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Sprung ins kalte Wasser Sprung ins kalte Wasser: 100 Tagen im Amt, Bürgermeister Michael Jahn zieht ein Resümee

09.04.2015, 20:14
Michael Jahn ist seit 1. Januar 2015 der Bürgermeister von Jessen.
Michael Jahn ist seit 1. Januar 2015 der Bürgermeister von Jessen. Frank Grommisch Lizenz

Jessen - Die ersten 100 Tage als Jessener Bürgermeister sind geschafft. Wie fällt der Rückblick auf die etwas mehr als drei Monate aus?

Jahn: Das Amt des Bürgermeisters stellte sich als die erwartete Herausforderung dar. Sehr interessant, vielseitig und, das habe ich in den Tagen oft gespürt, sehr intensiv. Firmenübergaben von Eltern auf die Kinder sind schon prickelnd, diese Amtsübernahme ohne Einarbeitungszeit ist jedoch der wahrhaftige Sprung ins kalte Wasser. Die drei Monate vermitteln nur einen oberflächlichen Einblick in die gesamte Arbeit. Da bin ich mir mit vielen Leuten sicher, dass man mindestens ein Jahr braucht, um einen tieferen Einblick zu kriegen. Dazu gehören auch die zahlreichen Verbände und verbundenen Institutionen, in denen man als Bürgermeister die Stadt vertritt. Ganz wichtig war mir, den Kontakt mit den Ortsteilbeiräten herzustellen.

Fühlen Sie sich inzwischen im Jessener Schloss heimisch und kennen Sie darin jetzt jeden Winkel?

Jahn: Es wird langsam. Zumindest finde ich den Weg aus dem Schloss heraus schon im Dunkeln. Aber die Winkel sind mir nicht so wichtig, dafür haben wir einen fleißigen Hausmeister. Leider habe noch nicht mit jedem Mitarbeiter ein „richtiges“ Gespräch geführt. Das liegt mir viel mehr am Herzen. Und auch „draußen“ in den Ortsteilen gibt es noch viel zu entdecken.

Wie sind Sie in der Verwaltung und in der Einwohnerschaft aufgenommen worden?

Jahn: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung haben mich sehr freundlich und zuvorkommend aufgenommen. Natürlich sind einige noch sehr zurückhaltend und vergleichen noch mit meinem Vorgänger. Aber bei der Arbeit lernt man sich dann wirklich kennen und macht sich ein genaues Bild. Vielleicht wundern sich manche über meine vielen Fragen. Aber nur so wachse ich auch in die Themen rein.

Bei den Einwohnern ist die Resonanz sehr gut. Viele sprechen mich direkt an und erkundigen sich allgemein oder auch mit ganz konkreten Fragen oder Sorgen. Die Runde mit den Ortsteilbeiräten war dafür auch ein guter Anfang, noch mehr freiwillig Aktive persönlich kennenzulernen. Bei der Gelegenheit möchte ich um Verständnis bitten, dass ich nicht alle Treffen oder Veranstaltungen besuchen kann, die Sacharbeit hat Vorrang.

Was hat Sie in Ihrem neuen Amt überrascht?

Jahn: Eigentlich hat mich nichts wirklich überrascht. Dass in der Tiefe der Verwaltung wesentlich mehr Vorgänge liegen als im Stadtrat behandelt werden, das war mir klar. Nur nicht, welche Sachverhalte. Diese konkreten Fälle werfen schon Fragen auf und verwundern mich manchmal hinsichtlich ihres Werdegangs.

Was hat Sie gefreut?

Jahn: Ich freue mich jeden Tag über Mitarbeiter, die ihre Aufgaben konstruktiv angehen, offen kommunizieren und sich selbst einbringen, um für die Bürger die besten Lösungen zu finden. Da gibt es viele in allen Bereichen, ob im Schloss, in den Kindertagesstätten oder im Bauhof. Nicht zuletzt auch in den Ortsteilen und Feuerwehren, was die letzten stürmischen Ereignisse zeigten. Über jede erledigte Angelegenheit bin ich erfreut.

Was hat Sie enttäuscht?

Jahn: Enttäuscht zu sein bedeutet, vorher getäuscht zu werden. Bisher musste ich noch keine Täuschung feststellen und darüber bin ich natürlich froh. Aber im Wortsinne gemeint - da muss ich deutlich die Finanzlage der Stadt benennen. Das Defizit aus 2014 wird sich durch die geringeren Finanzzuweisungen und höhere Abgaben trotz sehr guter Steuereinnahmen kaum verringern lassen. Die bisherige Konsolidierung war nicht erfolgreich und erfordert nun von der Stadt und ihrem Stadtrat ein Umdenken zu Einsparungen, die wir tatsächlich umsetzen können. Die Diskussionen um die Kindertagesstätten-Gebühren haben diesen schmerzhaften Weg schon aufgezeigt. Jetzt sind wir gefordert, wenn wir unsere jungen Eltern schützen wollen und die eine oder andere Investition, wie die Feuerwehr in Linda, auf den Weg bringen wollen.

Welche Themen stehen auf der Prioritätenliste ganz oben? Und wo wären Sie gern schon weiter?

Jahn: Der Haushalt 2015 steht ganz oben, ebenso die Umsetzung von Konsolidierungsmaßnahmen. Bei der Arbeit daran wurde mir deutlich, dass wir eine gute Kosten- und Leistungsrechnung unbedingt brauchen, um die Kostensteuerung zu verbessern. Beides steckt bei uns noch in den Anfängen, was mit der verzögerten Einführung der Doppik zusammenhängt. Bei der fachlichen Einarbeitung in das Thema Haushalt wäre ich persönlich gern weiter, wie überhaupt bei der Bewältigung der alltäglichen Aufgaben. Denn schließlich möchte ich mich mehr auf die Zukunft konzentrieren, um neue Dinge auf den Weg zu bringen.