Unternehmen in Jessen Unternehmen in Jessen: Ein Wirtschaftsbarometer

Jessen - Hammer, Schrauben, Sägeblätter, Arbeitskleidung - was auch immer die Kunden von Uwe Künzler an Werkzeug samt Zubehör und Arbeitsschutzausrüstung verlangen, wenn es nicht im Regal des Geschäftes liegt, kann es der Kundenberater der Leipziger Handelsgesellschaft (LHG) auf kürzestem und ökologisch günstigstem Wege beschaffen.
Verpackung und Versand entfallen, ein Palettenwagen reicht. Denn im gleichen Objekt befindet sich das Hauptzentrallager der LHG und weiterer zehn Fachgroßhändler, die sich zur Firmengruppe „plus 6“ zusammengeschlossen haben. Bei der Gründung im Jahr 2000 waren es sechs.
Die Ansiedlung im Jessener Gewerbepark in der ehemaligen Druckerei kam 2011 durch eine Ad-hoc-Entscheidung zustande, erzählt die Assistentin der Geschäftsleitung Diana Thiele- Blaudzun. „Ein Objekt wurde gesucht, der Anruf des Immobilienmaklers, dass es in Jessen etwas Passendes gebe, platzte mitten in eine Tagung. Die Beratung wurde abgebrochen und alles fuhr zur Besichtigung nach Jessen.“
Rund 25 000 Artikel, alles was Industrie und Handwerksbetriebe an Verbindungstechnik, Werkzeug und Maschinen, für Arbeitsschutz und Reinigung benötigen, ist in den Regalen einsortiert.
An jedem Arbeitstag werden bis zu 850 Pakete und 25 Europaletten zusammen gestellt. Dreimal täglich wird die Ware von Speditionen abgeholt und in die Geschäfte der Fachgroßhändler oder auch gleich zum Endkunden geschafft. „Wir können innerhalb von 24 Stunden liefern“, sagt Diana Thiele-Blaudzun.
Werbung auf Jobbörsen
28 Mitarbeiter wickeln in Jessen den Prozess vom Wareneingang bis Versand ab. Die meisten der Frauen und Männer wohnen in der Region, es sind auffällig viele junge Leute. „Es macht was aus, wenn man auf Facebook präsent ist“, sagt Thiele-Blaudzun, viele Bewerber seien so auf das Unternehmen aufmerksam geworden.
Dennoch sei der Arbeitskräftebedarf nicht gedeckt, „wir müssen auf Leiharbeiter zurückgreifen“, so die Assistentin der Geschäftsführung. Über Praktika bestehe die Möglichkeit, in die Arbeit hinein zu schnuppern. Das Angebot gelte ebenso für Schüler. „Wir bieten auch Ferienjobs an.“ Im kommenden Jahr wolle „plus6“ auch wieder eine Fachkraft für Lagerlogistik ausbilden.
Der Telefonverkauf ist der jüngste Bereich, er wurde 2016 in Jessen eingerichtet. Zwölf Mitarbeiter betreuen derzeit zwölf Fachgroßhändler. Das sind zusammen ungefähr 4000 Kunden. „Wir wollen uns vergrößern“, berichtet Teamleiter Markus Schlögl, weshalb das Unternehmen weitere „Quasselstrippen“ sucht.
„Es ist ein klassischer Job für Quereinsteiger“, sagt der Teamleiter. Alles was dafür wichtig ist, werde in Schulungen vermittelt. Darüber hinaus wird händeringend ein ausgebildeter IT-Experte als Web-Shop-Administrator gesucht. „Die Stelle ist schon seit zwei Jahren unbesetzt“, so Schlögl. Da hat auch die Werbung auf diversen Jobbörsen keinen Erfolg gebracht.
Immerhin konnte nach der Jobbörse in Jessen ein Lagerlogistiker eingestellt werden. Die Telefonverkäufer arbeiten in Normalschicht, die Beschäftigten im Lager in zwei Schichten.
Kataloge unentbehrlich
Die Standorte der „plus6-Gruppe“ sind hauptsächlich über Ostdeutschland verteilt. Zentraleinkauf und IT-Abteilung befinden sich in Leipzig. In Wittenberge arbeiten die Verantwortlichen für das Katalog- und Datenmanagement. Der Hauptkatalog ist ein Hardcoverband - dick wie Meyers Lexikon. Dazu bekommen die Bestandskunden zweimal im Jahr noch den Arbeitsschutzkatalog. Freilich gebe es das alles auch im Webshop, sagt Markus Schlögl. „Aber was so richtige Handwerker sind, die blättern gerne.“ Und nicht jeder habe gleich Zugriff auf einen Computer.
Der Bedarf der Kunden spiegelt im Zentrallager nicht nur
das wirtschaftliche Klima wider. „Auch die Witterung macht sich bemerkbar“, sagt Diana Thiele-Blaudzun. In diesem Sommer waren etwa Gartenschläuche verstärkt gefragt.
Derweil ist der Abruf von Schneeschiebern, Streusalz, Frostschutzmitteln derzeit noch verhalten. „Es hat Jahre gegeben, da sind wir Anfang November damit kaum hinterher gekommen.“
(mz)
