Tag der Berufe in Jessen Tag der Berufe in Jessen: Auszubildende heiß begehrt

Jessen - Es sind goldene Zeiten, in denen Jugendliche heute leben. Händeringend suchen Unternehmen und Institutionen nach beruflichem Nachwuchs. Wer mit schulisch guten Noten oder zumindest viel Ehrgeiz überzeugen kann, dem stehen heutzutage alle Türen offen.
Das hat sich am Donnerstag beim „Tag der Berufe“ in der Mehrzweckhalle in Jessen-Nord wieder bestätigt. Diesmal war das Zusammentreffen von Ausbildern und Schülern maßgeblich vom Gymnasium Jessen organisiert worden.
Viele unbesetzte Stellen
Dicht an dicht drängen sich die Stände der Ausbildungsmesse Jessen aneinander. Vor ihnen schiebt sich ein Strom Menschen vorbei, deren Blick über Plakate, Aufsteller und ausgelegte Broschüren wandert. Wer als Unternehmen auffallen und das Interesse auf sich ziehen möchte, muss schon kreativ sein.
Denn letztlich wollen alle 60 Aussteller ein und dasselbe: Jugendliche, die sich für eine Ausbildung in ihrem Betrieb interessieren. Im gesamten Landkreis standen zum letzten Ausbildungsjahr (Stichtag 30. September) 847 Ausbildungsstellen 610 Bewerbern gegenüber.
„Dieses Missverhältnis ist nicht neu und zeigt sich in ähnlicher Konstellation auch dieses Jahr“, unterstrich Kathrin Leps von der Agentur für Arbeit. Dementsprechend froh sei sie über den großen Zuspruch, den die Messe erfährt. Ihr Kollege Thomas Wildgrube fand es gut, dass die Jugendlichen mit vorgefertigten Fragebögen durch die Halle zogen.
„Dadurch sind sie gezwungen, sich mit der Thematik zu beschäftigen und stoßen vielleicht auf Berufe oder Betriebe, die sie sonst nicht wahrgenommen hätten“, betonte er.
Eine hohe Erwartungshaltung gab es auf beiden Seiten der Infotische. „Wir suchen für dieses Jahr 15 Lehrlinge, die bei uns aus fünf Ausbildungsberufen wählen können“, verdeutlichte etwa Susann Varnhold am Stand der Annaburger Nutzfahrzeug GmbH. Doch im Gegensatz zu den Vorjahren lägen bislang noch keine Bewerbungen vor. Zwar sei noch etwas Zeit bis August, dem Lehrjahresbeginn, aber der Druck sei bei allen Betrieben schon zu spüren. 103 Ausbildungsstellen blieben im letzten Jahr unbesetzt.
Wohingegen lediglich sieben Jugendliche unversorgt blieben. Ein Problem bei der Auswahl dürften sicher auch die schulischen Leistungen der Jugendlichen sein. „Mitunter sind die weit unter dem, was wir uns erhoffen“, ergänzt Varnhold. Dem pflichtet auch Ingo Helm von Jütro Tiefkühlkost Jessen bei. „Schlechte Noten und fehlender Ehrgeiz sind leider keine Ausnahme mehr“, bedauerte er. Sein Unternehmen suche bis zu sechs Lehrlinge, als Lagerist, Lagerlogistiker oder Fachkraft für Lebensmitteltechnik.
Alle drei Berufe rangieren derzeit im Landkreis unter den Top Fünf der Angebote, neben Konstruktionsmechaniker, den Berufen des Kfz-Bereiches oder Kaufmann/-frau sowie Verkäuferin. Immerhin, so die Agentur für Arbeit, wollten 2018 zwölf Prozent aller Bewerber als Verkäufer oder Verkäuferin arbeiten.
„Die Palette an Ausbildungsberufen ist breit gefächert“, weiß auch Ulrike Pauer von der Versandapotheke mycare in Wittenberg. Aktuell zählt ihr Unternehmen 250 Mitarbeiter, sieben weitere möchte man gern als Lehrling bei sich aufnehmen. Wie mycare bieten inzwischen alle Unternehmen den Jugendlichen ein Praktikum an.
„Dabei lässt sich frühzeitig klären, ob der ausgesuchte Beruf auch der richtige ist und ob Bewerber und Betrieb zueinander passen“, verdeutlichte Thomas Giffey, Geschäftsführer des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Jessen (WAZV). Die Jugendlichen selbst nutzen diese Chance rege. Tina Stein aus Arnsdorf etwa möchte später einmal als Physiotherapeut oder im Sportbereich tätig werden, weshalb demnächst ein Praktikum im Fitnessstudio Family Gym in Jessen ansteht. Auch ihre Freundin Katharina Meißner aus Prettin kennt die Richtung. „Ich interessiere mich für den Pflegebereich, werde deshalb im Mai im Diest-Hof arbeiten“, sagte sie.
Zusammenarbeit mit Firmen
Viel Vorarbeit leisten aber auch die Schulen. Die Sekundarschule Jessen beispielsweise pflegt seit langem intensive Kooperationen mit örtlichen Betrieben wie der Bayrischen Milchindustrie, der Volksbank Elsterland, dem Autohaus Gottwald, dem WAZV oder Jütro und Feintool.
„Unser Ziel ist es, so viele Jugendliche wie möglich in der Region zu halten.Zugleich wollen wir aber auch die Abbrecherquote bei Lehrlingen, die aktuell bei 30 Prozent liegt, drastisch senken“, erläuterte Ina Wurbs-Herglotz die Aufgabenstellung der Nordschule. Zudem, so die Lehrerin, treffe man sich einmal im Jahr mit den Kooperationspartnern, um gemeinsam Projekte und Ziele abzustecken.
Dass beharrliches Wirken von Erfolg gekrönt sein kann, zeigt sich am Beispiel des Autohauses Gottwald. Für seine gute Lehrausbildung, aber auch die Leistungen der Azubis wurde das Familienunternehmen während der Ausbildungsmesse von der Kreishandwerkerschaft als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb geehrt. (mz)
