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Stollenbacken im Advent Stollenbacken im Advent: Grabos süßeste Versuchung

Von Gabi Zahn 05.12.2013, 20:25
Die Graboer Andrea und Dirk Zarrad backen ihre Stollen selbst.
Die Graboer Andrea und Dirk Zarrad backen ihre Stollen selbst. Gabi Zahn Lizenz

Grabo bei Jessen/MZ - Leute, die behaupten, dass Stollenbacken zu viel Arbeit macht und Stress bereitet, kann Dirk Zarrad nicht verstehen. Behutsam krümelt der athletisch gebaute Mann die Hefe in die Mehlkuhle, gibt lauwarme Milch hinzu und bereitet daraus den geschmeidigen Vorteig. Ein andächtiges Lächeln umspielt dabei sein Gesicht. Alles geschieht ohne Hektik und so, wie er es einst als 19-Jähriger bei Oma Else in der Küche gesehen und gelernt hat. Das ist jetzt 30 Jahre her.

Neben Dirk Zarrad, Schlosser von Beruf, steht nun Ehefrau Andrea. Sie hatte alle Zutaten in Jessen eingekauft und die Mandeln nach dem Bad im kochenden Wasser aus ihrer braunen Haut gepellt. Im Moment macht sie nichts weiter als sich darüber zu freuen, wie viel Spaß ihr hauseigener Stollenbäcker bei seinem vorweihnachtlichen Hobby hat. „Alle Zutaten müssen handwarm sein, und der Teig darf keinen kalten Luftzug bekommen, das ist die Grundregel“, sagt er.

Nicht nur einmal

Nicht nur ein- oder zweimal, sondern mindestens sechs bis achtmal produzieren die Zarrads in diesen Wochen das gehaltvolle Gebäck. Immer zwei Stück auf einmal. „In einem Jahr waren es am Ende sogar 24 Stollen, und jeder einzelne wurde bis auf den letzten Krümel aufgegessen“, versichert Dirk Zarrad. Daran haben freilich auch die Söhne Elias (zwölf) und Jonas (23) sowie Verwandte und Bekannte ihren Anteil. „Eigentlich backe ich aber hauptsächlich zum Selbsterhalt, denn in der Adventszeit esse ich zum Frühstück nichts anderes als Stollen“, gibt das Familienoberhaupt schmunzelnd preis.

Seit zwölf Jahren wissen auch die Graboer Senioren seine Backkunst zu schätzen. Als Heimatvereinsvorsitzender spendiert Dirk Zarrad alljährlich zur Rentnerweihnachtsfeier einen Stollen „á la Oma Else“. Das mit einer dicken Puderzuckerschicht garnierte Sponsoring-Objekt hat jedoch „Konkurrenz“ bekommen. Neben Zarrad sind seit neun Jahren auch Heiko Peisker und Klaus Barz als ehrenamtliche Stollenbäcker für diese Festlichkeit tätig. Allerdings arbeitet jeder bei sich zu Hause nach eigenem Rezept. Dann wird verkostet. Jeder Stollen schmeckt etwas anders - und jeder findet seine Fans.

Das Rezept von Oma Else hat Dirk Zarrad im Laufe der Jahrzehnte etwas modernisiert: „Zu DDR-Zeiten wurden Bittermandeln hinzugefügt. Die gibt es heute aufgrund ihres giftigen Inhaltsstoffes nur noch in der Apotheke. Also bin ich auf handelsübliches Bittermandel-Aroma umgestiegen.“

Weil er den Geschmack des Alkohols im Gebäck nicht so liebt, weicht Zarrad die Rosinen lediglich in Wasser und nicht in Rum ein. „Das kann aber jeder so machen, wie er es mag.“ Ein weiterer Tipp: „Wenn der Stollen erst auskühlt und dann mit Butter bestrichen und gezuckert wird, dringt nicht mehr so viel Fett ins Gebäck ein. Trocken ist er trotzdem nicht.“ Überhaupt scheinen die Männer in Grabo viel von der Küchenkunst zu verstehen. Denn zum Weihnachtsmarkt, der am kommenden Samstag, 7. Dezember, nach der Seniorenweihnachtsfeier im Gemeinschaftshaus gegen 18 Uhr beginnt, sind es mit André Peisker und Klaus Barz wiederum zwei Herren, die an der Gulaschkanone den Kochlöffel schwingen.

Himmlischer Duft breitet sich aus

„Feuerwehr und Heimatverein kümmern sich außerdem um Punsch, Bier, Glühwein und weitere Schmäckerchen. Bereits um 14 Uhr laden der Jessener Männerchor und der Graboer Chor des Heimatvereins zum Konzert in die Kirche ein“. Dieses urige Festprogramm kündigt Dirk Zarrad an, während er – nach zweimal 45 Minuten Teig-Ruhezeit inklusive Kaffee- und Stollenschmaus – den nunmehr zu doppelter Größe aufgegangenen Kloß kräftig knetet, hin und her schlägt und zu guter Letzt in zwei Stücke teilt. Diese formt er, jedes auf einem Blech, zu Stollen, schneidet sie in der Mitte leicht ein, und schiebt sie übereinander in den Ofen. Bald darauf durchdringt ein himmlischer Duft die Küche: Zwei weitere süße Versuchungen aus Zarrads Hausbäckerei sind bald fertig.

Oma Elses Stollenrezept stellt der Graboer Hobby-Bäcker gern allen interessierten MZ-Lesern zur Verfügung, macht jedoch einen Einwand geltend: „Viele Leute lassen ihren Stollen vor dem Anschnitt noch wochenlang durchziehen. Wie unserer darauf reagiert, wissen wir nicht. Er wird meist sofort oder nach wenigen Tagen angeschnitten und verzehrt.“

Nach dem Backen soll der Stollen erst abkühlen, bevor er gebuttert und gezuckert wird.
Nach dem Backen soll der Stollen erst abkühlen, bevor er gebuttert und gezuckert wird.
Gabi Zahn Lizenz