn sein Weg nach Afghanistan, 2011 mit der Marine vor die Küste Libyens, wo er, in den aufkommenden Wirren des arabischen Frühlings, die Evakuierung westlicher Staatsangehöriger begleitete. 2013 entsandte die EU Truppen in den Wüstenstaat Mali. Wenige Monate zuvor war es hier im Kampf um Wasser und landwirtschaftlichen Boden zu erneuten Konflikten zwischen der schwarzafrikanischen Bevölkerung und den Stämmen der Tuareg gekommen. Die zuerst erfolgreichen Tuareg wurden jedoch bald durch islamistische Kräfte verdrängt.

Die Franzosen, die sich dem Land aufgrund ihrer kolonialen Vorgeschichte eng verbunden fühlen, entsandten Anfang 2013 erste Truppen (mehr unter „80 Ausbilder“). Auch Deutschland unterstützt. Dem sechswöchigen Aufenthalt in Mali 2013 ließ Steffen Karas nun weitere sieben Wochen folgen. Untergebracht in einer ehemals französischen Kaserne aus der Kolonialzeit, war es die Aufgabe von Steffen Karas, Bundeswehrsoldaten seelsorgerisch zu begleiten. Die Bundeswehr bildet in Mali Einheimische im Infanterie-, Pionier- und Logistikwesen aus. Deutsche Soldaten sind auch im Feldlazarett aktiv, gemeinsam mit Österreichern.

Gerade Einsätze dieser Art machen Steffen Karas nach eigener Aussage immer wieder deutlich, wie wichtig seine Arbeit als Militärpfarrer ist. „Die Soldaten erleben Dinge, die sie aus unserer zivilisierten Gesellschaft nicht kennen“, sagt er. Extremer Hunger und Armut, aber auch Kämpfe und deren Folgen hinterlassen bei den Uniformierten mitunter deutliche Spuren. Gespräche, vertrauensvolles Zuhören oder ein gut gemeinter Ratschlag können durchaus Wunder bewirken. Zugleich spürt Karas bei diesen Einsätzen auch, dass Militär und sein Dienst als Pfarrer zusammengehören.

"Nicht alles lässt im Dialog lösen"

„Nicht jedes Problem auf dieser Welt lässt sich im Dialog lösen. Diese Erkenntnis erlebt man aktuell mehr als deutlich“, betont er mit einem Verweis auf die Kämpfe in Syrien und im Nordirak. Was für ihn deshalb bedeutet: Nicht jeder Soldat der schießt, handelt grundsätzlich falsch. Du sollst nicht töten, steht in der Bibel. Was für Pfarrer Steffen Karas im Umkehrschluss nach sich zieht: Du sollst nicht töten lassen. Vorschnelles Urteilen Dritter über das Tun der Soldaten stört ihn deshalb. „Zumeist beruht es auf zu geringer Faktenbasis“, ist er überzeugt. Darüber hinaus, so Karas, dürfe man nicht vergessen, dass Soldaten, besonders im Gefecht unter enormem psychischen Druck stehen und in Bruchteilen von Sekunden mitunter folgenschwere Entscheidungen treffen müssen.

Der Einsatz in Mali gab Karas nicht nur Gelegenheit, die gelebte Zusammenarbeit der internationalen Soldatengemeinde auf sich wirken zu lassen, sondern auch Zeit zum Nachdenken. Dieser kurze Ausstieg aus dem Alltag, so seine Erfahrung, bietet dafür eine gute Möglichkeit. Mali öffnete ihm aber auch die Augen hinsichtlich des Umgangs armer Menschen mit ihrem Schicksal. „Trotz ihrer sozial schwachen Lage offenbaren sie eine lebensfrohe Haltung, lassen eine Neidgesellschaft nicht im Ansatz erkennen“, sagt er.

Wann Steffen Karas wieder in einen Auslandseinsatz geht, ist offen. Schließlich erwarten auch die Soldaten in Deutschland in unterschiedlichen Lebenslagen von ihm Hilfe und Unterstützung. In Gesprächen mit ihnen wird er auch von seinen Erfahrungen in Mali berichten. Einem Land, dessen Menschen ihm durchaus ans Herz gewachsen sind. (MZ)

Steffen Karas arbeitet seit 2007 als katholischer Militärseelsorger, zuletzt war er in Mali tätig.
Steffen Karas arbeitet seit 2007 als katholischer Militärseelsorger, zuletzt war er in Mali tätig.
Sven Gückel, Bundeswehr/DIRK Bannert Lizenz