Tradition auf dem Diest-Hof Tradition auf dem Diest-Hof: Unsterbliche "Weihnachtsgans Auguste"

Seyda - Große weiße Flocken fielen vom Himmel, als die „AugustinusDiestler“ auf dem Adventsmarkt ihre „Weihnachtsgans Auguste“ aufführten. Ansonsten aber hielt sich die von Werner Srugies geleitete Theatergruppe aus Bewohnern des gastgebenden Seydaer Diest-Hofs und des Wittenberger Augustinuswerks an die Märchenvorlage von Friedrich Wolf.
Wozu natürlich gehörte, dass die Darsteller aus den beiden Einrichtungen für Menschen mit geistigen Behinderungen ihre Eigenheiten mit einbrachten, was zu nicht unwesentlichen Teilen ja den Charme des Ganzen ausmachte.
„Auguste“ (gespielt von Paul Jeschke) musste zwar ihre Federn lassen, aber sie kam nicht zu Rotkohl und Klößen auf den Festtagstisch, wie es Familienvater Löwenhaupt (Jens Schmidt) eigentlich gewünscht hatte. Mit der Schubkarre war er zum Markt gefahren, um die letzte verfügbare Gans zu kaufen. Zu Hause angekommen, schlossen die beiden Kinder das liebe Federvieh sogleich in ihre Herzen.
Den heimlichen Tötungsversuch mit dem Betäubungsmittel „Liebesperlen“ überlebte „Auguste“. Und dass sie nach dem Rupfen nackt dastand, war keinesfalls ihr Ende, sondern bot lediglich den Anlass, ihr einen warmen Pullover zu schenken. Schöne Bescherung! „Na dann gibt’s eben Bockwurst und Kartoffelsalat“, konstatierte Vater Löwenhaupt trocken.
Den klingenden Einstieg in den Adventsmarkt hatte wie in zurückliegenden Jahren der Posaunenchor der Schweinitzer Kirchgemeinde um Pfarrer Dietrich Schekatz mit Bläserstücken wie „O, du fröhliche...“ übernommen. Für gesungene Adventsstimmung sorgte anschließend der Gemischte Chor aus Elster mit seinem Dirigenten Nils Philippeit. Zum Beispiel gehörten die Lieder „Tochter Zion“ und „Weihnachten mal anders“ zum Repertoire des Ensembles.
Dem Advent als heiliger, aber auch eiliger Zeit wandte sich Diakon und Diest-Hof-Leiter Andreas Gebhardt in seiner kurzen Andacht zu. Gott habe sich auf den Weg gemacht zu uns, erinnerte er an die christliche Bedeutung von Advent (Ankunft). „Wir wollen ihm den Weg bereiten, wir wollen ihm entgegen gehen, wir sind in unserem ganzen Leben auf dem Weg zu Gott!“
Doch auf diesem Weg brauche man Atempausen und diese Atempausen seien eine heilige Zeit. „Atempausen sind Inseln, die verhindern, dass wir im Alltag untergehen.“ In diesem Sinne lud Andreas Gebhardt ein, den Adventsmarkt gemeinsam als Atempause zu nutzen.
Im Jahr des 500. Reformationsjubiläums kam der Diakon selbstverständlich nicht an Martin Luther vorbei. Mit dem Gedicht „Es bringt euch alle Seligkeit“ und einigen Sprüchen - wie „Die Geburt Jesu in Bethlehem ist keine einmalige Geschichte, sondern ein Geschenk, das ewig bleibt“ - ließ er, eingestreut ins Musikprogramm, den Reformator zu Wort kommen.
Von der Bühne unterm Carport des Diest-Hofs führte der Weg der Adventsmarkt-Besucher zu den zahlreichen bunten Buden und Angeboten, die auf dem Gelände verteilt oder in den Gebäuden untergebracht waren, und etwas später in einigen Fällen zum Schattentheater, das erstmals einen Platz gefunden hatte in dem abendlichen Geschehen.
Während die Palette der Stände von Backwaren, Gegrilltem und wärmenden Getränken über Getöpfertes, geflochtene Körbe und Schmiedearbeiten, bis hin zu Handarbeiten, Eine-Welt-Laden Jüterbog und Lagerfeuer mit Knüppelkuchen-Backen reichte, lockte das Schattentheater mit dem Märchen „Sterntaler“ der Gebrüder Grimm in einen der neuen Gruppenräume der Tagesförderung.
Geführt wurden die Schattenfiguren von Simone Besenhardt, Sven Welte, Christian Albrecht und Werner Srugies, der die Truppe auch anleitet. Für ihre rund 15-minütige Aufführung nutzten die Akteure vorgefertigte Figuren und eine kleine Bühne aus der Schattentheater-Reihe des Don Bosco Verlags.
Sowohl die Spieler als auch die Zuschauer zeigten sich von der Idee begeistert, so dass Schattentheater künftig wohl noch öfter zu erleben sein dürfte auf dem Seydaer Diest-Hof. (mz)
