1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Verabschiedung des Bürgermeisters in Jessen: Verabschiedung des Bürgermeisters in Jessen: Eingebogen auf die Zielgerade

Verabschiedung des Bürgermeisters in Jessen Verabschiedung des Bürgermeisters in Jessen: Eingebogen auf die Zielgerade

Von Frank Grommisch 02.12.2014, 18:34
Mit vielen guten Wünschen wurde Jessens Bürgermeister Dietmar Brettschneider (CDU) in den Ruhestand verabschiedet. Die Leiterinnen der Tagesstätten überbrachten ein großes Geschenkpaket.
Mit vielen guten Wünschen wurde Jessens Bürgermeister Dietmar Brettschneider (CDU) in den Ruhestand verabschiedet. Die Leiterinnen der Tagesstätten überbrachten ein großes Geschenkpaket. Frank Grommisch Lizenz

Jessen - „Jessen sagt Danke. Wir wünschen beste Gesundheit und einen angenehmen Ruhestand.“ Mit diesen Worten leitete Stadtratsvorsitzender Gunter Danneberg (CDU/FDP-Fraktion) gestern Nachmittag die offizielle Verabschiedung von Jessens Bürgermeister Dietmar Brettschneider (CDU) im Schloss ein.

Vom 1. Juni 1990 an war Dietmar Brettschneider als Jessener Bürgermeister tätig. Erstmals gewählt wurde er in der damaligen Stadtverordnetenversammlung am 22. Mai 1990. Er kann auf mehr als 8 900 Tage im Amt und 161 Stadtratssitzungen verweisen. Es seien sehr schöne Jahre gewesen, in der Anfangszeit zudem sehr turbulent, erklärte er am Dienstag.

Auf eigenen Wunsch scheidet er Silvester, nach mehr als vierundzwanzigeinhalb Jahren aus dem Amt aus (mehr dazu unter „8 900 Tage“). Es sei eine schöne, aber auch eine harte Zeit gewesen, sagte der Bürgermeister, „aber der Erfolg zählt“. Er hätte nie geglaubt, dass er solange im Amt bleiben dürfe. Und nicht für möglich gehalten hätte er ebenfalls, dass es bis zum Schluss so viel Spaß bereite. Zu verdanken sei das neben anderen Annemarie Schällig und Udo Lehmann, die ihm ab 1990 beistanden. Mit ihnen habe er begonnen, die Verwaltung aufzubauen und umzubauen. Und als Glück bezeichnete er die Kontakte zu Senden in Westfalen. Die Vorteile dieser Zusammenarbeit mit der Partnergemeinde seien genutzt worden. In Jessen konnte deshalb manches rasch umgesetzt werden, andere hätten dafür Jahre gebraucht. Damals wie heute werde von den Kontakten profitiert, unterstrich Sendens Bürgermeister Alfred Holz (parteilos). Es sei, so lobte er den Auftakt für den gemeinsamen Weg, nicht allein eine Partnerschaftsurkunde unterzeichnet, sondern angepackt worden. Der Erfahrungsaustausch zwischen den Gemeinden werde gepflegt. Viel wichtiger für ihn sei aber, dass sich in den 24 Jahren auch viele persönliche Kontakte entwickelt hätten. Die Amtszeit von Dietmar Brettschneider gehe zu Ende, aber die Partnerschaft bleibe, führte er an. Der Kontaktpflege soll 2015 eine Feier aus Anlass 25 Jahre Partnerschaftsvertrag dienen, zu der er gestern bereits nach Senden einlud.

Engagiert für Bundeswehr

Eine Einladung sprach auch Oberst Franz Sauerborn aus, Standortältester und Kommandeur des Einsatzführungsbereichs 3 der Bundeswehr in Holzdorf. Dietmar Brettschneider sei in den Militärobjekten stets gern gesehen. Sauerborn anerkannte die Bemühungen des Jesseners um den Erhalt des Bundeswehrstandortes und die Bildung des Städtebundes „Elbe-Elsteraue“, der sich um die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Mitgliedskommunen, aber auch des Personals des Fliegerhorsts bemüht.

Das und die gute Zusammenarbeit bei Notsituationen wie Hochwässern hatte auch Oberst a.D. Eckard Wiegand in einem Brief gewürdigt, den Sauerborn verlas. „Mit ihnen an der Seite kann man jede Katastrophe meistern.“ So eine gute Zusammenarbeit zwischen einer Kommune und einem Bundeswehrstandort sei „außergewöhnlich und nicht selbstverständlich“, äußerte Sauerborn. Ab und an habe es natürlich auch mal Diskussionen gegeben. Der Oberst sprach von „konstruktiver Reibungswärme“, die dabei entstanden sei.

Wie eine Eiche

Pfarrer Tobias Bernhardt verglich das scheidende Stadtoberhaupt mit einer Eiche. „An einer Eiche kann man sich nicht nur festhalten, sondern an ihrem harten Holz auch den Kopf stoßen.“ Für Jessen sei das knapp 25 Jahre lang der richtige „Baum“ gewesen. Brettschneider habe viele Freunde und Weggefährten in seiner Amtszeit gewonnen, aber auch einige verloren. Er und seine Familie hätten zuweilen persönliche Anfeindungen ertragen müssen, doch ein Bürgermeister könne es nicht allen Leuten Recht machen. „Brauchen wir so starke Männer heute noch?“ Tobias Bernhardt beantwortete die von ihm aufgeworfene Frage selbst: „Dann wäre der Flughafen in Berlin längst fertig.“ Auf die Frage, ob Jessen ein Königreich sei, reagierte er so: Ein König würde sich nicht so ein kleines Zimmer im Schloss nehmen und meinte damit Brettschneiders Büro.

In der mehr als zweistündigen offiziellen Verabschiedung, in der auch Michael Marinov (Violine) und Volkmar Genterczewsky (Keyboard) musizierten, kam vieles zur Sprache. Aber längst nicht alle Facetten aus dem fast 25-jährigen Wirken konnten dabei bedacht werden. Mädchen und Jungen der „Koboldmühle“ hatten sich in ihrem Beitrag für ein Hobby des Stadtoberhaupts entschieden, die Jagd. Sie gingen aber nicht auf Pirsch, um dem „Lieblingstier des Bürgermeisters“, dem Wolf, zu begegnen, sondern sie stellten einem weißen Hirsch nach.

Der Chef im Schloss hatte hingegen wohl stets realistische Ziele vor Augen. Das anerkannte Vize-Landrat Jörg Hartmann. Nach einer langen und erfolgreichen Etappe biege Jessens Bürgermeister auf die Zielgerade ein. Sechs Landräte hätten mittlerweile Brettschneiders sachliches und kritisches Wesen schätzen gelernt. Die Entwicklung Jessens sei mit seinem Namen und seinem Wirken verknüpft.

Nach einem Wolf, dem „Lieblingstier“ des Bürgermeisters, halten diese „Kobold“-Jäger nicht Ausschau, sondern nach einem weißen Hirsch.
Nach einem Wolf, dem „Lieblingstier“ des Bürgermeisters, halten diese „Kobold“-Jäger nicht Ausschau, sondern nach einem weißen Hirsch.
Frank Grommisch Lizenz